40 Jahre Papstkult Der große Polen-Papst: Vor 40 Jahren wird Karol Wojtyla zum Papst gewählt

17. Oktober 2018, 10:10 Uhr

Der Pole Karol Wojtyla wird am 16. Oktober 1978 zum Papst Johannes Paul II. gewählt. In seiner Heimat erlebt der verstorbene Papst Kultstatus. Rund 700 Statuen erinnern in Polen an den Pontifex.

Johannes Paul II. genießt in seiner polnischen Heimat Kultstatus. Polen hat sich schon viel einfallen lassen, um ihren Karol Wojtyla zu würdigen: Denkmäler, Straßennamen, Devotionalien und ein Musical. Schätzungen zufolge stehen allein in Polen rund 700 Statuen vom polnischen Pontifex.

Der Pole Karol Wojtyla wird am 16.10.1978 als erster Nichtitaliener seit mehr als 450 Jahren zum Papst gewählt und nimmt den Namen Johannes Paul II. an. Zuvor war 1522 mit dem Holländer Adriaan Daedel (Hadrian VI.) letztmals ein Nichtitaliener gewählt worden. Von seiner Wahl 1978 bis zu seinem Tod im Jahr 2005 war Karol Wojtyla 26 Jahre und fünfeinhalb Monate lang Oberhaupt der katholischen Kirche.

Für den 16. Oktober sind in Krakau große Feierlichkeiten geplant. Zum Programm zählen Konzerte, neue Ausstellungen im Johannes Paul II-Museum und am berühmten "Papstfenster" wird in Krakau Karol Wojtyla als Mosaik präsentiert.

Warum ist der Kult um die Person Johannes Paul II. so groß in Polen ? Wir haben darüber mit dem Soziologen Dr. Michał Łuczewski gesprochen.

Soziologe Dr. Michał Łuczewski
Soziologe Dr. Michał Łuczewski Bildrechte: Jakub Szymczuk

Warum wird Johannes Paul II. in Polen so verehrt?

Immer, wenn Polen, wie wir sagen, im "tiefsten Dreck" steckte, wie während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg oder im Kommunismus, gab es starke Menschen, die das Land moralisch aufgebaut haben. Für mich ist Johannes Paul II. so ein Mensch. Er hat maßgeblich zum Zusammenbruch des Kommunismus in Europa beigetragen. Deswegen wird er in Polen so verehrt.

Nach "Jesus Christ Superstar" wurde im Februar 2017 auch der polnische Papst auf der Musicalbühne als Superstar gefeiert. Warum wird ein Papst Jahre nach seinem Wirken als Kirchenoberhaupt zum Musical Held?

Es fällt auf, dass sich auch Musical-Produzenten im Pop-Bereich Gedanken machen über neue Formate und Ideen. Dieses Musical ist ein erster Versuch, die Kultfigur Johannes Paul II. auf eine "pop-kulturelle" Art und Weise zu würdigen, und nicht durch Standbilder, Stipendien oder noch eine weitere gedruckte Biographie.

Braucht man so etwas?

Die junge Generation in Polen ist bereits mit Papst Benedikt XVI. und Papst Franziskus aufgewachsen. Sie erinnert sich leider immer weniger an die Persönlichkeit Johannes Paul II. Das ist aus meiner Sicht ein Vorteil dieser Musicalkunst, dass die wichtigsten Charaktereigenschaften, das Leben und die Vision von Karol Wojtyła mit modernen Darstellungsformen aus dem Bereich der Pop-Kultur jungen Leute nähergebracht werden können. Musical-Produzenten suchen moderne Stücke wie z.B. "Jesus Christ Superstar" aus, um die jüngere Generation anzusprechen.

Welche Reaktionen und Gefühle ruft ein solches Musical-Stück hervor?

Musicals haben einen "Happy End"-Charakter: Es geht um Leichtigkeit, Unbeschwertheit und Unterhaltung. Die persönliche Lebensgeschichte Johannes Paul II. ist jedoch ernst und dramatisch. Deshalb denke ich, die Herausforderung wird darin bestehen, nicht nur das Leichte zu zeigen, sondern auch Emotionen, Dramatik, Ernsthaftigkeit und auch Leid, etwa nach dem frühen Tod der Mutter von Johannes Paul II. Erfahrungsgemäß schaffen große Musicals diesen Spagat zwischen Unterhaltung und Dramatik.

Finden Sie den Papstkult nicht übertrieben?

Ich finde es gut, dass in Polen große Persönlichkeiten wie Johannes Paul II. mit Denkmälern gewürdigt werden. Andere Länder können diesen Kult nicht nachvollziehen.

Würde das Musical Johannes Paul II. gefallen?

Johannes Paul II. war bekannt für seinen großen Humor. Ich denke, er würde darüber lachen und sagen: "Was macht ihr da bloß? Ihr sollt versuchen, ein besseres Leben zu führen, anstatt mir Beifall zu klatschen." Denn das hat Johannes Paul II. an seinen Landsleuten gestört, dass sie ihm immer Beifall geklatscht haben, aber nicht "zugehört" haben.

Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL im TV: 28.07.2016 | 17:45 Uhr