Teasergrafik Altpapier vom 28. Mai 2021: Porträt Autor Ralf Heimann
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Das Altpapier am 28. Mai 2021 Weiterhin arm, plötzlich noch reicher

28. Mai 2021, 19:00 Uhr

Ein Schlagersänger macht Sat1 und einer Produktionsfirma schwere Vorwürfe. Man missbrauche traumatisierte Kinder für die Quote. Der Fall legt kaputte Strukturen offen und zeigt, wie man mit so etwas nicht umgeht. Ein Altpapier von Ralf Heimann.

Sozialpornografische Unterhaltung

Der Schlagersänger Matthias Distel, den einige unter dem Namen Ikke Hüftgold kennen, hat in dieser Woche bei Instagram ein 18-minütiges Video veröffentlicht, in dem er erklärt, warum er aus dem sozialpornografischen Unterhaltungsformat "Plötzlich arm, plötzlich reich" vorzeitig ausgestiegen ist. Um es schnell zu erklären: In der Show tauschen verhältnismäßig reiche Menschen etwa eine Woche lang für verhältnismäßig viel Geld die Wohnung mit armen Menschen, die dafür aber nur wenig Geld bekommen. Normalerweise erfährt man von den Gagen und Umständen der Drehs nichts, aber das ist in diesem Fall anders. Aurelie von Blazekovic schreibt heute auf der SZ-Medienseite, Distel hätte, wenn er sich bis zum Ende an die vereinbarten Regeln gehalten hätte, 47.500 Euro bekommen, die vierköpfige Familie wäre mit 1.500 Euro abgespeist worden, dazu hätte sie 2.400 Euro ausgeben dürfen, um eine kurze Woche lang auch so zu leben wie der Mensch, in dessen Rolle sie schlüpfen.

Natürlich, so funktioniert der Markt. Aber bevor wir zur eigentlichen Sache kommen, könnte man schon hier die Frage stellen, ob es sich tatsächlich um ein "Experiment" handelt, das erwachsene Menschen ja auch einfach absagen können, oder ob es hier auch darum geht, eine Notsituation auszunutzen. Ob die Familie aus fünf oder sechs Personen besteht, ist nicht bekannt, aber nehmen wir mal an, es sind fünf Personen. Dann liegt die Tagesgage bei den insgesamt neun angesetzten Drehtagen pro Person bei 33 Euro. In seinem Video schildert Distel auch, wie so ein Drehtag abläuft. Acht bis zehn Stunden am Tag würden Szenen gedreht, die dann oft sogar noch wiederholt werden müssten, damit später beim Schnitt auch ausreichend Material zur Verfügung stehe. Bei acht Stunden Arbeit wären wir dann pro Person bei etwas mehr als vier Euro die Stunde, brutto. Und die müssten dann später auch noch mit der Sozialhilfe verrechnet werden.

Würde man einen ehrlichen Namen für das Format suchen, er müsste lauten: "Weiterhin arm, plötzlich noch reicher".

Der Sender gibt einer Familie in einer Notsituation die Möglichkeit, die Würde ihrer Kinder zu einem Dumping-Lohn zu verramschen. Das hat nichts mehr mit unterschiedlichen Vorstellungen von Kultur oder Unterhaltung zu tun. Es ist schlicht ein voyeuristisches Pornoformat, in dem Menschen mit Geld Kapital daraus schlagen, dass arme Menschen sich nackt machen.

Aus einem Chatverlauf, den Matthias Distel veröffentlicht hat, geht hervor, wie skeptisch die Mutter war, überhaupt an dem Format teilzunehmen. "Mein Großer hat Angst zum Gespött von Deutschland zu werden (…)", schreibt sie dort zum Beispiel. Es wird beschwichtigt, ihr ausgeredet, alles nicht so wild, hatten wir schon mal, war da auch nicht so schlimm. Schließlich gelang es offenbar, die Familie zu überreden.

Was wussten Sender und Produktionsfirma?

Und damit wären wir beim eigentlichen Thema. Aurelie von Blazekovic schreibt:

"Ob man die Kinder im Alter von acht und zehn Jahren überhaupt 'rechtlich und moralisch gesehen in ein Fernsehformat ziehen kann, bei dem acht Tage am Stück' viele Stunden gedreht werde? Wurde überprüft, ob sie dem Drehstress ausgesetzt werden können? Distel stellt Fragen, die man vielen Reality-Formate stellen müsste."

