Historisches Gemälde der Herzogin Anna Amalia
Historisches Gemälde der Herzogin Anna Amalia Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Porträt Herzogin Anna Amalia: Mutter, Witwe und Regentin

Bereits mit 18 Jahren wurde Anna Amalia Regentin über Sachsen-Weimar-Eisenach. Sie schuf die Grundlage für die Entwicklung Weimars zu einem geistigen und kulturellen Zentrum.

Anna Amalia wurde am 24. Oktober 1739 als braunschweigische Prinzessin im Schloss Wolfenbüttel geboren. Sie war das fünfte der 13 Kinder von Carl I., Herzog von Braunschweig-Wolfenbüttel und Philippine Charlotte, geborene Prinzessin von Preußen.

Ausgeprägtes kulturelles Leben am Hof in Wolfenbüttel

Am Hof in Wolfenbüttel und Braunschweig erlebte Anna Amalia ein ausgeprägtes kulturelles Leben. Ihr Vater Carl I. förderte als aufgeklärt-absolutistischer Herrscher Kunst, Musik und Theater sowie den Ausbau des Schul- und Hochschulwesens im Land. Diese Erfahrungen prägten Anna Amalias spätere Politik als Regentin in Weimar. Ihre Ausbildung erfolgte jedoch nicht mit Hinblick auf eine spätere Herrschertätigkeit. Für sie war die Rolle der Ehefrau eines Fürsten und Mutter der Kinder vorgesehen. Trotzdem erhielten die Töchter des Herzogs am Braunschweiger Hof eine ebenso vielfältige und gründliche Ausbildung wie ihre Brüder. Das war zu dieser Zeit nicht an jedem Herzogshof üblich.

Unterweisung in den Naturwissenschaften und musischen Fächern

Noch vor ihrem dritten Lebensjahr übernahm der Abt Jerusalem, ein Berater des Herzogs, die Aufsicht über die Erziehung von Anna Amalia. Die Prinzessin hatte wie ihre Geschwister ein anstrengendes Unterrichtspensum zu bewältigen. Dazu gehörten die Naturwissenschaften und Sprachen (Deutsch, Latein, Englisch, Französisch) sowie Geschichte, Geographie und Religion. Außerdem hatte sie Zeichen- und Tanzunterricht, erlernte mehrere Musikinstrumente, Komponieren sowie die strengen Regeln des Hofzeremoniells.

"Man verheiratete mich so, wie man gewöhnlich Fürstinnen vermählt."

Am 16. März 1756 wurde die geborene Welfin von ihrem Vater mit dem 18-jährigen Herzog von Sachsen-Weimar-Eisenach vermählt. In ihren Lebenserinnerungen schreibt Anna Amalia dazu: "Man verheiratete mich so, wie man gewöhnlich Fürstinnen vermählt." Durch diese frühe Heirat wollte ihr Ehemann, der kränkliche Ernst August II. Constantin, die Erbfolge seines Hauses sichern. Die Hochzeit fand am prunkvollen Hof in Braunschweig statt. Danach fuhren die jungen Eheleute in das kleine Provinzstädtchen Weimar, der Residenz der Herzöge von Sachsen-Weimar-Eisenach.

Die junge Herzogin fand dort einen verwahrlosten Herzogshof vor. Durch die Misswirtschaft und die Bauwut des vorigen Herzogs Ernst August I. war das kleine Land völlig verarmt. Der Siebenjährige Krieg zwischen Preußen und Österreich, den Friedrich der Große wenige Monate nach der Hochzeit Anna Amalias im August 1756 eröffnete, brachte weitere wirtschaftliche Belastungen für das Herzogtum mit sich. Bis zum Kriegsende 1763 überzogen wechselnd französische, russische und preußische Truppen das Land. Sachsen-Weimar-Eisenach musste für den Unterhalt der Soldaten aufkommen und wurde dadurch stark in Mitleidenschaft gezogen.

