Wahlkampffinanzierung Parteispenden durch Vereine können Herkunft verschleiern
Hauptinhalt
15. Mai 2024, 21:07 Uhr
Parteispenden sind in einem Superwahljahr wie 2024 keine Seltenheit, auch hohe Spendenbeträge nicht. Erhält eine Partei einzelne Spenden von mehr als 35.000 Euro, müssen diese der Bundestagsverwaltung unverzüglich angezeigt werden – mit Namen des Spenders. Das gilt zumindest bei Spenden von Einzelpersonen. Unklar ist die Rechtslage allerdings, wenn die Spende von einem Verein kommt – wie erst kürzlich im Falle der neu gegründeten Parteien Werteunion und Bündnis Sahra Wagenknecht.
- Die Werteunion hat Anfang März eine fünfstellige Parteispende von ihrem eigenen Förderverein erhalten, sie aber erst zwei Monate später offiziell angezeigt.
- Wird die Herkunft der Spenden nicht konkret angegeben, könnten illegale Parteispenden nach Ansicht von Transparency International verschleiert werden.
- Laut einer Verfassungsrechtlerin kann das nicht im Sinne des Parteispendenrechts sein.
50.000 Euro gingen Anfang März auf das Konto der Werteunion ein, der noch neuen rechtskonservativen Partei des ehemaligen Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maßen. Zwei Monate danach zeigte die Partei die Spende bei der Bundestagsverwaltung an. Eigentlich hätte sie das nach den geltenden Gesetzen unverzüglich machen müssen.
Konkrete Spender bislang unbekannt
Laut Werteunion sorgten technische Probleme und rechtliche Unklarheiten für die verspätete Meldung. Auffällig bei der Spende ist auch deren Absender: Der WerteUnion Förderverein e.V. Dieser Förderverein ist die Nachfolgeorganisation des WerteUnion e.V., aus dem wiederum die Partei im Februar hervorgegangen war.
Von welchen konkreten Personen die 50.000 Euro stammen, bleibt unklar. Auf Anfrage von MDR AKTUELL erklärt die Werteunion dazu schriftlich: "Der Verein erhebt von seinen Mitgliedern einen Mitgliedsbeitrag von derzeit 50 Euro. Somit erhält er jährlich Mitgliedsbeiträge von mehreren hunderttausend Euro."
Mögliche Verschleierung der Herkunft der Spenden
Dass die Werteunion ihre Spender nicht offen legen kann oder will, findet Sophie Schönberger problematisch. Für die Juristin und Professorin für öffentliches Recht an der Uni Düsseldorf reicht es nicht, dass bei der Spende nur der Verein angegeben ist: "Das ist wichtig, damit die Wählerinnen und Wähler nachvollziehen können, was es möglicherweise auch für wirtschaftliche Einflussnahmen gibt. Macht eine Partei bestimmte Entscheidungen oder vertritt sie bestimmte Positionen, weil sie das aus eigener Überzeugung möchte oder nimmt da möglicherweise jemand durch Geldflüsse Einfluss auf diese Partei?"
Auch Norman Loeckel von der Nichtregierungsorganisation Transparency International findet das Spendeneintreiben über Vereine fragwürdig. Eigentlich verbotene Spenden, wie etwa Spenden aus Nicht-EU-Ländern von mehr als 1.000 Euro, könnten so verschleiert werden. "Die Gefahr könnte natürlich sein, dass hier über russische Quellen - wahrscheinlich jetzt nicht den Staat, aber über Oligarchen oder Firmen von Oligarchen, alles schön verschleiert - die Gelder über diese Vereine an die Parteien doch am Ende fließen."
Dunkelgrauzone des Parteispendenrechts
Auch das Bündnis Sahra Wagenknecht hatte Spenden aus seinem eigenen Gründungsverein erhalten. Die Parteien bewegten sich dabei in einer gesetzlichen Dunkelgrauzone, erklärt Verfassungsrechtlerin Sophie Schönberger. "Man könnte sich auf den Rechtsstandpunkt stellen, dass das legal ist. Es gibt dazu bisher keine entsprechende Praxis und auch keine zahlreichen Gerichtsentscheidungen, die genau diese Fallkonstellation behandeln, aber nach dem Sinn und Zweck der Vorschriften kann das eigentlich nicht legal sein, weil es praktisch eine komplette Umgehung des ganzen Parteispendenrechts ermöglichen würde."
Die Bundestagsverwaltung sollte deshalb Strafen gegen die Parteien verhängen, findet die Wissenschaftlerin. Und falls das nicht gehe, müssten die Parteiengesetze geändert werden.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 15. Mai 2024 | 06:06 Uhr