In diesem Fall kommt hinzu, dass es sich um Kinder handelt, die offenbar schwere Missbrauchserfahrungen hinter sich haben. Das erfuhr Distel allerdings nicht vorab in einem Briefing, sondern, so schildert er es, erst in der Wohnung, als alles schon begonnen hatte und er abends einen Blick auf den Familienkalender warf. Dort sah er die psychologischen Behandlungstermine der Kinder und der Mutter.

Man kann die Antwort auf die von Distel gestellten Fragen in einem Punkt klar beantworten: Nein, moralisch ist es nicht vertretbar, Kinder im Alter von acht bis zehn Jahren so einem Format auszusetzen.

Doch es ergeben sich weitere Fragen: Wusste die Produktionsfirma vom Missbrauch? War der Sender über das alles informiert?

Zunächst zum Sender Sat1, der ja unter dem gleichen Dach zu Hause ist wie die Schwester Prosieben, wo man sich zuletzt sehr viel Mühe gab, aus der Unterhaltungsschmudelecke herauszukommen, zum Beispiel mit einer siebenstündigen Pflegedoku. Aurelie von Blazekovic schreibt:

"Auf Nachfrage bestätigt der Sender (also Sat1, Anm. Altpapier), dass er ebenfalls schon vor dem Dreh wusste, dass die Kinder psychologisch betreut werden. Ob man auch von der häuslichen Gewalt wusste? Dazu kein Kommentar."

Das steht dann wiederum kommentarlos am Ende, aber es wäre eine wichtige Frage, die jetzt geklärt werden muss.

Andrea Schönhuber, Chefin der Produktionsfirma Imago TV, die für das Format verantwortlich ist, hat zu Beginn der Woche im Gespräch mit Timo Niemeier für DWDL gesagt, man habe erst während des Drehs von den Missbrauchsvorwürfen erfahren. "Vorher habe man nichts davon gewusst", schreibt Niemeier. Der SZ sagte sie später, "von einer Geschichte häuslicher Gewalt und der psychischen Instabilität der beiden jüngeren Kinder" hätten die zuständigen Mitarbeiter der Firma schon gewusst, "aber nicht vom Ausmaß". Das klingt etwas anders.

Matthias Distel verweist im Video (8.45 min) auf eine Nachricht einer Redakteurin, in der sie schon früher, also vor dem Dreh, in dem Distel von den Missbrauchsvorwürfen erfuhr, ihren Unmut darüber geäußert habe, "dass mit traumatisierten Kindern gedreht wurde".

Was man sagen kann: Ein gravierendes Versäumnis ist hier in jedem Fall passiert. Es seien zwar vorher "lange Gespräche mit allen Beteiligten" geführt worden, sagt Schönhuber laut DWDL, um auszuschließen, "dass Menschen ins Fernsehen gebracht werden, 'die sich in so schwierigen Lebenssituationen befinden, die der Öffentlichkeit nicht unterbreitet werden sollen'". Aber: Die Kinder leben in einem prekären Umfeld, das spektakulär genug ist, um es ins Fernsehen zu bringen. Eine Redakteurin hat der SZ gesagt: "Die Familien werden mit Absicht so ausgewählt, dass man ihre Armut bebildern kann." Die Kinder sind gerade acht und zehn Jahre alt. Der Vater ist nicht da, das wird der Redaktion hoffentlich aufgefallen sein. Und die Kinder befinden sich in psychologischer Behandlung. Wenn sie sich nicht in einer schwierigen Lebenssituation befinden, wer dann?

Andrea Schönhuber räumt im Nachhinein gegenüber der SZ ein: "Nach den internen Standards der Firma hätte sie (die Familie, Anm. Altpapier) nicht gecastet werden dürfen." Aber wie glaubwürdig ist das?

Freiläufer

Es könnte sein, dass hier ein paar unglückliche Umstände zusammengekommen sind, die sich auf bedauerliche Weise verkettet haben. Man hat die Dinge falsch gedeutet, etwas falsch eingeschätzt, so möchte es Imago TV darstellen. Was Matthias Distel in seinem Video schildert, deutet eher darauf hin, dass die Produktionsgesellschaft Risiken inkauf nahm oder ignorierte, um den Erfolg der Dreharbeiten nicht zu gefährden. Distel schildert, dass man ihn aufforderte, mal etwas bessere Laune zu haben, damit sich alles zu einem Happyend entwickle, und er erzählt, wie erst die Redakteurin vor Ort und später auch der zuständige Mitarbeiter in Distels Wohnung offen über das redete, was passierte.

