Auf der Suche nach dem richtigen Plan Verbeamtung der Lehrer in Sachsen: Wie denn nun?

05. Dezember 2017, 14:33 Uhr

Kultusminister Frank Haubitz (parteilos) und Finanzminister Georg Unland (CDU) sollten bis zum 1. Dezember ein gemeinsames Papier erarbeiten, wie die Verbeamtung der Lehrer umgesetzt werden soll. Doch der Versuch ist gescheitert. Vermittlungsversuche der Staatskanzlei brachten nichts. Der Finanzminister ist skeptisch bei der Verbeamtung. Mit anderen Worten: dagegen. Der Kultusminister hat Zugeständnisse gemacht: möglicherweise vergeblich. Und auch die Lehrerverbände sind uneins.

Kultusminister Frank Haubitz hatte schon bei Amtsantritt die Verbeamtung aller unterrichtenden Lehrer, der sogenannten Bestandslehrer, bis 46 Jahre gefordert. Außerdem will er auch alle neuen Lehrer in Sachsen verbeamten. Das wären rund ein Drittel aller sächsischen Lehrer. Die Pensionslasten für dieses Modell werden aktuell auf mindestens 1,8 Milliarden Euro geschätzt. Dieser Vorschlag ist vom Tisch.

Beamte auf Zeit als Kompromiss

Jetzt lautet das Kompromissangebot an die CDU-Fraktion, nur die neuen Lehrer zu verbeamten und das nicht dauerhaft, sondern nur für eine bestimmte Testphase - beispielsweise für fünf oder sieben Jahre. Das zeichnet sich ab, wenn man sich im sächsischen Landtag umhört.

Die Verbeamtung von neuen Lehrern im sächsischen Schuldienst soll einem internen Papier zufolge in den Jahren 2019 bis 2023 rund 400 Millionen Euro kosten. Wenn die Schulverwaltung überhaupt so viele Lehrer bekommt. Denn Seiteneinsteiger dürfen wohl nicht verbeamtet werden, ebenso wenig Gymnasiallehrer, die schulartfremd unterrichten.

Die Verbeamtung als Anreiz

Patrick Schreiber von der CDU-Fraktion ist Vorsitzender des Schulausschusses im Landtag. Er setzt sich ebenfalls vehement für die Verbeamtung von Lehrern ein. Mit Blick auf die reinen Nettogehälter fordert Schreiber, die "Gehaltslücke im Vergleich zu den anderen Bundesländern endlich zu schließen". Schreiber zufolge liegt Sachsen bei den Nettoeinstiegsgehältern noch hinter Berlin. Das ist das einzige Bundesland, das Lehrer ebenfalls nicht verbeamtet.

Patrick Schreiber
Bildrechte: Patrick Schreiber

Der Berufseinstieg für junge Lehrer in Sachsen muss attraktiver sein. Gelingt uns dies nicht im Rahmen des Tarifsystems, so halte ich die Verbeamtung der neu einzustellenden Lehrerinnen und Lehrer für unausweichlich. Ich möchte das Problem des Lehrermangels endlich langfristig lösen.

Patrick Schreiber CDU Landtagsabgeordneter

Verbeamtung billiger als Erhöhung der Gehälter

Nach Schreibers Rechnung müsste ein Grundschullehrer als Einstieg netto gut 2.600 Euro verdienen, um bundesweit der Konkurrenz standzuhalten. Das bedeute Kosten für den Arbeitgeber von 5.400 Euro. Dagegen fielen die Kosten für einen verbeamteten Grundschullehrer mit knapp 5.000 Euro (3.400 Euro Bezüge plus 1.370 Euro Pensionsrücklage plus geschätzte Beihilfe) für den Staatshaushalt deutlich geringer aus und man käme dabei auch noch auf ein höheres Nettogehalt. Sein Fazit: Beamte kosten weniger.

