Proteste der Gesellschaft für Menschenrechte und der Vereinigung der Opfer des Stalinismus für die Freiheit der politischen Gefangenen in der DDR, 1975
Proteste der Gesellschaft für Menschenrechte und der Vereinigung der Opfer des Stalinismus für die Freiheit der politischen Gefangenen in der DDR, 1975, vor "Ständiger Vertretung" in Bonn. Bildrechte: imago images / Klaus Rose

Die "Ständige Vertretung" der DDR in Bonn Außendienst in Sachen Sozialismus

02. Mai 2019, 14:01 Uhr

Bonn, Godesberger Allee Nr. 18. So hieß die Adresse der "Ständigen Vertretung der Deutschen Demokratischen Republik in der Bundesrepublik Deutschland". Schmuckloses Haus, nüchtern, funktional, ein bisschen bürokratisch steif, wie die offiziellen Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten nun einmal waren.

Die DDR übernahm den dreigeschossigen Bürobau, als 1974 im Zuge des "Grundlagenvertrages" die Einrichtung der "Ständigen Vertretungen" beschlossen worden waren. Und zuerst wurde aufgestockt und angebaut. Denn knapp 90 Mitarbeiter wollten untergebracht werden - vom Pförtner bis zum Diplomaten. Nur Dolmetscher, die brauchte es nicht – das Beamtenkauderwelsch verstanden Vertreter beider deutscher Staaten.

Statusfrage Anerkennung

Die "StäV in Bonn" – wie die Einrichtung im Alltagssprachgebrauch der Diplomaten abgekürzt wurde – war, anders als die der Bundesrepublik in Berlin, nicht beim Außenministerium angesiedelt, sondern beim Bundeskanzleramt. Das war einer der vielen protokollarischen Winkelzüge, mit denen deutlich gemacht werden sollte: Die Bundesrepublik betrachtet die DDR nicht als Ausland. Honecker selbst hat mehrfach versucht, den Status der "Stäv" auf Botschaftsniveau zu hieven – und scheiterte immer an der klaren Absage an die Anerkennung der DDR.

Auch die Staatssicherheit nutzte die "StäV"

Die "StäV" unterhielt neben einer politischen und einer Konsular-Abteilung auch Abteilungen für Presse und Kultur, für Handel, Wissenschaft und für Verkehr. Und in einem 30 Quadratmeter großen Raum standen 35 Tonbandgeräte, 32 Empfänger und diverse "operative Technik". Denn die Hauptverwaltung Aufklärung der Staatssicherheit nutzte die Botschaft, um zum Beispiel die Gespräche mit Abgeordneten, Ministern oder Konzernchefs aufzuzeichnen und in Ostberlin Bericht zu erstatten.

Kontaktverbot und Bombendrohungen

Unter den Mitarbeitern war es üblich, möglichst unter sich zu bleiben. Kinder gingen in den hauseigenen Kindergarten, waren sie schulpflichtig, wurden sie zurück in die DDR geschickt. Es herrschte ein strenges Gebot: Privat sollten die Ostler im tiefen Feindesland schweigsam und kontaktscheu sein. Wer dagegen verstieß, musste damit rechnen, in die DDR versetzt zu werden.

Und auch das gehört zur Geschichte der DDR-Vertretung in Bonn: Kaum eine Woche verging ohne Bombendrohung. Und die klangen dann so: "Ständige Vertretung der DDR, guten Tag - Fräulein, wir haben Ihr Gebäude fertig gemacht zum Sprengen." Oder: "Ständige Vertretung der DDR, guten Tag - Ihr Kommunistenschweine. Nur noch kurze Zeit und das kriminelle Kommunistenpack ist Legende. Und ihr seid die ersten, die hängen."

Nach dem 3. Oktober 1990 war übrigens der erste Nachmieter des Hauses in der Godesberger Allee 18 die Landesvertretung Sachsen – und statt Hammer und Zirkel im Ährenkranz wehten für fünf Jahre die weiß-grünen Fahnen des Freistaates vor dem Haus. Aber auch das ist schon längst Geschichte.

Ständige Vertretung

Im Artikel 8 des deutsch-deutschen Grundlagenvertrags war festlegt worden, dass anstelle einer Botschaft am jeweiligen Regierungssitz eine "Ständige Vertretung" eingerichtet wird. Am 2. Mai 1974 nahmen die Vertretungen in Bonn und Ostberlin ihre Arbeit auf.

Über dieses Thema berichtete der MDR in "Der Osten - Entdecke wo Du lebst" im: TV | 29.04.2014 | 20.45 Uhr