Weltflüchtlingstag Arche Nova fordert mehr Weitsicht in der Flüchtlingshilfe

20. Juni 2015, 15:08 Uhr

Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR waren Ende des vergangenen Jahres weltweit fast 60 Millionen Menschen auf der Flucht vor Krieg und Gewalt. Die Zahl ist so hoch wie nie zuvor. Auch in Sachsen ist die Not der Menschen ein großes Thema - auf Seiten der Helfer genauso wie auf Seiten der Flüchtlinge, die im Freistaat Schutz suchen. Mehr als doppelt so viele Asylsuchende wie im Jahr davor kamen seit Beginn des Jahres im Freistaat an. Land und Kommunen stellt das vor große Herausforderungen.

Anlässlich des Weltflüchtlingstags hat die Dresdner Hilfsorganisation Arche Nova mehr Weitsicht in der Flüchtlingshilfe gefordert. Vereinsreferentin Marina Thomopoulou sagte, Flucht sei ein Langzeitproblem und brauche langfristige Lösungen. 17 Jahre befänden sich Flüchtlinge Statistiken der Vereinten Nationen zufolge im Durchschnitt auf der Flucht. Deswegen reiche es nicht aus, wie die Feuerwehr in Krisengebieten aufzutauchen und mit schneller Nothilfe das Überleben der Betroffenen zu sichern. Es bedürfe stattdessen öffentlicher Gelder für längerfristige Maßnahmen wie etwa für den Auf- und Ausbau der Infrastruktur. Doch diese sähen die Förderrichtlinien nicht vor, so der Verein, der derzeit Hilfsprojekte in Syrien, Nordirak und Myanmar unterstützt.

Aufnehmende Gemeinden brauchen Unterstützung

Ein weiteres Problem sei die fehlende Hilfe für die neue Heimat der Flüchtlinge, sagt Marina Thomopoulou von Arche Nova. "Die aufnehmenden Gemeinden, Regionen und Länder brauchen ebenfalls Unterstützung, damit die Neuhinzugekommenen als Chance für die Gemeinschaft begriffen und nicht ausgegrenzt werden." Eine Forderung, die auch in Sachsen auf fruchtbaren Boden fallen dürfte. Auch hier fühlen sich Landkreise und Gemeinden zunehmend überfordert von dem weiter anwachsenden Flüchtlingsstrom. Bis Mai kamen in Sachsen nach Angaben der Landesdirektion mehr als 8.000 Flüchtlinge an. Im Jahr davor waren es im gleichen Zeitraum etwas mehr als 3.000.

Zelte und Turnhalle als Notlösung in Chemnitz

Um den Menschen Obdach zu bieten, sieht sich der Freistaat zu Notlösungen gezwungen. In Chemnitz-Ebersbach sollen neu ankommenden Flüchtlinge etwa in Zelten unterkommen – fünf Zelte für je zehn Personen stehen bereits in der Erstaufnahmeeinrichtung am Adalbert-Stifter-Weg, bis zu 15 weitere will die Landesdirektion an diesem Wochenende in unmittelbarer Nachbarschaft auf dem Gelände der Bereitschaftspolizei aufstellen. Dort ist bereits die Turnhalle mit 90 Flüchtlingen belegt, die Menschen schlafen auf Feldbetten. Die Unterbringung in Zelten bringt für die Stadt Chemnitz das Fass zum Überlaufen: Oberbürgermeisterin Barbara Ludwig sprach von unmöglichen Zuständen für Flüchtlinge und Anwohner und drohte juristische Schritte an.

Unterkunftsnot auch im Erzgebirgskreis

Nicht nur in Chemnitz sorgt man sich um die Unterbringung der Menschen. Der Erzgebirgskreis etwa soll ab Montag wöchentlich zwischen 50 und 70 aus den Erstaufnahmeeinrichtungen kommende Asylsuchende aufnehmen - doch er weiß nicht wo. Landrat Frank Vogel sagte: "Wir haben ja von Anfang an auf die dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern bei uns im Landkreis gesetzt. Das ist auch in der Bevölkerung sehr stark akzeptiert. Aber die freien Kapazitäten gehen etwa Ende Juli zu Ende, die wir momentan haben." Er habe Bürgermeister und Oberbürgermeister gebeten, neuen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Auch die Finanzierung ist Vogel zufolge ein Kraftakt. Monatlich müsse der Kreis zur Betreuung von 1.600 Flüchtlingen rund 30.000 Euro vorstrecken.

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