Bundestagswahl 2017 | Direktkandidaten aus Sachsen André Hahn (Die Linke)

26. August 2017, 22:22 Uhr

Wahlkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge (158)

Allgemein

Alter: 54
Schulausbildung: 10. Klasse, anschließend Berufsausbildung (Schriftsetzer) mit Abitur
Beruf: Diplom-Lehrer
Familienstand: verheiratet
Wohnort: Gohrisch (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge)

Politischer Werdegang:

  • 1989/1990 Mitglied des Zentralen Runden Tisches der DDR
  • 1991 bis 1994 Wissenschaftlicher Mitarbeiter der Fraktion Linke Liste/PDS im Sächsischen Landtag
  • seit 1994 Mitglied des Kreistages Sächsische Schweiz-Osterzgebirge
  • 1994 bis 2013 Mitglied des Sächsischen Landtags, darunter 2007 bis 2012 Vorsitzender der Fraktion Die Linke
  • seit Oktober 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages

Privat

Was ist Ihre größte Stärke?

  • Zuverlässigkeit und Beharrlichkeit, auch in schwierigen Situationen

Was ist Ihre größte Schwäche?

  • Ungeduld, wenn manches nicht so läuft, wie ich es mir vorstelle. Außerdem bin ich ein ziemlicher Morgenmuffel. Ganz frühe Termine sind für mich ein Graus.

Welchem sächsischen und welchem nicht-sächsischen Sportverein drücken Sie die Daumen?

  • Dynamo Dresden und dem FC Bundestag, wo ich derzeit selbst noch als Fußballer aktiv bin. Aber ich freue mich eigentlich generell bei Erfolgen sächsischer Sportlerinnen und Sportler und das nicht nur im Fußball.

Wo erholen Sie sich in Sachsen am liebsten?

  • beim Wandern im Elbsandsteingebirge, aber ich bin auch gern im Erzgebirge unterwegs

Welche drei Dinge würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen?
Wenn der Begriff "Dinge" in der Frage bedeutet, dass ich meine Frau nicht mitnehmen dürfte, dann lautet meine Antwort: ein Boot, eine Angel und ein auch auf dieser Insel gebrauchsfähiges Handy, um schnell wieder von dort wegzukommen.

Politisch

Warum haben Sie sich als Direktkandidat Ihrer Partei zur Verfügung gestellt?
Mein grundlegender Antrieb ist immer noch derselbe wie vor zwanzig Jahren: Ich möchte dazu beitragen, die Gesellschaft zu verändern, Politik mitgestalten und Menschen bei der Bewältigung ihrer ganz konkreten Probleme unterstützen. Wir als Linken reden nicht nur von Gerechtigkeit, wir handeln auch entsprechend. Der vorhandene Reichtum in unserem Land muss endlich gerechter verteilt, Kriegseinsätze müssen beendet werden. Sachsen und der Osten insgesamt brauchen weiter eine starke Stimme im Bund. Ich möchte meine Erfahrungen aus der Kommunalpolitik sowie dem Sächsischen Landtag, im Bereich der Innen- und Sportpolitik sowie der Geheimdienstkontrolle, gern auch in die künftige Arbeit der Bundestagsfraktion einbringen.

Welche Reform bewundern Sie am meisten?
Der Begriff "Reform" ist durch inflationäre Anwendung und politische Fehlentscheidungen der letzten zwei, drei Jahrzehnte ziemlich verbraucht und wird von vielen Menschen eher als Bedrohung empfunden, weil im Ergebnis oft Mehrausgaben und/oder schlechtere Leistungen auf sie zukommen. Auch mit dem "bewundern" ist es so eine Sache … Dennoch will ich hier die Sozialreformen von Bismarck nennen, mit dem uns als Linke nun wahrlich nicht viel verbindet. Aber unter dem wachsenden Druck der Arbeiterbewegung führte er u.a. eine Kranken- und Rentenversicherung ein, in die später neben den Beschäftigten auch zu gleichen Teilen die Arbeitgeber einzahlen mussten. Das war bei allen Mängeln die Grundlage unserer heutigen Sozialgesetzgebung, auch wenn Bismarck weniger aus Überzeugung handelte, sondern vor allem den Einfluss von Sozialdemokraten und Gewerkschaften kleinhalten wollte.

