Bundestagswahl 2017 | Spitzenkandidaten aus Sachsen Die Nationalistin: Frauke Petry

(AfD)

22. September 2017, 18:37 Uhr



  • geboren am 1. Juni 1975 in Dresden


  • erlernter Beruf: promovierte Chemikerin


  • Wohnort: Leipzig


  • Familienstand: verheiratet, fünf Kinder

Mehr als tausend Leute hören Frauke Petry bei ihrem Wahlkampfauftritt am 22. August in Plauen aufmerksam zu. Sie teilen mit der sächsischen Spitzenkandidatin der AfD die Angst vor einer Welt, in der Deutschland untergehen könnte. Eine Angst, die Petry nährt, indem sie ihre Zuhörer auffordert, zuhause nachzurechnen, wann die Deutschen in der Minderheit sein würden, wenn die 20 Prozent Ausländer in der Bundesrepublik weiter deutlich mehr Kinder bekämen. Doch Petry verspricht Sicherheit, ihre Antwort heißt Abschottung: Die Grenzen müssten geschlossen und abgelehnte Asylbewerber konsequent abgeschoben werden. Das Asylrecht soll nach ihren Vorstellungen von einem einklagbaren Recht in ein "Gnadenrecht des Staates", gegen das kein Einspruch möglich ist, umgewandelt werden. Petry tritt in Plauen nicht nur als selbstbewusste Nationalistin auf, sondern auch organisiert und pragmatisch. Bei der anschließenden Fragerunde steht sie auf: "Mein Generalsekretär übernimmt mal kurz. Aber mein Sohn brüllt und dann bin ich nicht entspannt." Nach gut 20 Minuten ist die fünffache Mutter vom Stillen ihres Babys zurück auf der Bühne. 

Frauke Petry wuchs im brandenburgischen Chemiestädtchen Schwarzheide auf. 1989 kehrte ihr Vater, der die DDR ablehnte, nicht von einer Besuchsreise in den Westen wieder. Anfang 1990 folgte ihm die Familie nach. Nach dem Abitur im Ruhrgebiet erhielt sie ein Hochbegabtenstipendium und studierte Chemie im englischen Reading und in Göttingen. Petry heiratete einen Pfarrer, promovierte und machte sich mit einer Idee ihrer ebenfalls als Chemikerin tätigen Mutter selbständig: Neuartige Reifenfüllmittel für große Baumaschinen. Aufgrund der Fördermöglichkeiten zog sie mit der Firma nach Leipzig. Die Kinder baute sie in ihre Karriere ein, ohne diese zu unterbrechen.

2013 findet die bis dahin parteilose Petry zur neugegründeten AfD, weil sie sich an der vermeintlichen "Alternativlosigkeit" zum Euro-Rettungsschirm stört. Beim ersten Bundesparteitag wird sie zur Stellvertreterin von Parteichef Bernd Lucke gewählt. Dessen Anti-Euro-Kurs reicht dem rechten Flügel der Partei bald nicht mehr aus. Petry, deren Firma inzwischen Insolvenz anmelden musste, erscheint wie die ideale Kompromisskandidatin: Eine gemäßigte Nationalistin, die 2014 ihre Partei mit fast zehn Prozent ins sächsische Parlament geführt und eindrucksvoll bewiesen hat, dass sie auch bürgerliche Wählerschichten ansprechen kann. Auf dem Bundesparteitag im Sommer 2015 verdrängt sie Parteigründer Lucke von der Spitze. Seither ist sie die beliebteste Politikerin der AfD, auch wenn sie sich in der Partei viele Feinde gemacht hat. Unter Verweis auf nötige Realpolitik versuchte sie mehrfach, offen rechtsaußen argumentierende AfD-Größen wie Björn Höcke und Jens Maier aus der Partei ausschließen zu lassen. Bisher scheint sie sich mit diesem Ansinnen nicht durchsetzen zu können. 

Petry setzt nicht nur auf Anti-Asylpolitik, sie wirbt auch für eine Ausdehnung des Ehegatten-Splittings auf Familien, um Eltern zu entlasten. Neben ihrem Listenplatz bewirbt sie sich außerdem um ein Direktmandat: Im Wahlkreis Sächsische Schweiz ist sie die prominenteste Kandidatin. Bisher ging der Sitz immer klar an die CDU. Allerdings hat Petra ihre Partei auch im Wahlkreis nicht geschlossen hinter sich: Anhänger von Höcke und dessen Dresdner Gefolgsmann Jens Maier versuchten, ihr die Kandidatur streitig zu machen. Der Antrag fand aber auf dem Kreisparteitag keine Mehrheit.

Nach ihrem erwartbaren Einzug in den Bundestag stehen drei wichtige Entscheidungen für Petry an : Sie wird zeigen müssen, ob sie sich auch in einer wahrscheinlich von Parteirechten dominierten Fraktion durchsetzen kann. Ihr Machtkampf mit dem Rechtsaußenflügel der Partei, den Björn Höcke, André Poggenburg und Alexander Gauland anführen, wurde vor der Wahl auf Eis gelegt - entschieden ist er längst nicht. Offen bleibt auch, ob Petry sich einem Strafprozess stellen muss. Ihr droht eine Anklage wegen des Verdachts auf Meineid oder fahrlässiger Falschaussage vor dem Wahlprüfungsausschuss des sächsischen Landtages. Zwar ist Petrys Immunität inzwischen aufgehoben, doch alles weitere wird davon abhängen, ob die Dresdner Staatsanwaltschaft ihr tatsächlich Vorsatz oder fehlende Sorgfalt nachweisen kann.

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