Es sei das Wort 'Freiläufer' gefallen. "Dieser Begriff findet laut meiner Recherche bei Dreharbeiten Anwendung, wenn Risiken bekannt sind, aber bewusst ignoriert werden, in der Hoffnung, dass alles gut geht", sagt Distel (10.50 min). Schon, dass es diesen Begriff gibt, deutet darauf hin, dass es sich in der Branche wohl nicht um eine seltene Ausnahme handelt. Schon vor dem Dreh hatte die Redaktion der Mutter laut Chatprotokoll gut zugeredet und gesagt, auch in der Folge mit dem Sänger Marc Terenzi habe es ähnliche Problem gegeben. "Da hatte der Junge auch immer mal Ausfälle, aber das ging dann in der Woche", so steht es dort.

Dies alles erinnert an andere Fälle, die auf den ersten Blick überhaupt nichts miteinander zu tun haben. Im Januar 2019 war herausgekommen, dass der WDR in seinen Vorzeige-Dokus "Menschen hautnah" teilweise mit Scripted-Reality-Methoden arbeitete. Ein völlig anderes Genre, ein völlig anderer Fall. Aber auch hier stellte sich erst in der Berichterstattung heraus, dass es mit den Dokus ein bisschen so ist wie mit Leberwurst vom Discounter: Man weiß nicht, was drin ist, und wie es hergestellt wird. Man will es aber am liebsten auch gar nicht wissen.

Die Ansprüche an ein journalistisches Format sind hier natürlich sehr viel höher und zur Unterhaltung gehört auch ein bisschen Illusion, das ist klar. Aber auch in Unterhaltungsformaten darf es nicht möglich sein, dass der Aufschrei nur deshalb ausbleibt, weil Verschwiegenheitsklauseln verhindern, dass es bekannt wird. Man kann niemandem verbieten, solche Klauseln zu schließen. Die Vereinbarungen haben sicher auch eine Berechtigung, wenn es darum geht, dass Inhalt und Ausgang der Shows nicht vor der Veröffentlichung bekannt werden. Aber es sollte im Interesse der Sender und Produktionsfirmen sein, die Klauseln so auszugestalten, dass deutlich wird: Wir wollen, dass bei der Produktion alles mit rechten Dingen zugeht.

Peinliche Katastrophe

Dass es dieses Interesse gibt, daran darf man zweifeln. Allein die Kommunikationspolitik des Senders Sat1 im Anschluss an Distels Enthüllungen ist eine, man muss es so nennen, peinliche Katastrophe. In einem ersten Statement bedankte sich der Sender noch bei Distel, "dass er uns über die Umstände bei Dreh zu 'Plötzlich arm, plötzlich reich' informiert hat. Man habe gleich danach begonnen, mit der Produktionsfirma und der Familienhilfe zu reden, um der Familie zu helfen und die Zusammenhänge aufzuarbeiten. Dann geht es gleich darum, deutlich zu machen, dass der Sender selbst nichts mit der Sache zu tun hat. "Aber es steht fest, dass Sat1 keine Sekunde dieser Folge zeigt."

Distel selbst kommentiert das Statement des Senders mit den Worten: "Diese Aussage ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten."

In einem weiteren Statement am Donnerstag ging der Sender gleich wieder in die Offensive. Man entschuldigt sich zwar für die "Fehleinschätzungen", schiebt den Schwarzen Peter aber rüber zu Distel aka Ikke Hüftgold.

"Wir bedauern zudem, dass Ikke Hüftgold mit seinen Äußerungen die Familie ungefragt in die Öffentlichkeit gebracht hat. Wir hatten uns um den gemeinsamen Drehabbruch herum gemeinsam darauf verständigt, insbesondere die Kinder zu schützen. Dazu gehört auch Privates privat zu lassen."

Um das etwas gerade zu rücken: Distel bringt nicht die Familie in die Öffentlichkeit, der Name ist nicht bekannt. Er macht einen Missstand öffentlich, so gut es geht, ohne zu viele Details zu nennen. Die Verweise, "insbesondere die Kinder zu schützen" und "Privates privat zu lassen" erscheinen in diesem Zusammenhang vollkommen bizarr.

