Marktplatz in Opole (Oppeln)
Marktplatz der über 100.000 Einwohner zählenden Stadt Opole. Bildrechte: IMAGO / Lem

Polen Verliert die deutsche Minderheit ihre Rechte?

09. August 2016, 16:23 Uhr

Die polnische Stadt Opole soll laut Regierungsbeschluss mehrere Gemeinden aus dem Umland zugeschlagen bekommen. Doch aus den Ortschaften kommt Kritik. Gerade die deutsche Minderheit befürchtet, ihre Rechte durch die Eingemeindung zu verlieren.

Opole, die Stadt im Südwesten Polens, könnte Paris überholen. Zumindest flächenmäßig. Sie soll von derzeit 97 Quadratkilometern auf demnächst 150 Quadratkilometer wachsen. Paris kommt gerade einmal auf eine Fläche von 105 Quadratkilometern. Damit Opole wächst, werden zwölf Dörfer aus vier bislang selbstständigen Gemeinden angegliedert. Das Ganze wurde per Ministerratsbeschluss in Warschau abgesegnet – obwohl weit über 90 Prozent der Befragten in den Gemeinden sich gegen eine Veränderung der momentanen Grenzen aussprachen; obwohl mit der Eingemeindung Tatsachen geschaffen werden, die dem polnischen Minderheitengesetz widersprechen.

Warschau hat Entscheidung allein getroffen

In den vier betroffenen Gemeinden ist die Aufregung groß. Sie befürchten, dass ihnen künftig weniger Geld für Investitionen zur Verfügung stehen wird, dass ihre Angelegenheiten in einem "Groß-Opole" untergehen werden und weniger Geld für Kultur und Infrastruktur bereitstehen wird. Und die deutschstämmige Minderheit in diesen Gemeinden hat Angst, dass sie mit dieser Entscheidung aus Warschau künftig ihren Status und ihre Rechte verlieren wird. 

"Die Entscheidung wurde im Eilverfahren getroffen", kritisiert deshalb Rafal Bartek, der Vorsitzende der Sozial-Kulturellen Gesellschaft, die sich für die Deutschstämmigen in der Region einsetzt. "Einen Tag vor der geplanten Konsultationsrunde mit lokalen Vertretern hat Warschau schon allein die Entscheidung getroffen. Das zeigt, wie schwach und zerbrechlich unsere Demokratie ist“, sagt Bartek.

Deutsche Minderheit fürchtet um ihre Rechte

Volkstanzgruppe in Opole/Oppeln
Deutsche Volkstanzgruppe im polnischen Opole Bildrechte: MDR/Cezary Bazydlo

Bislang haben die Gemeinden Dąbrowa (Dombrau), Dobrzeń Wielki (Groß Döbern), Komprachcice (Comprachtschütz) und Prószków (Proskau) einen Anteil deutscher Bevölkerung, der zwischen 14 und 26 Prozent beträgt. Deshalb hat die deutsche Minderheit dort das Recht, ihre Ortsschilder zweisprachig zu beschriften und auf den Ämtern ihre Angelegenheiten auf Deutsch zu klären.

Nach der Eingemeindung nach Opole wird der Anteil der deutschen Minderheit an der Gesamtbevölkerung von "Groß-Opole" auf gerade einmal zwei Prozent sinken. Damit könnten die Sonderrechte für die Deutschstämmigen verloren gehen, fürchten deren Vertreter. Und bei künftigen Wahlen zum Stadtrat von Opole sehen sich die Deutschstämmigen als chancenlos. 

Die "Deutschen" in Polen Laut Volkszählung von 2011 leben in Polen rund 148.000 Deutschstämmige, sie machen 0,41 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. In der Industriestadt Opole, die 1945 unter polnische Verwaltung kam, rechnen sich rund 2,5 Prozent der Stadtbewohner zur deutschen Minderheit. Im Kreis Opole macht die deutsche Minderheit hingegen rund 20 Prozent der Gesamtbevölkerung aus.

Opole feiert 2017 runden Geburtstag

Opoles Bürgermeister Arkadiusz Wiśniewski ist Vorreiter der Idee des "Groß-Opole". Seit November 2015 treibt er die Idee voran, unterstützt vom stellvertretenden Justizminister Patryk Jaki, gebürtig in Opole. Wiśniewski freut sich über den Beschluss der Regierung. Seine Stadt wird ab 1. Januar 2017 um rund 50 Prozent wachsen. Vielleicht auch ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk für Opole, das im kommenden Jahr sein 800-jähriges Bestehen feiert? Die deutsche Minderheit werde in der Stadt Opole genauso behandelt wie bisher auch in den Dörfern, versichert Wiśniewski. Und schon jetzt säße ein Vertreter der Deutschstämmigen im Stadtrat von Opole.