Das Altpapier am 16. August 2021 Verantwortungsfragen
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16. August 2021, 15:25 Uhr
Die Bundesregierung muss in Afghanistan Journalistinnen, Journalisten und Übersetzenden zu Hilfe kommen, ohne deren Unterstützung deutsche Medien in den vergangenen Jahren nicht berichten konnten. Zudem: die Rolle, die in weiten Teilen dysfunktionaler Journalismus bei den Geschäftsmodellen von Friedrich Merz und Hans-Georg Maaßen spielt; Hintergründe zur geplanten "Weltspiegel"-Verschiebung. Ein Altpapier von René Martens.
Inhalt des Artikels:
- Rückblick auf die "Afghanistan-Papiere"
- Wenn Medienhäuser an Maas und Merkel schreiben
- Merz und Maaßen und die Verantwortungslosigkeit des Journalismus
- Springers Mitregentschaft im deutschen Fußball
- Warum der "Weltspiegel" wirklich in die "Todeszone" soll
- Zeitungszukünfte
- Altpapierkorb (Pegasus-Nachklapp, KEF-Umbruch, WDR-Reihe "HerStory")
Rückblick auf die "Afghanistan-Papiere"
Welche "Fehler" "der Westen" in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Afghanistan gemacht hat - darum geht es derzeit in vielen Medienberichten, aber darum kann es in einer Medienkolumne wie dieser zwangsläufig nicht gehen. Was man an dieser Stelle aber tun kann: Daran erinnern, dass den Verantwortlichen zum Beispiel in der Bundesrepublik und den USA recht viel daran gelegen war, Medien daran zu hindern, ausführlich zu dokumentieren, was im Laufe der Jahre falsch gelaufen ist.
Erst 2020 ging ein langer Rechtsstreit zwischen dem Bundesverteidigungsministerium und der Funke-Mediengruppe zu Gunsten des Verlags zu Ende. 2013 hatte sie militärische Lageberichte aus Afghanistan, die für Bundestagsabgeordnete erstellt worden waren, offline nehmen müssen. Seit vergangenem Jahr sind sie nun wieder zugänglich, etwa bei fragdenstaat.de.
"Afghanistan-Papiere" anderer Art, genauer gesagt: "a confidential trove of government documents (that) reveals that senior U.S. officials failed to tell the truth about the war in Afghanistan (….), making rosy pronouncements they knew to be false and hiding unmistakable evidence the war had become unwinnable" veröffentlichte die Washington Post 2019. In diesem Fall dauerte der vorangegangene Rechtsstreit "nur" drei Jahre.
Craig Whitlock, Autor der Enthüllungsgeschichte für die Washington Post, veröffentlicht Ende des Monats ein Buch in dieser Angelegenheit. Hoffen wir für ihn, dass es in erster Linie zeitlos ist und nur wenige Passagen von der Wirklichkeit überholt wurden.
Wenn Medienhäuser an Maas und Merkel schreiben
Was die Entwicklung in Afghanistan auch bewirkt hat: Dass deutsche Medien zu einer "Maßnahme greifen" mussten, die es in dieser Form noch nicht gegeben hat. Es handelt sich um einen Offenen Brief an die "sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin" und den "sehr geehrten Herr Außenminister", hinter dem eine "gemeinsame Initiative" von Zeit, BDZV, Spiegel, Deutsche Welle, Deutschlandradio, dpa, Reporter ohne Grenzen, Stern, SZ, FAZ, taz, RTL, n-tv und Arte steht. Es ist ein Appell, nicht nur die einstigen sogenannten Ortskräfte der Bundeswehr im Blick zu haben, deren lebensbedrohliche Lage jetzt noch stärker thematisiert wird als beispielsweise vor einem Monat, sondern auch eine andere Gruppe von Menschen, die nun ebenfalls "akut gefährdet" ist:
"Unsere Berichterstattung, die die deutsche Öffentlichkeit und Politik mit Analysen, Erkenntnissen und Eindrücken aus dem Land versorgt hat, war nicht denkbar ohne den Einsatz und den Mut der afghanischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die uns vor Ort unterstützt haben: den lokalen Journalistinnen und Journalisten, Stringern, Übersetzern und Übersetzerinnen."
Die Unterzeichnenden fordern nun ein "Visa-Notprogramm" für diese Gefährdeten, und positiv erwähnen sie in diesem Zusammenhang die Biden-Regierung, die diese Gruppierung bereits in ihr "Flüchtlingsprogramm für Afghanistan" aufgenommen habe.