Witwe, Obervormünderin und Regentin

Bereits im Jahr nach ihrer Hochzeit brachte Anna Amalia den ersehnten Erbprinzen zur Welt. Carl August wurde am 3. September 1757 geboren. Noch bevor ihr zweiter Sohn Constantin am 8. September 1758 geboren wurde, verstarb nach nur zweijähriger Ehe am Mai 1758 ihr Mann Ernst August. In einem Testamentszusatz hatte er seine Ehefrau Anna Amalia zur alleinigen Vormünderin des Erbprinzen Carl August erklärt. Bis zur Volljährigkeit ihres Sohnes sollte sie im Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach die Regierungsgeschäfte führen.

Dafür musste die achtzehnjährige Herzogin, die noch nicht mündig war, zuerst selbst vom Kaiser die Volljährigkeitserklärung erhalten. Bis zum Erhalt der Mündigkeit sollte ihr Vater in Braunschweig die Regentschaft übernehmen. Stellvertretend für ihn führte Graf Bünau, der unter Ernst August II. Constantin der erste Minister des Landes gewesen war, die Verwaltung des Herzogtums. Anna Amalia konnte sich in dieser Zeit auf ihre Tätigkeit als Regentin vorbereiten. Am 9. Juli 1759 übernahm sie im Alter von 19 Jahren von Graf Bünau die Regierungsgeschäfte. In ihrer Regierungserklärung heißt es:

Die Regentin will nach dem Exempel ihres hochverehrten Vaters Gnaden sich die Mühe nicht verdrießen lassen, alles mit eigenen Augen zu sehen, Ohren zu hören, und einem jeden aufmerksames Gehör geben.

Rückblickend schrieb Anna Amalia über diese Zeit:

In meinem 18. Jahre fing die größte Epoche meines Lebens an: Ich wurde zum zweiten Mal Mutter, wurde Witwe, Obervormünderin und Regentin.

Förderung von Kunst und Wissenschaft trotz finanzieller Misere

Ihre Regierungstätigkeit begann die junge Herzogin mit Einsparungsmaßnahmen, um die Folgen des Siebenjährigen Krieges und früherer Misswirtschaft zu beheben. Anna Amalia versuchte auch, Weimar ein städtisches Aussehen zu geben. Sie ließ beispielsweise die Scheunen innerhalb der Stadt abreißen und Straßenlampen aufstellen. Mit der Einrichtung einer Freischule versuchte sie, die Lebensumstände der ärmeren Bevölkerung zu verbessern. Die Regentin eröffnete eine Hebammenschule, um die hohe Mütter- und Kindersterblichkeit einzudämmen.

Wichtig war ihr trotz der finanziellen Misere des Staates die Förderung der Künste und Wissenschaften. Ab 1761 ließ sie das "Grüne Schlößchen", ein fürstliches Wohnhaus, zum Bibliotheksgebäude umgestalten. 1766 zog die frühere Bibliothek aus dem Stadtschloss in das neue Gebäude. Damit war eine öffentliche Nutzung des reichen Bestands der Bibliothek möglich. Die Regentin förderte auch die Universität in Jena.

Anna Amalia holt Dichter und Denker nach Weimar

Portrait von Anna Amalia von Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach
Portrait von Anna Amalia von Braunschweig-Wolfenbüttel, Herzogin von Sachsen-Weimar-Eisenach Bildrechte: IMAGO / imagebroker

Anna Amalia richtete 1771 im Schloss einen Theatersaal ein, in dem mehr als die Hälfte der Sitze für die Bürgerschaft geöffnet war und engagierte immer wieder Theatergruppen. Sie holte den Dichter Musäus nach Weimar, der auch für ihr Theater schrieb und mit einer Volksmärchensammlung berühmt wurde. Neben ihrer Regierungstätigkeit war der Herzogin vor allem die Erziehung ihrer Söhne wichtig. 1772 holte sie den Philosophieprofessor und Dichter Christoph Martin Wieland als Erzieher für den 15-jährigen Carl August nach Weimar. Wieland, der 1766 mit der "Geschichte des Agathon" den berühmtesten Roman seiner Zeit veröffentlichte, zog weitere Dichter an: 1775 kam Johann Wolfgang Goethe nach Weimar, ab 1776 war der Theologe und Philosoph Johann Gottfried Herder als Pastor an der Stadtkirche tätig.

