Screenshot eines Videospiels
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Glücksspiel in der DDR Polyplay - Spielautomaten aus der DDR

12. Oktober 2021, 15:42 Uhr

Wer im Osten hat in den Ferien oder im Jugendklub nicht mal an einer Warteschlange gestanden für ein Spiel am Polyplay? Die Spielautomaten, die ab 1985 gebaut wurden, standen in Ferienheimen, Hotels und Jugendklubs. Bis heute haben die zeitlosen Spiele ihre Fans.

Polyplay – so hieß der einzige in der DDR hergestellte Videospielautomat. Er wurde 1985 entwickelt und angefertigt im Kombinat "VEB Polytechnik und Präzisionsgerätewerk Karl Marx-Stadt" – pro Monat zehn Stück. Ein Automat kostete in der Herstellung 22.000 Mark, fürs Aufstellen und Betreiben war der VEB Staatszirkus der DDR zuständig. Der Polyplay war nicht für den Privathaushalt gedacht, sondern für Ferienheime, Jugendherbergen, Jugendklubs und Gaststätten. Ein Spiel kostete 50 Pfennig. Erstmals wurde der Polyplay 1986 auf der "Messe der Meister von Morgen" in Leipzig präsentiert.

Der Automat im Press-Span-Gehäuse hatte zunächst zwei Bedien-Elemente: Einen Spielknopf und einen Knopf als Steuerhebel. Außerdem gab es anfänglich acht Knöpfe zur Spielauswahl – genauso viele Spiele barg der erste Polyplay in sich: Hirschjagd, Hase und Wolf, Abfahrtslauf, Schmetterlinge, Schießbude, Wagenrennen, das Merkspiel und Wasserrohrbruch. Beim Nachfolgermodell wurden die Spiele zusammen mit einer kurzen Spielanleitung ins Bildschirmmenü aufgenommen und die Auswahlknöpfe waren Vergangenheit.

Fressen und gefressen werden

Optik und Action der ersten Bildschirmspiele ähneln denen im Westen: Im Osten frisst bei "Hase und Wolf" ein Hase in einem Labyrinth Erbsen, Möhren und Birnen. Der Name könnte angelehnt sein an den gleichnamigen beliebten Sowjet-Trickfilm. Im westlichen Pendant schluckt "Pacman" – ein fetter, gelber Punkt mit aufklappbarem Maul – Punkte und Gespenster, oder versucht ihnen zu entkommen. Der Hase im Osten versucht seinerseits, nicht von einem (und später mehreren) Wölfen verschlungen zu werden.

Auf- oder abwärts? Rechts oder links? 

Die Bewegungsabläufe der ersten Spiele auf Fernsehmonitoren waren einfach: hoch, runter, rechts links. Entsprechend eckig kriechen die Rennwagen beim Autorennen um die Kurven. Bei der "Hirschjagd" bewegt sich der Jäger in der Mitte des Bildschirms per Joystick quälend langsam auf- und abwärts. Schießen kann er nur nach rechts oder links. Sein Zielobjekt, der Hirsch, rutscht derweil genauso gemächlich zwischen der Deckung dürrer Tannenbäumchen auf und nieder, mal rechts, mal links vom Jäger. Das erinnert an die Tele-Tennisspieler im Westen: "Pong" hieß das Spiel, bei dem ein oder zwei Spieler einen quadratischen Tennisball entsetzlich langsam über das Netz schickten - mit kleinen, senkrechten Balken als Schlägern. Immerhin – hierbei ließ sich noch die Geschwindigkeit einstellen und man musste dafür nicht Schlange stehen - die frühen West-Spielekonsolen wurden Zuhause einfach ans Fernsehgerät angeschlossen.

Aus dem Leben gegriffen: Wasserrohrbruch 

Im Spiel "Wasserrohrbruch" ist im Zimmer über dem Spieler ein Wasserrohr geplatzt, der Spieler muss die Wassertropfen mit einem Eimer auffangen und den Eimer, bevor er voll ist, zum Kellerfenster hinaus ausschütten. Man könnte unterstellen, dass die Spielentwickler hier auf den  Zustand maroder und verfallender Häuser in der DDR anspielten.

Warum eigentlich "Polyplay"?

Der Name für das Spielgerät an sich ist eine interessante Mischung. Die griechische Vorsilbe "viele" wird gern genutzt im DDR-Sprachgebrauch - siehe "Polytechnische Oberschule" oder "Polylux“. In der zweiten Silbe des Spielautomaten, dem englischen Verb to "play" schwingt ein Hauch von großer, weiter Welt mit.

Klangkulisse: Ein Jäger in Kurpfalz

So richtig weit hinaus in die Welt geht es beim Klang dann aber nicht - passend zur Hirschjagd tönt der "Jäger aus Kurpfalz" als Einstieg und bei "Hase und Wolf" erinnert der Einstiegssound an den Kinderreim "Ringel-Ringel-Reihe". Beim Schießbudenspiel kam mit dem klassischen Schießbudenklang daher: schriller Elektroniksound, als werde eine "Walzerfahrt" auf dem Rummel eingeläutet. Spielt man die Spiele heute am Computerbildschirm mit Kopfhörer, kann einem allein schon vom Zuhören schwummrig werden - wenn einen nicht vorher die langsamen Bewegungen des Hirsches einschläfern oder die Tonfolgen beim Merken von Raute, Punkt, Dreieck, Sanduhr, Quadraten und Kreis beim Merkspiel. Zum Glück gab es da noch den Fehlersound - fies knarzende Laute, die an einen Geigerzähler erinnern oder einfach schrille Töne.

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