Die sorbischen Gruppen Sprjewjan und Schmerlitz beim Festumzug in Bautzen
Bildrechte: Matej Zieschwauck (MDR)

Hintergrundwissen Die Sorben - Was? Wann? Warum?

Bekannt sind die Sorben hauptsächlich durch ihre reiche Folklore und Mythologie. Wer hat noch nicht die sorbischen Ostereier gesehen oder die Sage von Krabat gehört? Doch das ist nicht alles, was die Sorben ausmacht.

Wer sind die Sorben?

Die Sorben sind ein westslawisches Volk, das in der Lausitz zu Hause ist. In Sachsen leben die Obersorben, in Brandenburg die Niedersorben bzw. Wenden. Die kulturellen Zentren sind einerseits Bautzen, andererseits Cottbus. Die Sorben sind eine nationale Minderheit ohne eigenen Staat, ohne Mutterland oder gar Autonomiegebiete. Wie viele Sorben es noch gibt, kann nicht eindeutig gesagt werden, da deutsche Staatsbürger ihre Nationalitätenzugehörigkeit nirgendwo angeben müssen. Es wird jedoch geschätzt, dass es noch 20.000 aktiv sprechende Sorben gibt bzw. 60.000 nach subjektivem Zugehörigkeitsgefühl.

Waren die Sorben schon immer da?

Während der Völkerwanderung im 6. Jahrhundert kamen einige slawische Stämme in die Region zwischen Saale und Neiße. Als "Sorben" wurden die Verbände zwischen Saale und Mulde bezeichnet. Erst im Laufe des Mittelalters und der Frühen Neuzeit wurde der Name "Sorben" dann allmählich auf die in der Lausitz siedelnden Lusitzer und Milzener übertragen. Im 8. und 9. Jahrhundert gerieten sie in zunehmende Abhängigkeit vom (ost)fränkischen Reich und wurden in dieses eingegliedert. Ein eigener Staat konnte somit von Anfang an nicht entstehen. Die heute noch in der Lausitz lebenden Sorben sind also die Reste der westslawischen Stämme, die im frühen Mittelalter das Gebiet zwischen Ostsee und Erzgebirge besiedelten.

Was ist anders bei den Sorben?

Die Sorben haben eine eigene Sprache und Kultur, die nicht nur in verschiedenen Vereinen und Gruppen gepflegt wird, sondern noch lebt. Gerade deswegen fallen vielerorts im sorbischen Siedlungsgebiet in der Lausitz zweisprachige Ortsschilder und Bezeichnungen an öffentlichen Gebäuden in deutscher und sorbischer Sprache auf. Außerdem tragen vor allem in der katholischen Gegend ältere Frauen noch täglich die sorbische katholische Tracht, jüngere nur zu großen Feiertagen.

Dachverband und eigene Partei

Nicht alle, aber viele sorbische Bräuche werden im Alltag gepflegt: wie zum Beispiel die Vogelhochzeit, das Zampern, das Osterreiten, das Hexenbrennen, das Maibaumwerfen ...

In anderer Hinsicht unterscheiden sich die Sorben nicht von anderen Mitmenschen. Sie haben keine zusätzlichen Rechte, außer, dass die Sprache und Kultur gepflegt werden darf. Sie wird durch die Stiftung für das sorbische Volk gefördert. Dies ist in den Verfassungen Sachsens und Brandenburgs verankert.

Nach außen werden die Sorben durch die Domowina vertreten, gegründet 1912 als Dachverband von 31 sorbischen Vereinen. Während der Nazizeit 1937 verboten, wurde die Domowina 1945 wiedergegründet. 1991 hat sie sich neu konstituiert. Aus der zentralistischen Organisation zu DDR-Zeiten wurde wieder ein Dachverband von Vereinen und Vereinigungen. Er hat zurzeit rund 7.000 Mitglieder.

Neben der Domowina wurde 2005 in Cottbus die "Wendische Volkspartei" gegründet. 2010 wandelte sie sich unter dem neuen Namen "Lausitzer Allianz" zur regionalpolitischen Vereinigung mit je einem einem Regionalverband in der Ober- und Niederlausitz.

Alles nur Folklore und Brauchtum?

Die offensichtlichsten Merkmale der Sorben sind Sprache und Kultur, also das Brauchtum. Zum sorbischen Selbstbewusstsein gehört jedoch auch eine Menge moderner Einrichtungen. Dies sind nicht nur der Hörfunk (obersorbisch beim MDR, niedersorbisch beim RBB) und das Fernsehen (obersorbisch "Wuhladko" beim MDR, niedersorbisch "Łužyca" beim RBB), sondern auch andere Einrichtungen, die sich professionell mit der sorbischen Sprache und Kultur beschäftigen.

In Leipzig entstand zu DDR-Zeiten das Institut für Sorabistik an der Universität Leipzig, in Bautzen das Institut für Volksforschung, das Deutsch-Sorbische Volkstheater, das Ensemble für sorbische Volkskultur. Außerdem werden im Domowina-Verlag nicht nur neue wissenschaftliche Schriften, sondern auch Belletristik in ober- und niedersorbischer Sprache herausgegeben.