Justiz NPD-Landeschef Wieschke in Missbrauchsfall verwickelt

07. September 2014, 09:59 Uhr

Der Thüringer NPD-Vorsitzende Patrick Wieschke ist 2002 wegen anderer Straftaten einer Anklage wegen Kindesmissbrauchs entgangen. Der frühere Polizeichef von Eisenach, Raymond Walk, bestätigte MDR THÜRINGEN am Sonnabend die Echtheit von Ermittlungsakten, die auf einer antifaschistischen Internetseite veröffentlicht worden sind. Danach wurde gegen Wieschke 2001 und 2002 wegen des Verdachts auf sexuellen Missbrauch von Kindern, gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung ermittelt.

Wieschke wurde demnach angezeigt, als 20-Jähriger ein damals 12 Jahre altes Mädchen in seiner Wohnung eingesperrt, bedrängt und mit einem Messer verletzt zu haben. Im März 2002 wurde das Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft Mühlhausen eingestellt, weil zu diesem Zeitpunkt gegen Wieschke bereits Ermittlungen wegen eines Anschlags auf einen Eisenacher Döner-Imbiss liefen. 2002 wurde Wieschke unter anderem wegen dieses Anschlags zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.

Wie das Opfer den Tathergang bei der Polizei beschrieb

Den Akten zufolge hatte das 12 Jahre alte Mädchen Wieschke am 9. Juli 2001 zusammen mit ihrem Freund besucht. Sie sagte später bei der Polizei aus, nachdem der Freund gegangen sei, habe Wieschke die Wohnungstür verschlossen. Als ihr Vater angerufen habe, sei sie von Wieschke gezwungen worden, eine Ausrede zu erfinden. Dabei habe ihr Wieschke ein Messer an den Hals gehalten. Bei einem Gerangel nach dem Telefonat habe sie am Handgelenk eine Schnittwunde erlitten. Anschließend habe ihr Wieschke unter den Pullover gefasst und ihre Brust berührt. Sie habe sich heftig gewehrt, Prellungen erlitten und sich ins benachbarte Schlafzimmer geflüchtet, das sie von innen mit einem Schrank verbarrikadiert habe. Wieschke habe mehrfach erfolglos versucht, in das Zimmer einzudringen, und ihr mehrfach gedroht, sie umzubringen. Nach etwa vier Stunden habe er eingelenkt und sie gehen lassen.

Wie aus den Akten weiter hervorgeht, wurde Wieschkes Wohnung am 20. Juli 2001 von der Polizei durchsucht. Wieschke habe das Messer freiwillig herausgegeben und sei zudem vernommen worden. Dabei habe er das Mädchen beschuldigt, sie habe "ein intimes Verhältnis" mit ihm beginnen wollen. Als er erfahren habe, wie alt sie war, habe er sie zur Rede gestellt. Sie habe darauf hysterisch reagiert und sich die Schnittverletzung und die Prellungen selbst zugefügt.

Wieschke heute: Frühreifes Mädchen hat sich an mich herangemacht

Wieschke bezeichnete das Bekanntwerden des Falls am Sonnabend als "alten Wein in neuen Schläuchen". Er verwies auf die Einstellung des Verfahrens. Zugleich erneuerte er seine Version des Hergangs, wonach sich das "frühreife Mädchen" an ihn "herangemacht" habe.

§ 154 Strafprozessordnung - Teilweises Absehen von der Verfolgung bei mehreren Taten Nach Paragraph 154 der Strafprozessordnung kann die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung einer Tat absehen, wenn gegen den Tatverdächtigen wegen anderer Straftaten ermittelt wird und abzusehen ist, dass die Verurteilung wegen dieser Taten zu einer schwereren Strafe führen wird. Wörtlich heißt es in dem Paragraphen:

"(1) Die Staatsanwaltschaft kann von der Verfolgung einer Tat absehen,

1. wenn die Strafe oder die Maßregel der Besserung und Sicherung, zu der die Verfolgung führen kann, neben einer Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten wegen einer anderen Tat rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, nicht beträchtlich ins Gewicht fällt oder

2. darüber hinaus, wenn ein Urteil wegen dieser Tat in angemessener Frist nicht zu erwarten ist und wenn eine Strafe oder Maßregel der Besserung und Sicherung, die gegen den Beschuldigten rechtskräftig verhängt worden ist oder die er wegen einer anderen Tat zu erwarten hat, zur Einwirkung auf den Täter und zur Verteidigung der Rechtsordnung ausreichend erscheint."

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