Der Sender verschweigt in seinem Statement zudem, womit Distel es in seinem Video begründet, mit der ganzen Sache an die Öffentlichkeit zu gehen. Dort sagt er:

"Ich habe jetzt vier Nächte mit mir gerungen, ob dieses Thema an die Öffentlichkeit gehört. Schließlich wurde den Mitarbeitern hier vor Ort bereits am Dienstag Illoyalität gegenüber ihrem Arbeitgeber vorgeworfen, und zwar von der Chefetage, weil sie mir aufgrund meiner Entscheidung weitere Informationen geliefert haben. (…) Am Mittwoch habe ich in meiner Mail an die Verantwortlichen geschrieben, dass ich um interne lückenlose Aufklärung bitte und im Sinne aller Beteiligten kein Interesse an einer öffentlichen Diskussion habe. Meine Entscheidung habe ich trotz einer Antwort und vielen Eingeständnissen von Frau Schönhuber revidiert, weil ich bei meinen Recherchen auf einen ähnlichen Verstoß im Jahre 2011 derselben Firma, ebenfalls unter der Federführung von Frau Schönhuber gestoßen bin, und dadurch leider davon ausgehen muss, dass keine Lehren daraus gezogen wurden."

Notfallkoffer der Krisenkommunikation

Darauf, dass es hier zuallererst darum geht, Schaden vom Sender und von der Produktionsfirma abzuwenden, deutet nicht nur das Statement von Sat1 hin. Auch die Beteuerungen von Imago TV klingen wie zusammengebastelt aus dem Notfallkoffer der Krisenkommunikation, doch Aurelie von Blazekovic legt schon mit einer einfachen Nachfrage offen, dass die Statements möglicherweise auf ähnliche Weise zusammengeschludert sind, wie es nun bei den Unterhaltungshows erscheint.

Andrea Schönhuber hatte erklärt, die Tauschfamilie werde eng von der Familienhilfe des Jugendamts betreut. 

"Bei weiterer Nachfrage an Imago TV stellt sich heraus, dass man mit dem Sozialdienst aber nicht etwa direkt gesprochen hatte – sondern dass die Betreuerin der Familie in ihrer Nachricht nur gegenüber der Mutter auf ein Angebot reagiert habe, bei der Sendung mitzumachen. Darin habe sie abgelehnt, aber der Familie viel Spaß gewünscht."

Anders gesagt: "Eng betreut" hieß in diesem Fall: Man hatte die Betreuerin gefragt, ob sie nicht auch mitmachen wollen, aber sie hatte Nein gesagt, weil das Jugendamt, wie von Blazekovic ebenfalls in Erfahrung gebracht hat, von der Teilnahme an solchen Shows abrät.

Es entsteht der Eindruck, als wenn hier weiter nicht mit offenen Karten gespielt wird, sondern die Entschuldigung an die Familie eine der üblichen Floskeln ist, mit denen man die lästige Öffentlichkeit besänftigen kann, um so schnell wie möglich wieder zum Alltag zurückzukehren. Aber was wäre ein guter Umgang mit der Sache?

Peter Praschl schreibt in einem Beitrag für die Welt (€), es sei

"völlig klar, was Sat.1 jetzt tun müsste: Das Video zeigen, in dem der feinfühlige Mann, der sich Ikke Hüftgold nennt, erzählt, was ihm widerfahren ist, die ganzen 18 Minuten und 30 Sekunden, ohne Werbepause, Widerrede und Dramatisierung."

Große Hoffnung, dass das passieren wird, hat er allerdings nicht.

"Selbstverständlich wird das nicht geschehen. Der Spaß muss weitergehen. Und der Zuschauer nicht erfahren, wann Schluss mit lustig ist",

schreibt er. Man könnte aber auch ohne diesen Schritt mal die Frage stellen, um was für einen Beitrag es im Jahr 2011 ging, der Distel letztlich dazu veranlasste, an die Öffentlichkeit zu gehen. Gibt es vielleicht noch weitere Beispiele nach dem gleichen Muster? Wäre es vielleicht eine Gelegenheit, offen über die Bedingungen zu sprechen, unter denen solche Shows produziert werden? Wenn das passieren würde, und sich dabei herausstellen würde, dass dieser Fall eher keine Ausnahme ist, dann könnte das einen Imageschaden produzieren, der auch wirkliche Konsequenzen nach sich ziehen würde. Personelle Konsequenzen. Möglicherweise auch Folgen für andere Formate, die auf ähnliche Weise entstehen. Wollen wir aber nicht zu optimistisch sein. Vielleicht beginnen wir erst mal mit einer Diskussion.

Das Thema wird uns wohl erst mal noch bleiben. Matthias Distel hat Imago TV und Sat1 wie angekündigt verklagt

Nachtrag:

Die Produktionsgesellschaft Imago TV geht mit einer Unterlassungsaufforderung gegen Matthias Distel vor, wie Timo Niemeier für DWDL berichtet. Es geht wohl unter anderem um die Frage, was während des Drehs in Distels Haus passierte. Imago TV wirft Distel falsche Tatsachenbehauptungen vor. Distel hat für Montag via Instagram eine Erklärung angekündigt.

