Steaua Bukarest - Ceausescus Verein erobert Europa

07. Oktober 2021, 15:47 Uhr

Dank einer starken Abwehr und eines mindestens ebenso großen Losglückes gewann Steaua Bukarest 1986 als erste Mannschaft aus Osteuropa den Europapokal der Landesmeister, den Vorläufer der Champions League.

Der rumänische Meister Steaua Bukarest war alles andere als der Top-Favorit im Europapokal der Landesmeister in der Saison 1985/1986. Das waren dann doch wieder die Teams mit den klingenden Namen: FC Barcelona, Bayern München, Juventus Turin... Steaua galt damals als eine solide Mannschaft mit einigen Klassespielern, die auch in den besten Vereinen im Westen hätten spielen können: Marius Lacatus etwa, Tudorel Stoica oder Torwart Helmuth Duckadam. Ein Vordringen ins Halbfinale wurde der Mannschaft, die von Valentin Ceausescu, dem Sohn von Diktator Nikolai Ceausescu, protegiert wurde, durchaus zugetraut.

Losglück

Doch die Balltreter aus dem Bukarester Stadtteil Steaua wuchsen in dieser Saison über sich hinaus, wobei man ehrlicherweise einräumen muss, dass sie auch großes Losglück hatten. Bis ins Achtelfinale traf Bukarest auf eher zweitklassige Teams aus Dänemark und Finnland, die den Rumänen nur wenig Mühe bereiteten. Im Halbfinale trafen sie dann auch nicht auf Turin oder Barcelona, sondern auf den belgischen Meister RSC Anderlecht, der aber immerhin die Bayern aus dem Pokal geworfen hatte. Nach einem 0:0 in Bukarest gewann Steaua das Rückspiel in Anderlecht nach einer Abwehrschlacht und einem Kontertor kurz vor Spielende mit 1:0. Bukarest hatte sich ins Finale gekämpft. Der Gegner - der elegante Weltclub FC Barcelona.

"Nichts Erwähnenswertes"

Eine Überraschung schien beim Finale im Estadio Ramon Sanchez Pizjuan zu Sevilla am 7. Mai 1986 ausgeschlossen. Zu übermächtig schien der spanische Meister FC Barcelona. "Auf geht's, Barca, es ist doch unmöglich, den Pokal nicht zu gewinnen!", titelte eine katalanische Sportzeitung. Doch es sollte anders kommen. Barcelona, angeführt von ihrem deutschen Kapitän Bernd Schuster, spielte ohne Esprit, ohne Durchschlagskraft, ohne Ideen. Bukarest verlegte sich ganz aufs Verteidigen. Und die Katalanen konnten das Abwehrbollwerk der Bukarester nicht durchdringen. Nicht in 90 Minuten und auch nicht in der Verlängerung. Ein UEFA-Bericht schilderte nüchtern das eher unansehnliche Spiel: "In andalusischer Hitze passierte 120 Minuten, die geprägt waren von unerklärlichen Patzern der Katalanen und vom abgeklärten Defensivspiel der Rumänen, nichts Erwähnenswertes."

Nur zwei Elfmeter verwandelt

Die Entscheidung musste per Elfmeterschießen fallen. Und das bot dann allerdings Erwähnenswertes. Die ersten vier Elfmeter wurden von den Torhütern gehalten. Dann verwandelte Marius Lacatus seinen Elfmeter. 1:0 für Bukarest. Anschließend hielt Steaus Torhüter Duckadam einen weiteren Elfer, während Balint traf. 2:0 für Bukarest. Nun musste Barcelonas Marcos Alonso treffen, um seinen Club wenigstens im Spiel zu halten. Doch Alonso scheiterte am überragenden Duckadam. Das Spiel war entschieden - 2:0 für Bukarest. Steaua war die beste Mannschaft Europas. Und ihr Torwart Duckadam "der Held von Sevilla", wie die rumänischen Zeitungen am nächsten Morgen schrieben.

Gebrauchte Geländewagen als Siegprämie

Bei ihrer Ankunft wurden die Spieler von fast 20.000 Fans auf dem Flughafen Bukarest empfangen. Unter ihnen Nikolai Ceausescu und natürlich sein Sohn Valentin. Als Prämie erhielt jeder Steaua-Spieler einen ARO, einen rumänischen Geländewagen. Gestiftet wurden sie von der rumänischen Armee. Die Wagen waren allerdings nicht neu, sondern es handelte sich um außer Dienst gestellte Fahrzeuge. Gefreut haben sich die Spieler trotzdem, "denn die meisten Rumänen hätten sich zu jener Zeit gewünscht, einen solchen Wagen zu fahren", sagte Helmuth Duckadam, "der Held von Sevilla", Jahre später.

(SL)

Über dieses Thema berichtete der MDR im TV auch in "Windrose" 22.01.2012 | 16.05 Uhr