Wenn Sie gewählt werden, was ist Ihr wichtigstes Ziel (für die kommende Legislaturperiode)?
Ich will als eine unüberhör- und unübersehbare Stimme aus Sachsen im Bundestag einen aktiven Beitrag zur Umsetzung der im Wahlprogramm der Linken formulierten Ziele leisten. Was meine politischen Schwerpunktthemen anbelangt, so werde ich weiter dafür arbeiten, dass die Geheimdienste nicht länger Staat im Staate sein können und nicht immer mehr Grund- und Freiheitsrechte unter fadenscheinigen Vorwänden ausgehöhlt werden. Was den Sport angeht, so darf der Bund nicht allein den Spitzensport fördern, sondern muss endlich auch den Breitensport und die Sanierung von Sportstätten unterstützen. Dafür will ich mich stark machen.

Was wollen Sie für Sachsen erreichen …

... im Bereich Bildung
Gerade die Misere des sächsischen Bildungswesens - Stichworte: Lehrkräftemangel, unterfinanzierte Hochschulen, planlose Kultusbürokratie, Sanierungsstau - zeigt: Der Bund muss die Länder in puncto Bildung dauerhaft unterstützen und für bundesweit einheitliche Standards sorgen, auch für genug Kita-Plätze. Das würde Schaden von unseren Kindern und Jugendlichen abwenden und die Eltern entlasten, die bisher für Kitagebühren, Lernmittel oder die Schülerbeförderung zahlen müssen. Neben diesen dringend notwendigen Schritten gibt es auch grundsätzliche Fragen. Wir wollen, dass längeres gemeinsames Lernen in inklusiven Gemeinschaftsschulen an die Stelle des frühen Aussortierens tritt. So lässt sich die Spaltung der Gesellschaft bekämpfen und dafür sorgen, dass Bildungserfolg deutlich weniger vom elterlichen Geldbeutel abhängt.

... im Bereich Forschung und Entwicklung
Die sächsische Wirtschaft wird von Handwerk und Mittelstand getragen. Hier sind nur wenige große Unternehmen ansässig, und das in der Regel nur als "verlängerte Werkbänke" ohne Forschungsabteilung. Wegen dieser Kleinteiligkeit können unsere Unternehmen weniger gut forschen und schlechter wachsen als andere Betriebe. Die öffentliche Hand muss über die Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen versuchen, diese Defizite zu verringern. Dafür benötigen wir attraktive Arbeitsbedingungen für Wissenschaftler, solide grundfinanzierte Hochschulen, mehr öffentliche Forschungsfördermittel und einen regen Technologietransfer in die und zwischen den Unternehmen. Wissenschaftliche Erkenntnisse, die mit Steuergeld erarbeitet worden sind, müssen offen zugänglich sein. Und wir wollen, dass für den Frieden statt für Krieg und Rüstungsindustrie geforscht wird. Deshalb fordern wir Zivilklauseln an allen Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen. Forschung und Wissenschaft sollen zudem helfen, soziale Spaltungen zu überwinden oder die Energiewende voranzubringen.

... im Bereich Wirtschaft und Verkehr
Die Wirtschaft muss dem Menschen dienen, und der Erfolg von Unternehmen soll stärker als bisher denen zugutekommen, die ihn erarbeiten. Statt Milliarden für die Exportindustrie müssen Förderungen mehr in den Binnenmarkt und die öffentliche Infrastruktur fließen. Dabei muss der weiteren Spaltung des Landes in reiche und in abgehängte Regionen entgegengewirkt werden. Löhne und Gehälter müssen insbesondere bei den kleinen und mittleren Einkommen steigen. Deshalb plädieren wir für eine Anhebung des Mindestlohnes auf zwölf Euro sowie die Beseitigung von Lohnbremsen in der Arbeitsmarktpolitik. Leiharbeit, Werkverträge, sachgrundlose Befristungen, Hartz IV und die damit verbundenen Sanktionen wollen wir überwinden. Darüber hinaus wollen wir mit unserem Einkommensteuerkonzept alle Einkommen unter (monatlich) 7.100 Euro entlasten. Steigende Kaufkraft wird so zum Konjunkturprogramm für die sächsische Wirtschaft. Wir halten auch am Ziel des Ost-West-Angleichs bei Löhnen und Renten fest. Öffentliche Wirtschaftsförderung wollen wir daran knüpfen, dass Unternehmen gute Arbeit und Löhne bieten, tarifgebunden sind oder ökologisch sinnvoll produzieren.

