Alternativer Friedensnobelpreis Russische Aktivistin Gannuschkina geehrt

22. September 2016, 18:15 Uhr

Seit Jahrzehnten setzt sich Swetlana Gannuschkina für Flüchtlinge in Russland ein. Die 74-jährige Aktivistin wurde nun mit dem Alternativen Friedensnobelpreis geehrt. Doch ihr Engagement wird im Land massiv behindert.

Russland gilt im Westen nicht als klassisches Einwanderungsland, schon gar nicht für Menschen auf der Flucht. Doch auch in der Russischen Föderation gibt es Flüchtlinge, inzwischen selbst aus Syrien, immer noch aus der Ukraine und vermehrt aus Afrika. Menschen wie Swetlana Gannuschkina und ihre Mitstreiter helfen diesen Flüchtlingen im Kampf gegen Bürokratie und Beamtenwillkür. Die Flüchtlinge kommen, obwohl in Russland Fremdenangst und Rassismus alltäglich sind, die Behörden fast alle Asylanträge ablehnen und die Bedingungen in den Flüchtlingslagern katastrophal sind.

Die Menschenrechtsaktivistin hatte 1990 mit dem Komitee "Ziviler Beistand" eine der ersten Nichtregierungsorganisationen in Russland gegründet, die sich um Flüchtlinge und Vertriebene kümmert. Im Laufe der Zeit wurde ein landesweites Netzwerk von Anlauf- und Beratungsstellen aufgebaut. Die heute 74-jährige Gannuschkina, von 1970 bis zum Jahr 2000 Mathematik-Professorin in Moskau, leitet das Netzwerk noch immer. Gannuschkina gehörte außerdem für kurze Zeit dem Menschenrechtsrat beim Präsidenten Russlands an.

In der Flüchtlingsfrage prangert Gannuschkina nicht zuletzt an, dass Richter und Behörden die Migrationsgesetze unzureichend oder gar nicht umsetzten. Die Flüchtlinge seien den Behörden ausgeliefert, deren Mitarbeiter keine soziale Verantwortung empfänden.

Gannuschkinas Engagement ist nicht ungefährlich. Viele ihrer Weggefährten im Kampf für Menschenrechte in Russland wie die Journalistin Anna Politkowskaja sind ermordet worden. Auch Gannuschkina wurde - wie zum Beispiel der Oppositionspolitiker Boris Nemzow - von nationalistischen Gruppen in Russland zur "Feindin des Volkes" erklärt, vor allem, weil sie sich auch für Flüchtlinge aus Tschetschenien einsetzt, die derzeit bei den russischen Sicherheitsbehörden unter generellem Terrorverdacht stehen. Inzwischen haben sich außerdem die Bedingungen für die wenigen verbliebenen Nichtregierungsorganisationen im Land noch einmal verschärft, denn die Regieurng in Moskau kann Organisationen, die mit ausländischen Partnern zusammenarbeiten, als "ausländische Agenten" einstufen. Diese Restriktionen spürt auch das "Komitee Ziviler Beistand". Die Erfolge seien weniger geworden, so Gannuschkina.

Für den Alternativen Friedensnobelpreis war Gannuschkina bereits mehrmals nominiert, zuletzt im Jahr 2011. Bereits 2003 erhielt sie den Menschenrechtspreis von Amnesty International Deutschland. Drei Jahre später ehrte sie die tschechische Nichtregieurngsorganisation "People in Need" mit dem Homo-Homini-Preis (Dem Mensch ein Mensch). Der Preis wird jährlich für hervorragende Verdienste für die Menschenrechte, Demokratie und die gewaltfreie Lösung politischer Konflikte vergeben.