Altpapierkorb (Schröder vs. Überall, Neue Sprüchesendung, #Meinfernsehen2021, Peter Frey, Urheberrecht, Mannheim24)

+++ Götz Hamann und Jochen Bittner haben für die Zeit ein Streitgespräch mit Frank Überall, Chef des Deutschen Journalisten-Verbands, und der FDP-Politikerin Ria Schröder über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geführt, das im Grunde um die Frage kreist: Unterhaltung im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, ja oder nein? – und damit an das FAZ-Interview mit Wolfgang Kubicki vom Mittwoch anknüpft (Altpapier). Ein interessanter Punkt aber: Überall sagt bildlich, wenn die öffentlich-rechtlichen Sender "nur Bio- und Vegan-Produkte" (Information, Kultur und Bildung) verkaufen, aber keine "ungesunde Cola" (Unterhaltung), gingen die Menschen leider in einen anderen Supermarkt, also nicht zu ARD und ZDF. Vorher hatte er Schröder angehalten, mal über ihren Kulturbegriff nachzudenken, der ihm einigermaßen elitär erscheine. Aber sind Traumschiff und Helene-Fischer-Show denn ungesunde Cola? Also ist das nicht auch etwas elitär? Interessant ist aber in diesem Punkt auch das Verständnis, dass es einen Supermarkt brauche, der alles anbietet. Ria Schröder wendet ein: "Da unterschätzen Sie aber vor allem die jüngere Generation. Um in Ihrem Bild zu bleiben: Die geht nicht nur in einen einzigen Supermarkt, sondern nutzt die Angebote von fünf oder zehn verschiedenen Geschäften."

+++ Aus einer Infosendung zum Klima in der ARD wird wohl erst mal nichts. Der Sender erklärt in einer neuen Sendung mit dem Titel "Sprüche vor acht" nun erst mal Redensarten, meldet Uwe Mantel für DWDL.

+++ Was sagen eigentlich die Zuschauerinnen und Zuschauer, wenn man sich fragt, wie sie sich den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vorstellen? Das Grimme-Institut hat sie für das Projekt #Meinfernsehen2021 befragt. Über 700 Menschen haben mitgemacht. Die Ergebnisse sind zwar nicht repräsentativ, aber überraschend, berichtet Kurtz Sagatz für den Tagesspiegel. Sagatz: "So fand die Forderung nach vermehrter Einladung von Bürgern in Talkshows keine Mehrheit, referierte Grimme-Direktorin Frauke Gerlach. Die stärkere interaktive Einbindung der Zuschauer in solchen Diskussionsrunden wurde sogar mehrheitlich abgelehnt. Das galt auch für die Forderung, dass Serien und Filme stärker auf aktuelle gesellschaftliche Debatten und Probleme eingehen sollen."

+++ Shams Ul-Haq hat für die Verbandszeitschrift Journalistenblatt mit ZDF-Chefredakteur Peter Frey unter anderem über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk (PDF) gesprochen. Darin sagt er zwar, dass man auch mit der Pandemie-Leugnungsfraktions Gespräch kommen wolle, sie seien ja ebenfalls "Bürger dieses Staates". Er betont aber eben auch, dass es, vor allem mit Blick auf die AfD, eine Grenze gebe: "Es ist unsere Aufgabe, eine Grenze zu ziehen, und wer unsere parlamentarische Demokratie abschaffen will, der hat nicht automatisch Anspruch darauf, auf unserem Sender präsent zu sein."

+++ Das NDR-Medienmagazin "Zapp" hat einen 17-minütigen Beitrag über das neue Urheberrecht gedreht (Altpapier), in dem der Musikproduzent Frank Peterson, der Youtuber Rob Bubble, die ehemalige Piraten-Politikerin und Urheberrechtsexpertin Julia Reda und Sabine Frank von Youtube zur Wort kommen. Sehr ausgewogen und sehenswert.

+++ Boris Rosenkranz erklärt für Übermedien, wie das Portal Mannheim 24 es schafft, sich gleichzeitig darüber zu empören, dass Medien aus dem Tod des Fernsehmoderators Jan Hahn Kapital schlagen, und aus Jan Hahns Tod Kapital zu schlagen.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende. Neues Altpapier gibt es am Montag.

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