Polen: Fettes Geschäft mit Flüchtlingen

06. Oktober 2017, 14:03 Uhr

Es kursieren Gerüchte, dass sich Flüchtlinge aus dem Süden neue Routen nach Deutschland suchen und nun vermehrt über Polen kommen. Die Zahlen belegen das nicht. Polnische Schleuserbanden verdienen aber trotzdem gut.

"Auf dem Balkan entstehen neue Schlepperrouten!" Die Aussage, die der österreichische Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil in einem Interview mit der Zeitung "Die Welt" gemacht hat, ließ viele in Europa aufhorchen. Es ist nicht das erste Mal, dass Doskozil warnt, die sogenannte Balkanroute sei gar nicht geschlossen – trotz verstärkter Anstrengungen vieler Grenzländer wie Ungarn oder Bulgarien, die Flüchtlinge mit Zäunen und Mauern aus der EU zu halten. "Wir beobachten, dass viele Flüchtlinge, die heute beispielsweise aus Griechenland und Serbien kommen, neuerdings versuchen, über die Route Slowakei weiter in Richtung Norden zu ziehen"“, so Doskozil. Und so greifen auch die polnischen Medien die Aussagen des Österreichers auf und fragen: "Führt die neue Balkanroute durch Polen?"

Polen liegt schon immer auf der Flüchtlingsroute

"Dass Polen schon immer auf der Flüchtlingsroute Richtung Deutschland liegt, ist keine neue Erkenntnis. Dazu muss man sich ja nur mal die Karte anschauen", sagt eine Sprecherin des polnischen Grenzschutzes auf telefonische Anfrage des MDR. Dass in letzter Zeit aber mehr Flüchtlinge versucht hätten, über diesen Weg nach Westeuropa zu gelangen, dafür gebe es keine Anzeichen. "Es gibt ja keine Grenzkontrollen zwischen Polen und Deutschland. Wir können also nur stichprobenartige Kontrollen machen."

50 geschleuste Iraker kamen vermutlich über Polen

Bei einer dieser Stichproben haben die Beamten auf deutscher Seite Mitte September einen LKW mit 50 irakischen Flüchtlingen auf der verplombten Ladefläche entdeckt, darunter 17 Kinder. Der Fahrer des LKWs war ein Türke, der mutmaßliche Schleuser ein Syrer mit rumänischem Flüchtlingsausweis. Welche Route genau der LKW genommen hat, bevor er in Brandenburg gestoppt wurde, will die Bundespolizei nicht sagen. Sehr wahrscheinlich kam er jedoch über Polen nach Deutschland. Es ist nicht der erste Fall dieser Art.

Anfang September nahm die Bundespolizei im sächsischen Bad Muskau 40 Iraker in Gewahrsam, die nach eigenen Angaben mit einem LKW bis ins westpolnische Łęknica gebracht worden waren und dann zu Fuß die deutsche Grenze überquert hatten. Allein dieses Jahr haben das an der deutsch-polnischen Grenze schon rund 1.400 Menschen probiert und wurden dabei von der Bundespolizei aufgegriffen. Verglichen mit den Vorjahresmonaten sei das kein signifikanter Anstieg, heißt es.

Polnischer Grenzschutz zerschlägt Schleuserbande

Ungeklärt ist bisher, ob hinter den Schleusungen ein kriminelles Netzwerk steckt. Der Grenzschutz im polnischen Krakau hat im Juni gemeldet, eine kriminelle Schleuserbande zerschlagen zu haben. Den Männern werde vorgeworfen, über einen längeren Zeitraum mehrere hundert Iraker, Syrer, Pakistaner und Afghanen von Ungarn über Polen, Tschechien und die Slowakei nach Österreich oder Deutschland geschmuggelt zu haben. Für jeden von ihnen kassierten sie demnach zwischen 300 und 1.000 Euro.

Ob es in Polen noch mehr dieser Banden gibt, dazu will sich der Grenzschutz nicht äußern. Fakt ist aber, dass nach wie vor Flüchtlinge über die deutsch-polnische und deutsch-tschechische Grenze kommen. Und zwar mit Hilfe von Schleusern.

(ele)

Über dieses Thema berichtet MDR AKTUELL auch im: Radio | 09.08.2017 | ab 06:17 Uhr