Zweifel in CDU und SPD

An diesem "Beamte kosten weniger" haben in der CDU-Fraktion einige Zweifel. Vor allem die Verbeamtungsgegner. Doch die können oder wollen keine konkrete Zahlen nennen, wie teuer die Höhereinstufung, die man für Bestandslehrer vornehmen müsste, wäre.

Und dann tauchen innerhalb der CDU auch noch ungewohnte Positionen auf. Der Fraktionsvorsitzende Frank Kupfer beispielsweise fragte, ob nicht die Möglichkeit eines eigenständigen sächsischen Tarifvertrages für Lehrer bestehen würde. Bislang gilt der Tarifvertrag für Angestellte des öffentlichen Dienstes in Sachsen.

Sabine Friedel, Schulpolitikerin des Koalitionspartners SPD, ist ebenfalls gegen die Verbeamtung. Die Besserbezahlung von Lehrern sei nicht das Problem: Im sächsischen Haushalt seien die Lehrerstellen rein formal in der höchsten Stufe ausgewiesen, nur bezahlt würde weniger.

Das Problem liegt ihrer Ansicht nach in den Pensionsrücklagen: Selbst wenn man lediglich mit 1.500 neuen Lehrern einsteigen würde, spätestens im Jahre 2035 wären sämtliche Lehrer in Sachsen Beamte. Und dann schlügen die zu bildenden Pensionsrücklagen voll zu.

Die jährlichen Zahlungen in den Generationenfonds allein für die Lehrkräfte steigen damit von 38 Millionen Euro im Jahr 2018 auf 704 Millionen Euro im Jahr 2035.

Sabine Friedel SPD Landtagsabgeordnete

Zumal nicht mal klar ist, ob man in fünf Jahren noch so viele Lehrer in Sachsen braucht. Mit Blick auf die Pensionskosten sagt Sabine Friedel, sei das kurzfristiges Denken:

Ich möchte nicht, dass Sachsen diese kurzfristige Entscheidung trifft, um in den nächsten drei bis fünf Jahren zu einer Problemlösung beizutragen, wo niemand genau weiß, wird das wirklich helfen oder nicht. Und wir dann aber in zehn bis 15 Jahren die Quittung haben durch eingeschränkte Spielräume, die uns nichts mehr ermöglichen.

Stichwort: Pensionslasten Wenn Beamte in den Ruhestand gehen, dann erhalten sie eine Pension. Der Staat legt während der aktiven Laufbahn des Beamten Geld für die Pensionen zurück. In Sachsen heißt diese Spardose Generationenfonds. Fehlt dieser Topf, dann müssen die Pensionszahlungen aus den laufenden Haushalten des Landes bezahlt werden.

Lehrerverbände uneins

Auch bei den Interessenvertretungen der Lehrer gibt es keine Einigkeit. Der sächsische Lehrerverband ist für die Verbeamtung der Lehrer. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Sachsen (GEW) ist dagegen.

Über dieses Thema berichtet MDR Sachsen auch im Radio und Fernsehen: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 04.12.2017 | Nachrichten | 19:00 Uhr

MDR SACHSENSPIEGEL | 04.12.2017 | 19:00 Uhr

Mehr aus der Landespolitik

Mehr aus Sachsen

Ein Obdachloser mit seinen Habseligkeiten sitzt auf einer Bank. 2 min
Bildrechte: IMAGO / Wolfgang Maria Weber
2 min 19.04.2024 | 18:00 Uhr

Wohnungloser braucht Wohnsitz zum Arbeiten, rechtsmotivierte Gewalttaten nehmen zu, Schneegestöber im Erzgebirge - Drei Themen vom 19. April. Das SachsenUpdate kurz und knackig. Präsentiert von Lukas Meister.

MDR SACHSEN Fr 19.04.2024 18:00Uhr 02:17 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen/video-obdachlos-armut-arbeitssuche-gewalt-rassismus-rechtsextrem-schnee-erzgebirge-sachsenupdate-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video