Hier ließe sich mit einer Forderung der Filmemacherin Ronja von Wurmb-Seibel anschließen, die eine Zeit lang in Afghanistan gelebt hat und Co-Autorin dieses herausragenden Dokumentarfilms ist. Konkret fordert sie u.a.:
"Ein groß angelegtes Resettlement-Programm für besonders Gefährdete: Journalist:innen, Künstler:innen, Aktivist:innen, Frauen - mit Evakuierung. Kanada hat gerade die Aufnahmen von 20.000 Menschen aus Afghanistan zugesagt, die besonders gefährdet sind: Journalist:innen, LGBTQIA. Deutschland hat locker die Kapazitäten für ein ähnliches Programm und hatte deutlich mehr Soldat:innen in Afghanistan stationiert als Kanada, hat also auch deutlich mehr Menschen gefährdet und trägt eine noch größere Verantwortung."
Als Kommentar zu den aktuellen politbranchenüblichen Heucheleien in Sachen Ortskräfte (zum Beispiel dieser) findet man auf Twitter derzeit oft den Verweis auf den Ausgang einer Abstimmung eines Antrags der Grünen-Bundestagsfraktion am 23. Juni. Die Fraktion hatte ein Gruppenverfahren zur "großzügigen Aufnahme afghanischer Ortskräfte" gefordert. Auf bundestag.de ist dazu notiert, was "nach halbstündiger Aussprache" dabei herauskam:
"Die Koalitionsfraktionen und die AfD lehnten den Antrag ab, die Linksfraktion stimmte mit den Grünen dafür, die FDP enthielt sich."
Aber: Die meisten Medien haben dies CDU, SPD und AfD damals durchgehen lassen, die Berichterstattung über diese Abstimmung war nach meinem Eindruck jedenfalls nicht allzu umfangreich (eine Ausnahme von der Regel: Deutsche Welle).
Merz und Maaßen und die Verantwortungslosigkeit des Journalismus
Das Thema False Balance haben wir im Altpapier schon oft ausführlich behandelt - im Oktober 2020 etwa sowie in diesem Jahr im Januar, im Juni und in der vergangenen Woche. In der Regel geht es dabei um Wissenschaftsthemen - und in diesem Bereich gibt es auch eine aktuelle weitere Auflage der False-Balance-Debatte (u.a. hier und hier) -, aber heute sei das Hauptaugenmerk auf "False Balance" im Zusammenhang mit Aussagen von Politikerinnen und Politikern gerichtet. Sie ist immer dann zu beobachten, wenn abstruse bis postfaktische Positionen auf eine Ebene gestellt werden mit Äußerungen, die auf der Realität basieren.
Peter Weissenburger beschäftigt sich für die taz konkret mit dem Unwillen vieler hiesiger Nachrichtenredaktionen, Falschbehauptungen als Falschbehauptungen zu bezeichnen. Als Beispiel nennt er den Umgang mit einem viral gegangenen Tweet von Friedrich Merz ("Ein grünes 'Einwanderungsministerium' soll möglichst viele Einwanderer unabhängig von ihrer Integrationsfähigkeit nach Deutschland einladen. Die Gender-Sprache soll uns allen aufgezwungen und das Land überzogen werden mit neuen Verhaltensregeln, Steuern und Abgaben").
Weissenburger dröselt nun auf, wie viele "Tatsachenbehauptungen" in diesem Tweet stecken:
"Erstens, dass 'möglichst viele' Einwanderer*innen eingeladen werden sollen. Zweitens, dass 'Gender-Sprache' aufgezwungen würde und drittens, dass das Land 'überzogen' werden würde mit Verhaltensregeln, Steuern und Abgaben. Das 'Soll' unterstellt dabei, dass ein konkreter Plan oder eine Absicht zumindest bei einflussreichen Grünen-Politiker*innen gegeben ist (…) Es handelt sich um eine zur Unkenntlichkeit übertriebene Wiedergabe der tatsächlichen Grünen-Pläne, jedoch dargestellt als Fakt. Journalistisch könnte das als 'Falschbehauptung' eingeordnet werden, als 'Lüge' ‚'Übertreibung' oder 'Verzerrung'."
Aber:
"Viele Medien (…) unterließen eine solche Einordnung. Zeit Online (zum Beispiel) titelte, die CDU 'polemisiere' gegen die Grünen. Die Einordnung von Merz' Behauptungen nimmt das Medium nicht selbst vor, sondern überlässt sie – vermeintlich neutral bleibend – zwei Grünen-Politiker*innen."
Auf das, was Verteidigerinnen und Verteidiger der hier kritisierten Berichterstattung mindestens implizit sagen, geht Weissenburger auch ein:
"Häufig begreift sich der Nachrichtenjournalismus als neutrale Bühne, auf der Streits ausgetragen werden. Die Bewertung einer Aussage, selbst wenn sie hanebüchend ist, verortet man ins Reich der Meinung. Tatsächlich wäre es Sache eines Meinungbeitrags, Merz zum Beispiel 'bewusstes Lügen' oder 'kalkulierte Hetze' zu unterstellen. Über Beweggründe zu spekulieren hat in der Textgattung Nachricht wirklich nichts verloren. Ob eine Tatsachenbehauptung stimmt oder nicht, lässt sich hingegen faktisch ermitteln."
