Warschau/Brüssel Polen hält EU-Kritik für unbegründet

21. Februar 2017, 16:34 Uhr

Demokratieverstöße? Fehlende Rechtsstaatlichkeit? Die Warschauer Regierung reagiert auf das am Dienstag ausgelaufene Ultimatum der EU-Kommission mit Gelassenheit. Zugleich gibt sie Brüssel Kontra und wirft EU-Kommissionsvize Frans Timmermans vor, Front gegen Polen zu machen.

Polens Außenminister Witold Waszczykowski rechnet mit einem Ende des Verfahrens der EU-Kommission zur Justizreform in seinem Land. Dem staatlichen Rundfunk in Warschau sagte er: "Ich erwarte, dass die Sache beigelegt wird". Man habe der Kommission nur noch aus Höflichkeit geantwortet.

Waszczykowski reagierte damit auf das am Dienstag ausgelaufene Ultimatum der Brüsseler Behörde. Die EU-Kommission hatte der Regierung in Warschau bis heute Zeit gegeben, die umstrittene Reform des Verfassungsgerichtes abzuschwächen und damit auf den Streit um Demokratieverstöße in Polen zu reagieren.

Vorwurf: Brüssel mache Front gegen Polen

Doch nach Ansicht der polnischen Regierung ist alles im Rahmen europäischer Standards abgelaufen. Das polnische Kabinett hatte am Montag einen Brief an die EU-Kommission geschickt und die Justizreform verteidigt.

In dem Schreiben, das das polnische Außenminister auf seiner Website veröffentlichte, wird zugleich EU-Kommissionvizechef Frans Timmermans kritisiert. So wirft ihm die polnische Seite vor, politische Ziele zu verfolgen. Timmermans versuche mit anderen Mitgliedstaaten "eine gemeinsame Front gegen Polen" zu bilden. Auch wolle er Polen stigmatisieren, heißt es in dem Brief. Der Kommissionsvize hatte am Wochenende in einem Interview andere EU-Staaten aufgefordert, die EU-Kommission im Streit mit Polen zu unterstützen.

Worum geht es der EU-Kommission?

Die EU.-Kommission hatte vor mehr als einem Jahr ein Prüfverfahren gegen das EU-Mitglied gestartet. Grund war der Umbau des Verfassungsgerichts durch die nationalkonservative Regierungspartei PiS. Aus Sicht der EU-Kommission kann das Oberste Gericht die Regierung nicht mehr wie vorgesehen kontrollieren. Letztlich geht es um die Gewaltenteilung als Grundprinzip der Demokratie. Im Juli vorigen Jahres übermittelte die Kommission konkrete Empfehlungen an Warschau.

In der Tat besserte im Dezember 2016 das polnische Parlament auf Druck aus Brüssel entsprechende Gesetze nach, die die Arbeit des Verfassungsgerichtes regeln. Doch sorgte die PiS zugleich dafür, dass sich die Machtverhältnisse im Verfassungsgericht zu ihren Gunsten ändern. Im Dezember stellte Brüssel deshalb ein neues Ultimatum, dass Warschau zu weiteren Veränderungen motivieren sollte.

Wie könnte die EU-Kommission nun reagieren?

Aus Brüssel hieß es am Dienstag, man werde das Schreiben "sorgfältig analysieren", sich aber bei einer Entscheidung nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Sieht die Kommission die Forderungen nicht erfüllt, könnte sie die Anwendung von Artikel 7 der EU-Verträge vorschlagen. In letzter Konsequenz könnte Polen damit auch das Stimmrecht im Ministerrat oder auf EU-Gipfeln entzogen werden.

Der Vizepräsident des EU-Parlamentes und polnische PiS-Politiker, Ryszard Czarnecki, zeigte sich im MDR-Interview gelassen, dass Brüssel so weit gehen werde. Die EU solle sich mit einem solchen Schritt nicht lächerlich machen, sagte Czarnecki.