Regierungsgeschäfte gehen an den Sohn Carl

Am 3. September 1775 übergab Anna Amalia die Regierungsgeschäfte an ihren volljährigen Sohn Carl August. Am Ende ihrer Regentschaft war Sachsen-Weimar-Eisenach ein relativ schuldenfreies und gut verwaltetes Herzogtum. Damit hatte Anna Amalia die finanzielle Grundlage für die Entwicklung Weimars zu einem geistigen und kulturellen Zentrum geschaffen.

Noch mehr Zeit für die Musen

Nach dem Rücktritt von der Regentschaft konnte sich die Herzoginmutter ihren Interessen im Bereich der Literatur, Kunst und Musik widmen, für die sie während der Regentschaft nur wenig Zeit gehabt hatte. Das Wittumspalais, in das sie nach dem Schlossbrand 1774 eingezogen war, wurde nun einer der Mittelpunkte Weimars. Hierhin lud sie Wieland, Goethe, Herder und andere Dichter, Künstler und Gelehrte zur "Tafelrunde" ein. Im Theatersaal des Hauses fanden die Aufführungen des Liebhabertheaters statt.

Im Sommer versammelte sich die gesellige Runde auf Einladung von Anna Amalia auf Schloss Tiefurt, dem Sommersitz der Herzogin außerhalb von Weimar. Hier wurde Theater gespielt, diskutiert und sogar eine Zeitung, das "Tiefurter Journal", herausgegeben. Über Anna Amalias Musenhof schrieb Wieland:

Eine Anstalt zur Beförderung der Fröhlichkeit und guten Laune, wo geklimpert, gegeigt, geblasen und gepfiffen wurde, dass die Engel im Himmel ihren Spaß daran hatten.

Anna Amalia geht auf Reisen

1788 begab sich Anna Amalia mit beinah fünfzig Jahren auf eine zweijährige Italienreise, was für Frauen ihres Standes damals nicht üblich war. Auf dem Weg nach Rom begleiteten sie ihre Hofdame Luise von Göchhausen, ihr Kammerherr von Einsiedel und ein Arzt. Herder schloss sich in Rom der kleinen Reisegruppe an. Wieder zurück aus Italien schrieb Anna Amalia einige kleine Abhandlungen, zum Beispiel über das "Verhältnis der Geschlechter" und "Gedanken über die Musik". Außerdem komponierte und zeichnete sie und hielt weiter ihre geselligen "Tafelrunden".

Letzte Ruhestätte in der Stadtkirche

Die letzten Lebensjahre der Herzogin waren durch die Auswirkungen der napoleonischen Kriege geprägt. Im Oktober 1806 rückten die Preußen in Weimar ein, kurz darauf die Franzosen. Das Wittumspalais blieb unbeschädigt, Schloss Tiefurt wurde jedoch geplündert. Wenige Monate nach der Schlacht von Jena und Auerstedt verstarb Anna Amalia am 10. April 1807 nach kurzer Krankheit. Die Herzogin wurde auf eigenen Wunsch in der Stadtkirche beigesetzt. Ihr Grabmal war das letzte in dieser Kirche, denn zu dieser Zeit wurden die Verstorbenen bereits auf dem Stadtfriedhof bestattet.

Goethe würdigte Anna Amalia in seinem Nachruf:

Der Lebenslauf der Fürstin verdient mit und vor vielen andern sich dem Gedächtnis einzuprägen, besonders derjenigen, die früher unter ihrer Regierung und später unter ihren immerfort landesmütterlichen Einflüssen manches Guten teilhaft geworden und ihre Huld, ihre Freundlichkeit persönlich zu erfahren das Glück hatten.

Literaturtipps Charlotte Marlo Werner, Goethes Herzogin Anna Amalia - Fürstin zwischen Rokoko und Revolution, Düsseldorf 1996.

Gabriele Henkel und Wulf Otte, Herzogin Anna Amalia - Braunschweig und Weimar, Stationen eines Frauenlebens im 18. Jahrhundert, Wolfenbüttel 1995.

Ursula Salentin, Anna Amalia. Wegbereiterin der Weimarer Klassik, Köln/Wien/Weimar 2001.

Über dieses Thema berichtete der MDR auch im TV: 20.02.2020 | 19:00 Uhr