Russische TV-Serie "Optimisten" Sowjetunion der 1960er im Netflix-Stil

27. November 2017, 16:43 Uhr

Bildkombination aus blonder Frau mit Sonnenbrille und Netzhandschuh in einem Auto im Stil der 1960er Jahre und blonder Moderatorin 3 min
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Die 1960er-Jahre in der Sowjetunion - eine Zeit, die in einer TV-Serie so noch nie gezeigt wurde. In der Serie "Die Optimisten" (Optimisty) erkunden junge sowjetische Diplomaten den Westen. Sie lernen, Cola zu trinken und Golf zu spielen, stürzen sich in politische Strategiespiele, die sie gekonnt für sich und ihr Heimatland nutzen. Es sind die Jahre der sogenannten Tauwetter-Periode und des Wettlaufs um die Eroberung des Weltalls. Vieles scheint möglich. Der Zeitgeist beflügelt die jungen Botschafter, macht sie zu Optimisten, die eine Annährungen zwischen Ost und West anstreben.

Hollywood-Charme im russischen TV

Severija Janusauskaite in der Rolle als Ruth Blaumann in Optimisten
Severija Janusauskaite, auch in der deutschen Serie "Babylon Berlin" zu sehen, in der weiblichen "Optimisten"-Hauptrolle der Ruta Blaumane Bildrechte: TV-Sender Rossyia

Die Serie reiht sich ein in den Trend der vergangenen Jahre, in russischen Filmen und Theaterstücken die 1960er-Jahre zu thematisieren. "Die Optimisten" erinnert zudem stark an die Erfolgsserie "Mad Men" aus den USA, die ebenfalls in den 1960er-Jahren spielt und die gesellschaftlichen Umbrüche dieser Zeit in den USA aufgreift, das Lebensgefühl und die Ästhetik aufwendig in Szene setzt. Auch "Die Optimisten", von Regisseur Alexej Popogrebskij in Szene gesetzt, kommen daher wie eine Hollywood-Produktion, haben Netflix-Qualität.

Ich dachte mir, warum sprechen wir nicht mal über den Kalten Krieg aus der sowjetischen Perspektive? Sonst sehen wir es immer aus der amerikanischen. Wir zeigen die Russen nicht einfach als die Guten in dieser Zeit, das wäre ideologisch, vorhersehbar und auch falsch. Gleichzeitig dachte ich aber, weshalb zollen wir ihnen nicht Respekt, indem wir sie zu den Hauptdarstellern machen?

Michael Idov, Drehbuchautor von "Die Optimisten"

Die erste Staffel der "Optimisten" mit 13 Folgen wurde im April 2017 binnen fünf Tagen im russischen Staatsfernsehen ausgestrahlt und genoss auch die Aufmerksamkeit der Regierungsspitze. Außenminister Sergej Lawrow zeigte sich voll des Lobes und bezeichnete die Serie als Werbung, eine diplomatische Karriere anzutreten. Es habe aber auch Kritik gehagelt, berichtet der Drehbuchautor Michael Idov:

Einige kritisieren, wir würden die 1960er-Jahre glorifizieren, aber das tun wir nicht. Das ist vielleicht am Anfang der Staffel so, aber gegen Ende wendet sich das Blatt.

Michael Idov, Drehbuchautor von "Die Optimisten"

Die Serie sei wenig patriotisch, so Idov weiter. Das sei auch nicht sein Ziel gewesen, betont der Drehbuchautor, der lange in New York gelebt und gearbeitet hat. Idov wurde 1976 geboren. Seine Familie emigrierte 1992 in die USA, wo Idov an der Universität von Michigan Filmtheorie, Szenisches Schreiben und Dramaturgie studierte. Heute lebt Idov in Berlin und Moskau.

Hoffen auf zweite Staffel

Das Produktionsteam hofft, dass es eine zweite Staffel geben wird. Bestätigt ist das jedoch noch nicht. Fest steht aber schon: Sollten die "Optimisten" fortgesetzt werden, dann würde die neue Staffel mit der Kuba-Krise beginnen.

Fans von Serien wie "Mad Men" können das russische Pendant im Original im Internet ansehen. Eine TV-Ausstrahlung der Serie im Ausland ist bisher nicht geplant. Doch russische Airlines, zum Beispiel Aeroflot, bieten eine untertitelte Version für Flugreisende im Bord-TV an.

(rth)

Tauwetterperiode Der Begriff bezeichnet die Jahre von 1953 bis 1964 in der Sowjetunion. Nach dem Tod von Stalin beginnen unter seinem Nachfolger Nikita Chruschtschow Reformen des totalitären stalinistischen Systems. Die Zensur im Bereich Medien und Kultur lässt nach, politische Gefangene werden entlassen. Außenpolitisch versucht sich die sowjetische Regierung in friedlicher Koexistenz. Bundeskanzler Adenauer etwa erreicht bei seinem Besuch in Moskau 1955, dass die letzten deutschen Kriegsgefangenen heimkehren dürfen. Chruschtschows USA-Besuch 1959 verbessert die Beziehungen zur gegnerischen Weltmacht erheblich. Doch die Niederschlagung des ungarischen Volksaufstandes 1956 zeigt beizeiten die Grenzen der Tauwetter-Periode auf. Die Reform-Phase endet im Oktober 1964 mit Chruschtschows Entmachtung durch Breschnew. Der Begriff "Tauwetter" geht auf Ilja Ehrenburgs gleichnamigen Roman aus dem Jahr 1954 zurück.


Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV-Magazin Kino Royal am: 11.11.2017 | 00:40 Uhr