Wir wollen, dass alle mobil sein können. Das geht nur mit bezahlbaren, ökologischen, barrierefreien Verkehrsangeboten. Wir wollen Alternativen zum individuellen Straßenverkehr. Die sächsische Staatsregierung kümmert sich viel zu wenig um Busse, Bahnen, Fuß- und Radwege. Nötig ist eine sozial-ökologische Mobilitätswende auch hin zum schienengebundenen Personen- und Güterverkehr. Der Bund kann mit zweckgebundenen Fördermitteln unterstützen und muss auch die sächsische Regierung zwingen, das Geld dafür zweckgebunden einzusetzen. Für den ländlichen Raum fordern wir eine Mobilitätsgarantie: Mindestens im Stundentakt soll das nächste Oberzentrum erreichbar sein. Wir wollen auch die Elektromobilität im öffentlichen Verkehr fördern. Damit alle teilhaben können, wollen wir günstigere Fahrpreise, flächendeckend Sozialtickets für einkommensschwache Haushalte, eine Sozial-Bahncard sowie kostenlose Schüler- und Azubitickets. Eine Pkw-Maut lehnen wir ab und wollen verhindern, dass öffentliche Verkehrswege wie Autobahnen in private Hände gelangen.

... im Bereich Innere Sicherheit
Auch die Menschen in Sachsen verdienen echte Sicherheit, nicht nur gefühlte. Wir dürfen nicht versuchen, diese Sicherheit mit flächendeckender Überwachung, dem Abbau von Bürgerrechten oder der Aufweichung des Rechtsstaates zu erkaufen. Auch in Sachsen hat die CDU über Jahre Polizei und Justiz kaputtgespart und so das staatliche Gewaltmonopol ins Wanken gebracht, weshalb viele sich um ihre Sicherheit sorgen. Darüber freuen sich nur Menschenfeinde, die politisch von der Angst leben und vorgeben, die Dinge selbst in die Hand nehmen zu können. Wir stehen dafür, Polizei und Justiz auf Bundes- und Landesebene besser auszustatten, Bürgernähe und Prävention nicht zu vernachlässigen und die geltenden Gesetze zunächst zu vollziehen, anstatt sie aus Prinzip und planlos zu verschärfen. Es ist die Aufgabe der Polizei, Gefahren abzuwehren - auch bei der Terrorabwehr. Der Personalmangel bei der Bundespolizei muss überwunden werden, und eine Aufgabenkritik muss die Polizei von sinnlosen Tätigkeiten befreien.

Was ist die wichtigste Aufgabe beim Thema Zuwanderung?
Das große Ziel besteht darin, für ein friedliches Zusammenleben alteingesessener und neuer Mitbürger zu sorgen. Ein "Wir, die hier leben" soll Hass und Ausgrenzung ersetzen. Wir streiten für gleiche Rechte und eine soziale Offensive für alle. Es darf keine Grundlage geben für Sätze wie "Kümmert euch erstmal um uns Einheimische", die man gerade in Sachsen oft hört. Die Devise soll heißen: Gemeinsam gegen Missstände! Fluchtursachen müssen entschieden bekämpft werden, indem Waffenexporte unterbleiben, friedliche Konfliktlösungen und eine gerechtere Weltwirtschaft erreicht werden. Das ist die eigentlich wichtigste Aufgabe, deren Lösung aber Zeit und eine verstärkte Entwicklungshilfe braucht. Zugleich ist es wichtig, Zuwandernde anständig zu behandeln, Schutzersuchen rechtsstaatlich zu prüfen, die Menschenrechte aller zu wahren und Regeln für eine planvolle Integration zu entwerfen. Wir wollen keine Einwanderungs- und Integrationspolitik, die sich danach richtet, ob Menschen den richtigen Pass haben oder als "nützlich" für Unternehmen gelten. Wer sich hier schon ein neues Leben aufgebaut hat, lernt, studiert, arbeitet, eine Familie gegründet hat, darf nicht durch eine Abschiebung aus seinem Umfeld herausgerissen werden.

Mit welcher Partei können Sie sich eine Koalition vorstellen?
Die Koalitionsfrage stellt sich erst nach der Wahl - dann lässt sich in Verhandlungen herausfinden, welche Ziele man mit welchem Partner umsetzen könnte. Bis zur Wahl kämpfen wir vor allem um eine starke Linke. Aus heutiger Sicht wäre - wenn überhaupt - nur eine Zusammenarbeit mit SPD und Grünen vorstellbar, sofern diese Parteien das Leben in Deutschland tatsächlich besser und sicherer machen wollen. Dazu gehören beispielsweise eine friedliche Außenpolitik ohne Waffenexporte, mehr wirklich existenzsichernde Arbeitsplätze oder eine Bürgerversicherung, in die alle Einkommensempfänger einzahlen - und damit gute gesetzliche Renten und eine bezahlbare Gesundheitsversorgung ermöglichen.

Vervollständigen Sie bitte den Satz: 2019 sollte es in Sachsen ...

... eine gesellschaftliche und in der Folge hoffentlich auch parlamentarische Mehrheit für eine Landesregierung links von der CDU geben, die den Menschen hierzulande spürbar mehr soziale Gerechtigkeit, Teilhabe, demokratische Mitbestimmung und Wohlstand ermöglicht.

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