Gebietsreform in Thüringen Landesregierung zieht Klage gegen Volksbegehren zurück

14. Juni 2017, 06:56 Uhr

Die Thüringer Landesregierung zieht ihre Klage gegen das Volksbegehren zur Gebietsreform zurück. Innenminister Poppenhäger erklärte, sie habe sich in der Sache erledigt. Das Verfassungsgericht will dennoch verhandeln. Die Regierung sucht nach Wegen, die Reform noch zu retten. Mehrere SPD-Landräte fordern eine Verschiebung. Die Proteste gegen die Reform gehen weiter.

Ein Mann in Anzug und Krawatte steht an einem Pult und spricht in ein Mikrofon. Er macht mit der rechten Hand eine Bewegung.
Innenminister Poppenhäger: Die Klage hat sich erledigt Bildrechte: MDR/Karina Heßland

Die Landesregierung hat ihre Verfassungsklage gegen das Volksbegehren zur Gebietsreform zurückgezogen. Nach einer Sitzung des Kabinetts erklärte Innenminister Holger Poppenhäger (SPD), die Klage habe sich "mit der Nichtigkeit des Vorschaltgesetzes in der Sache erledigt“. Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hatte das Vorschaltgesetz in der vergangenen Woche wegen Formfehlern gekippt.

Verfassungsrichter verhandeln trotzdem

Die Weimarer Richter wollen dennoch ab Mittwoch verhandeln. Das Verfassungsgericht erklärte, bei einem berechtigten Interesse bestehe die Möglichkeit einer gerichtlichen Entscheidung. Innenminister Poppenhäger kündigte an, zusammen mit dem Prozessvertreter der Landesregierung an der Verhandlung teilzunehmen. Rot-Rot-Grün hatte verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Volksbegehren geltend gemacht. Hintergrund ist, dass Volksbegehren in Thüringen nicht in die Haushaltshoheit des Landtages eingreifen dürfen. Das Vorschaltgesetz zur Gebietsreform hätte jedoch Millionen-Zahlungen für freiwillige Gemeindefusionen vorgesehen.

Mohring: Klage war dreister Versuch

CDU-Fraktionschef Mike Mohring sagte, die Klage sei der dreiste Versuch gewesen, den Bürgern mit einem fadenscheinigen Argument die Mitsprache in Sachen Gebietsreform zu verweigern. Rot-Rot-Grün habe nun leider der Mut verlassen, dieses Argument auf den verfassungsrechtlichen Prüfstand zu stellen. Mohring sagte, es sei richtig, dass die Richter nun trotzdem hinschauen: "Eine Klärung ist im Interesse des Parlaments und der Bürger."

Mehr als 100.000 Unterschriften

Der Verein "Selbstverwaltung für Thüringen" hatte seit März mehr als 110.000 Unterschriften gegen die Gebietsreform gesammelt. Die Resonanz sei gigantisch und zeige, dass das Vorhaben der Landesregierung zur Zusammenlegung von Gemeinden und Landkreisen vom Gros der Thüringer nicht gewollt sei, erklärte der Verein. Auch nach dem Scheitern des Vorschaltgesetzes wollen die Gegner weiter Unterschriften sammeln. Nach eigenen Angaben wollen sie bis zum 20. Juli 200.000 zusammenbekommen.

Siegesmund deutet Änderungen an Reform an

Die Landesregierung bekräftigte unterdessen am Dienstag noch einmal, dass sie an der Reform festhalten wolle. "Wir suchen nach Wegen, um das jetzt zu ermöglichen", sagte Umweltministerin Anja Siegesmund. Die Grünen-Politikerin deutete aber auch an, dass es aus ihrer Sicht möglicherweise umfassende Änderungen an den bisherigen Pläne geben werde. "Man kann so eine Reform auch nicht gegen die Menschen machen."

SPD-Landräte wollen Reform verschieben

Eine Mehrheit der Thüringer SPD-Landräte hat sich einem Zeitungsbericht zufolge gegen eine Kreisreform noch in dieser Wahlperiode ausgesprochen. Die "Thüringer Allgemeine" schtreibt, von den fünf Landräten der SPD halte nur der Mühlhäuser Harald Zenker am Zeitplan fest. Der Nordhäuser Landrat Matthias Jendricke erklärte laut Zeitung, er rechne mit neuen Problemen, wenn die Regierung die Reform weiter durchziehe. So könnten zum Beispiel die Amtszeiten der Landräte, die Mitte 2018 ausliefen, nicht einfach bis ins Jahr 2019 hinein verlängert werden.

Tausende bei Montagsdemos gegen Gebietsreform

In Meiningen, Sonneberg und Schleiz sind derweil Tausende gegen die Gebietsreform auf die Straße gegangen.

Auf dem Marktplatz in Meiningen versammelten sich am Montag rund 2.500 Menschen zu einer parteiübergreifenden Kundgebung. In Sonneberg demonstrierten rund 3.800 Menschen. Der Coburger Landrat und SPD-Politiker Michael Busch erklärte, mit der Zerschlagung des Landkreises Sonneberg werde die gesamte Region geschwächt. In Schleiz stimmten rund 200 Demonstranten vor dem Landratsamt ein Trillerpfeifen-Konzert an. Die Kritiker der Gebietsreform wenden sich vor allem gegen zu große Kreise und befürchten eine Schwächung der Thüringer Gemeinden sowie des ländlichen Raumes.

Über dieses Thema berichtet MDR THÜRINGEN auch im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 13.06.2017 | 07:00 Uhr

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