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Covid-19Wie ansteckend sind Corona-Geimpfte? Erste Daten aus Leipzig

06. Mai 2021, 11:09 Uhr

Die aktuell verfügbaren Impfstoffe gegen das Sars-Coronavirus-2 schützen in hohem Maß vor schwerer Erkrankung und Tod. Eine leichte Infektion und Vermehrung des Virus bei Geimpften können sie aber nicht komplett unterbinden. Leipziger Mediziner haben an geimpften Krankenhausmitarbeitern untersucht, wie leicht sie sich anstecken und das Virus weitergeben können.

Sollen Geimpfte Erleichterungen erhalten und wann können die Beschränkungen für Gastronomie, Kultur und Sport wieder aufgehoben werden? Der aktuelle Fortschritt beim Impfen weckt viele Hoffnungen, dass die Beschränkungen zum Schutz vor dem Coronavirus rasch aufgehoben werden können. Doch Leipziger Wissenschaftler warnen jetzt vor vorschnellen Lockerungen. Der Grund: Das Virus kann sich trotz Impfung noch in den Rachenschleimhäuten vermehren, Geimpfte können die Infektion daher noch weitergeben, auch wenn sie selbst nichts davon spüren. Das zeigen Mediziner des Leipziger St. Georg Klinikums und des Fraunhofer Instituts für Immunologie und Zelltherapie in einer neuen Studie, die zunächst als Preprint veröffentlich werden soll.

Geimpfte mit Biontech zu 80 Prozent vor Südafrika-Mutante geschützt

Mediziner um den Oberarzt Dr. Stephan Borte haben einerseits rund 100 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Klinik untersucht, die die beiden Dosen der mRNA-Impfung von Biontech/Pfizer ("Comirnaty") erhalten hatten. Andererseits verfolgten sie die Werte von Genesenen, die eine aktive Infektion hinter sich gebracht hatten. Die Forscher nahmen jeweils Blutproben und Proben von der Rachenschleimhaut, um die Entwicklung von schützenden Antikörpern gegen Sars-CoV-2 zu verfolgen. Diese Antikörper wurden im Labor des Fraunhofer Instituts auf ihre Fähigkeit untersucht, die aktuell zirkulierende B.1.1.7 Variante des Virus zu neutralisieren. In einem zweiten Test wurden sie auch mit der sogenannten Südafrikanischen Mutation B.1.351 konfrontiert, die der menschlichen Immunantwort teilweise ausweichen kann.

Im Ergebnis zeigte sich, dass die geimpfte Gruppe gut gegen die Viren geschützt war. Die Antikörper im Serum konnten die britische Mutation B.1.1.7 zu 99 Prozent neutralisieren und die südafrikanische Variante B.1.351 noch zu 80 Prozent. Allerdings fanden die Forscher diese Antikörper nicht im Speichel der Geimpften. "Das sogenannte Schleimhaut-Immunsystem wird durch die Impfung wahrscheinlich nicht so aktiviert, wie man sich das wünschen würde", erklärt Stephan Borte im Gespräch mit MDR AKTUELL. Das Virus könnte sich also im Rachen von Geimpften weiterhin vermehren und so auch übertragen werden.

Genesene zeigten je nach Schweregrad ihrer Covid-19 eine stark unterschiedliche Immunität. Hatten die Menschen nur eine relativ leichte Infektion mit Hals- und Gliederschmerzen sowie etwas Fieber durchgemacht, nahm die Zahl der schützenden Antikörper im Verlauf von sechs Monaten stark ab. Bei den Neutralisationstests gegen die Südafrikavariante B.1.351 zeigte sich dann nur noch ein Schutz von etwa 30 Prozent.

Die Pandemie ist noch nicht ausgestanden

Borte schließt aus den nun vorliegenden Daten, dass Öffnungsschritte erst ab einer Impfquote von etwa 50 Prozent der Bevölkerung denkbar seien. Dann seien "gut durchdachte Öffnungsszenarien und großräumige Pilotversuche sinnvoll". Bis dahin müssten auch Geimpfte weiterhin Masken tragen und die Abstands- und Hygieneregeln einhalten. Auch sei es weiterhin sinnvoll, Geimpfte zu testen. Bei der Planung des Sommerurlaubs müssten zudem die Inzidenzen an den Urlaubsorten beachtet werden. "Die Pandemie ist noch nicht ausgestanden."

Die Leipziger Forscher setzen ihre Studie weiter vor, um auch herauszufinden, ab wann weitere Auffrischungsimpfungen nötig werden könnten. Borte geht davon aus, dass man sich auf regelmäßige Boosts einstellen müsse, auch, um auf neue Varianten des Virus zu reagieren. Das müsse bei Impfstoffbestellungen berücksichtig werden.

Inzwischen entwickeln verschiedene Teams auch eine neue Generation von Covid-Impfstoffen, die als Spray oder als Schluckimpfung verabreicht und so auch für eine Immunität der Schleimhäute sorgen sollen. Erste Daten erscheinen vielversprechend, eine tatsächlich sterile Immunität, bei der Geimpfte niemanden mehr anstecken können, potenziell möglich.

(mdr-sachsen/mdr-aktuell/ens)

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