Ein Kind steht vor einem Plattenbau in Leipzig-Grünau (2020)
Bildrechte: IMAGO / Thomas Eisenhuth

Leben in der Platte Leere Platte: Rückbau, Abriss, Verkauf?

23. Januar 2009, 11:59 Uhr

Wohnungssuche in Ostdeutschland ist leicht: Mieter sind Mangelware, der Leerstand ist groß. Doch der Leerstand kostet Geld - ist der Ausverkauf eine Lösung?

Die Kommunen im Osten Deutschlands kämpfen seit 1990 nicht mehr mit dem Problem des Wohnraummangels, sondern mit massivem Leerstand. Und das vor allem in den einst so begehrten Plattenbausiedlungen. Viele ihrer einstigen Bewohner sind fortgezogen – in die alten Bundesländer, in Eigenheime oder in die sorgfältig renovierten Altbauwohnungen der Stadtzentren. Für die Kommunen, soweit sie Eigentümer der großen Wohnungsbaugesellschaften sind, bedeuten die Tausenden leer stehenden Wohnungen ein gewaltiges Problem: Neben den Altschulden fallen auch die laufenden Unterhaltungskosten an; Renovierungen sind teuer und überdies kaum lohnend, denn eine Renaissance scheint es für die "Platte" nicht zu geben.

Mieter weg, Platte weg: Bonjour, blühende Landschaft!

Einige Kommunen, die besonders stark von Abwanderung betroffen sind, sehen vor allem im großflächigen Abriss der brach liegenden Plattenbausiedlungen ihr Heil, um dem Kostendruck zu entkommen. So beschlossen etwa die Stadtverordneten in Weißwasser – einer Stadt, deren Einwohnerzahl von 32.000 im Jahr 1987 auf jetzt 22.000 gesunken ist – den Abriss des gesamten Neubaugebietes Weißwasser-Süd. Das war erst 1990 fertiggestellt worden. 2002 begannen die Arbeiten und 2.200 Wohnungen wurden abgerissen. Anschließend wurde das Gebiet aufgeforstet, Wald und Wiesen entstanden. Blühende Landschaften, gewissermaßen.

Ich hab' mein Arbeiterschließfach lieb gewonnen

sagt einer der Mieter der Plauener Wohnungsbaugesellschaft.

Platten-Rückbau: Etagen abtragen, Dachgärten anbauen

Eine andere Möglichkeit, sich des Leerstands zu erwehren und gleichzeitig die Attraktivität der Plattenbausiedlungen zu erhöhen, ist der so genannte Rückbau. Er wird am Häufigsten angewendet. Einzelne Blöcke werden abgerissen und stattdessen Grünflächen und Spielplätze angelegt. Das Gelände erscheint nun freundlicher und weitläufiger. Im anderen Fall werden einzelne Etagen der Häuser abgetragen. So wird etwa aus einem monotonen zehngeschossigen Hochhaus ein lediglich vier Etagen hohes Haus mit Terrassen und Dachgärten. So ist man beispielsweise im Sommer 2007 in Plauen vorgegangen: Ein lang gestreckter Plattenbau mit fünf Eingängen, der zu 30 Prozent leer stand, wurde quasi halbiert. Die Mieter waren zufrieden: "Ich hab' mein Arbeiterschließfach lieb gewonnen", sagt einer der Mieter, "ich will hier nicht mehr weg". Und die Plauener Wohnungsbaugesellschaft rechnet vor, dass sich die Kosten des Rückbaus durch die eingesparten Unterhaltungskosten der leer stehenden Wohnungen in einigen Jahren amortisieren werden.

Wohnungsverkauf - Entschuldung auf Kosten der Mieter?

Sehr umstritten hingegen war der Beschluss der Dresdener Stadtverordneten vom März 2006. Sie hatten mehrheitlich beschlossen, den gesamten Wohnungsbestand der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft an die amerikanische Investmentgesellschaft "Fortress" zu verkaufen. Über das Für und Wider dieses Verkaufs wurde heftig gestritten. Die Stadt würde mit dem Verkauf auf einen Schlag ihre Schulden loswerden, argumentierten die einen. Die anderen sprachen vom Verscherbeln von Volksvermögen und prophezeiten, dass die Mieter zu Spekulationsobjekten degradiert würden. Tatsächlich sind die Mieten seit dem Verkauf erhöht worden, wenngleich noch einigermaßen moderat. Für eine abschließende Bewertung jedenfalls ist es noch zu früh.

Plattenbau: Schwieriges Erbe der DDR

Fakt ist: Durch die Entvölkerung ganzer Landstriche im Osten Deutschlands sind die Plattenbauten für die Kommunen zu einem schwierigen Erbe der DDR geworden. Und der Bevölkerungsschwund wird – gerade in den Städten fernab der Ballungszentren – noch etliche Jahre ungebrochen fortdauern. Und damit auch die Diskussion über den Fortbestand der Plattenbauten.

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