Koalitionszoff wegen Gebietsreform Innenministerium wollte Linke und Grüne offenbar übergehen

18. April 2017, 21:25 Uhr

Harmonie sieht anders aus: Das Thüringer Innenministerium will am Mittwoch seine Pläne für den Zuschnitt der Kreise und die künftigen Kreisstädte im Zuge der Gebietsreform bekanntgeben. Seine Koalitionspartner wollte Minister Poppenhäger zunächst aber im Dunkeln lassen.

Der Dienstag begann zunächst gemächlich. Am Vormittag sickerte die Nachricht durch, dass die SPD-Landtagsfraktion am Mittwoch um neun Uhr ein Treffen mit Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) haben werde. Man wolle sich anschauen, welche Pläne der Innenminister bei der Kreisgebietsreform verfolge. Dann wolle man darüber diskutieren, verlautete aus der Pressestelle der Fraktion. Am Nachmittag dann nahm der Koalitionskrachzug Fahrt auf: das Innenministerium teilte mit, Minister Poppenhäger werde nach dem Treffen mit der eigenen Fraktion um elf Uhr eine Pressekonferenz geben. Dann werde der Minister seinen Entwurf für den Zuschnitt der neuen Kreise und die neuen Kreissitze vorstellen.

Vom Koalitionspartner übergangen

Daraufhin schrillten bei den Fraktionen von Linken und Grünen die Alarmglocken. Ein Abgeordneter der Linken schimpfte, der Innenminister wolle offenbar einen Koalitionspartner gesondert behandeln. Dirk Adams, Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen, wurde noch deutlicher. Er könne nicht glauben, dass der Innenminister hier zwei Koalitionsfraktionen einfach übergehen wolle, sagte Adams MDR THÜRINGEN. Schließlich brauche Poppenhäger die Stimmen von Linken und Grünen, um die Kreisgebietsreform vom Landtag beschließen zu lassen. "Andernfalls", so Adams wörtlich, "wird das eine sehr schwierige Situation für die Koalition. Das Wort 'schwierig' ist dabei dreimal unterstrichen."

Klarer kann man mit einem handfesten Krach nicht drohen. Der Ärger der Koalitionspartner war auch verständlich: immerhin wollen Linke, SPD und Grüne den Entwurf für die Kreisgebietsreform am kommenden Montag im Koalitionsausschuss diskutieren. Auch, um dort eventuell noch Änderungen am Entwurf vorzunehmen. Mit der "Sonderbehandlung" der SPD-Fraktion und der anschließenden Pressekonferenz drohten Linke und Grüne aber von der Diskussion ausgeschlossen zu werden - für die Koalitionspartner ein Affront.

Innenministerium beugt sich dem Druck

Was genau dann hinter den Kulissen geschah, ist ungewiss. Am Ende musste sich das Innenministerium jedenfalls dem Druck der Fraktionen von Linke und Grünen beugen. Am späten Dienstagnachmittag wurde ein Kompromiss gefunden, der lautet: am Mittwoch um neun Uhr wird Innenminister Poppenhäger alle drei Regierungsfraktionen gleichzeitig über seine Kreisgebietsreformpläne informieren. Danach wird er um elf Uhr bei einer Pressekonferenz den Journalisten Rede und Antwort stehen. Harmonie sieht anders aus. Vom rot-rot-grünen Einvernehmen des Herbstes 2014 ist nicht mehr viel übrig.

Dass der Innenminister hier erst nach scharfem Protest die Koalitionäre von Linken und Grünen informiert, hat möglicherweise auch mit dem Streit zu tun, der seit Wochen innerhalb der Regierung schwelt. Für die Kreisgebietsreform liegen zwei Vorschläge auf dem Tisch: zum einen der Entwurf des Staatsrechtlers Bogumil, wonach der Landkreis Sömmerda mit den Kreisen Kyffhäuser und Nordhausen fusionieren soll. Zum anderen ein Alternativvorschlag der Wirtschaftsverbände, die für einen Zusammenschluss von Sömmerda, dem Kreis Weimarer Land und der Stadt Weimar plädieren. Während Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke) den Vorschlag der Wirtschaft favorisierte, hielt SPD-Innenminister Poppenhäger den Bogumil-Entwurf für die bessere Lösung.

Ramelow ist nicht dabei

Unklar ist, welche Rolle bei dem Beinahe-Koalitionskrach die Staatskanzlei spielte. Ein Sprecher sagte am Dienstagnachmittag lapidar, der Innenminister werde am Mittwoch seinen Entwurf für die Reform vorstellen, das sei seine eigene Sache. Der Ministerpräsident werde nicht an der Pressekonferenz teilnehmen. Fakt ist: Das Innenministerium und die Landesregierung stehen bei der Kreisgebietsreform erheblich unter Zeitdruck.

Die Reform muss in diesem Jahr beschlossen werden und Anfang 2018 rechtskräftig sein. Denn im nächsten Jahr werden in Thüringen in fast allen Landkreisen neue Landräte gewählt. Und dafür muss vorher Klarheit bei den neuen Kreisgrenzen herrschen. Auch aus diesem Grund will das Kabinett schon am kommenden Dienstag den Reformentwurf des Innenministers in einer ersten Lesung beraten.

Über dieses Thema berichtet MDR THÜRINGEN auch im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Fazit | 18.04.2017 | 18:00 Uhr

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