Bosnien-Herzegowina Zulieferstreit: Der Mann hinter Prevent

11. Mai 2018, 16:40 Uhr

Er steckt hinter dem VW-Zulieferer Prevent: der Bosnier Nijaz Hastor. Bei den einen ist der Unternehmer als Spekulant verschrien, in seiner Heimat aber gilt er als sozialer Hoffnungsträger. Woher kommt das widersprüchliche Bild?

Seit Jahren gibt es Zoff zwischen Volkswagen und dem Zulieferer Prevent. In dem Konflikt geht es um die Nachwehen eines Lieferstopps 2016. Dieser hatte hohe Schäden für die Wolfsburger zur Folge. Zehntausende Menschen konnten nicht mehr weiterarbeiten. Im März diesen Jahres hat VW schließlich die Verträge mit Prevent fristlos gekündigt. Dagegen ging Prevent gerichtlich vor. Nun ist das Landgericht in Leipzig einem Vergleichsvorschlag von VW gefolgt. Autokonzern ist demnach verpflichtet, bis Ende April kommenden Jahres 30 Prozent der Getriebeteile der Prevent-Tochter ES Automobilguss im erzgebirgischen Schönheide abzunehmen.

Hastor legte Weltkonzern VW lahm

Hintergrund des Lieferstopps 2016 war ein Streit zwischen dem VW-Konzern und der Hastor-Firma Prevent. Weil Volkswagen einen Auftrag über 500 Millionen Euro mit dem Zulieferer storniert hatte, ließ Nijaz Hastor die Auslieferung der Sitze einfach stoppen. Erst nachdem VW eine Entschädigung gezahlt und einen Zulieferervertrag um sechs Jahre verlängert hatte, lockerte Hastor den Würgegriff.

Feindliche Übernahmen und Stellenabbau

Doch der Milliardär sorgte durch sein Geschäftsgebaren kurz darauf dafür, das Bild des Raubtierkapitalisten weiter zu verstärken. Nur wenige Monate nach dem VW-Streit versuchte Hastors Firmenimperium den deutschen Mitbewerber Grammer zu übernehmen, einen drei Mal größeren Mittelständler aus der Oberpfalz mit 12.000 Mitarbeitern. Das Unternehmen unterhält auch ein Zweigwerk in Zwickau.

Doch Hastor gab kein Gebot für das Unternehmen ab, sondern ließ über ein Tochterunternehmen seiner beiden Söhne verdeckt über zwanzig Prozent der Anteile aufkaufen und versuchte, den Vorstand auszutauschen. Das Vorgehen löste öffentliche Empörung bei Grammer-Mitarbeitern, Gewerkschaftern und Politikern aus.

Viele Mitarbeiter fürchteten um ihren Job. Bei ähnlichen Übernahmen in den Vorjahren hatte Hastor immer Stellen abbauen und Arbeitsplätze nach Bosnien-Herzegowina verlegen lassen. Gewerkschafter sprachen von einer "feindlichen Übernahme", die an die Finanzindustrie erinnere. Es folgte bei Grammer eine Kampfabstimmung auf der Hauptversammlung im Mai, Hastors Leute verloren.

Exzellenter Ruf in Bosnien

Hastors Ruf hierzulande ist spätenstens seitdem ramponiert, in seiner Heimat Bosnien-Herzegowina gilt er jedoch als Vorzeigeunternehmer und Philanthrop. Hastors Sitzhersteller Prevent ist der größte Arbeitgeber des Landes. 6.500 Mitarbeiter beschäftigt die Firma dort. Alleine 1.500 davon in ihrem modernsten Werk in Goražde, nahe der Grenze zu Serbien und Montenegro. Die Arbeitsbedingungen gelten als gut, der Lohn liegt über dem bosnischen Durchschnitt.

"Ich bin zufrieden. Ich habe Arbeit. Und das in einer Firma, in der die verschiedenen Volksgruppen wieder zusammen kommen", sagt Mitarbeiter Mario. Letzteres ist in Bosnien-Herzegowina eine Besonderheit. In der Prevent-Fabrik in Goražde arbeiten auch hunderte Menschen aus der "Republika Srpska", dem serbischen Teil Bosniens, mit dem ehemals verfeindeten bosnischen Muslimen friedlich zusammen, wie die Fabrikleiterin Leila unterstreicht:

Jeder Mensch will eine Chance und bei uns gibt es sie, zu arbeiten und davon leben zu können. Egal, ob aus der Republika Srpska oder anderswo. Egal, ob Mann oder Frau oder welche Hautfarbe. Bei uns spielt das keine Rolle.

Soziales Engagement bringt Ansehen

Hastor zeigt und äußert sich zwar kaum in der Öffentlichkeit, sein Einsatz gegen Nationalismus und für eine Versöhnung der ehemals verfeindeten Volksgruppen bringt ihm jedoch große Anerkennung ein. Neben Jobs sorgt der Unternehmer auch mit seiner "Nijaz Hastor-Foundation" für seinen ausgesprochen guten Ruf in Bosnien-Herzegowina.

Die Stiftung ermöglicht mehr als 1.500 jungen Bosniern per Stipendium ein Hochschulstudium. So soll der massiven Abwanderung aus dem Land etwas entgegengesetzt werden, in dem 60 Prozent der jungen Menschen arbeitslos sind. Jobs, Perspektiven, Versöhnung: in Bosnien-Herzegowina gilt Nijaz Hastor dank seines Engagements als Hoffnungsträger.

In Deutschland gilt er so manchem bis heute als "Hastorenschreck", wie ein Gewerkschafter im April auf ein Protestplakat pinselte. Hastor scheint sich davon nicht beeindrucken zu lassen. 2016 hat eine seiner Firmen den deutschen Küchenbauer "Alno" übernommen, im November musste das Unternehmen Insolvenz anmelden. Hastors Möbelproduktion in Bosnien-Herzegowina wird hingegen gerade ausgebaut.

Über dieses Thema berichtete MDR AKTUELL im RADIO: 11. Mai 2018 | 06:48 Uhr