Weissenburger erwähnt auch vergleichbar abstruse Äußerungen von Merz' Parteifreund Hans-Georg Maaßen (vgl. "Die Methode Maaßen", SZ vom Wochenende, Blendle-Link). Die dpa, so Weissenburger, habe Reaktionen darauf mit dem Schlagwort "Wirbel nach Maaßen-Kritik" angeteasert. Warum ist das problematisch? Weil die Formulierung "Kritik" die Position Maaßens "aufwertet, während 'Wirbel' die aller anderen abwertet".
Der taz-Redakteur betont:
"Das alles ist keine Frage von Meinung. Die Qualität oder den Wahrheitsgehalt einer Aussage zu benennen, ist nicht einmal eine Frage von politischer Haltung, sondern von journalistischer Analyse. Viele Redaktionen begreifen sich allein als ein 'Austragungsort' politischer Debatten. Aussagen werden wiedergegeben, Gegenstimmen eingeholt und das Ganze dann möglichst 'neutral' berichtet."
Die hier beschriebene Dysfunktionalität bzw. Verantwortungslosigkeit von großen Teilen des deutschen Journalismus ist jedenfalls eine unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die Geschäftsmodelle von M&M's (Merz & Maaßen) funktionieren. Aufmerksamkeitsökonomisch tun sie's ja zumindest. Ob sie für die beiden Christdemokraten auch in dem Sinne funktionieren, dass sie ihre Wahlkreise gewinnen, wissen wir am Abend des 26. September.
Springers Mitregentschaft im deutschen Fußball
Am Freitag startete die 1. Fußball-Bundesliga in die neue Saison, und in gewisser Weise passend dazu poppen seit dem Wochenende gleich in mehreren Berichten unschöne Details zum Themenkomplex Fußball und Medien auf.
Der Spiegel etwa macht einen Exklusivartikel (€) über einen 126-seitigen Bericht einer Beratungsfirma, in dem aufgedröselt wird, wie sich Deutschland durch Schmiergeldzahlungen die Austragung der WM 2006 sicherte, mit Details über die nun ja auch seit fast schon zwei Jahrzehnten nicht mehr existierende Kirch-Gruppe auf. "Mehr als zehn Millionen Euro" seien von dort auf verschiedenen Wegen an Schmiergeldempfänger geflossen, heißt es. Vieles, was in dem vom Spiegel ausgewerteten Untersuchungsbericht steht, ist zwar nicht neu. Dass er dennoch brisant ist, wird auch dadurch klar, dass der DFB die Veröffentlichung verhindern wollte.
Außerdem gab die Deutsche Fußball-Liga (DFL), in der die Vereine der 1. und 2. Liga zusammengeschlossen sind, am Wochenende bekannt, dass Donata Hopfen, die 14 Jahre lang in Diensten des Springer-Konzerns stand und von 2014 bis 2017 als Verlagsgeschäftsführerin der Bild-Gruppe war, Vorsitzende der Geschäftsführung der DFL wird.
Nun kommt Hopfen nicht direkt von Springer zur DFL, und sie kann auch nix dafür, dass der Bild-"Chefkolumnist" Alfred Draxler, eine der sinistersten Figuren des deutschen Sportjournalismus (siehe dazu etwa Texte Jürn Kruses für die taz und Übermedien), sie als "starke Frau" anpreist. Aber dass die Bild-Zeitung und andere Springer-Medien künftig weniger stark im deutschen Fußball mitregieren werden als sie es seit Jahrzehnten (unter anderem unter Einsatz prominenter Kolumnisten) tun - darauf kann man ja nun nicht unbedingt hoffen.
Angesichts dessen, dass Hopfen unter anderem Verlagsgeschäftsführerin der Bild-Gruppe war, "wird der eine oder die andere künftig schon genauer hinschauen, wenn es zum Beispiel um die Vergabe der Bewegtbild-Rechte der Bundesliga gehen wird", meint Peter Ahrens (Spiegel, €). Zumal sie in der genannten Position einst "auch mit der DFL den Kauf einiger Bundesliga-Fernseh- und Onlinerechte für Bild verhandelte" (Caspar Busse, SZ, €)
Ahrens erwähnt in seinem Text auch ein Porträt des Magazins Edition F von 2015, in dem Hopfen "sich selbst als 'durch und durch rot' beschreibt – und damit ist nicht die politische Farbe gemeint, sondern die der 'Bild'."
Warum der "Weltspiegel" wirklich in die "Todeszone" soll
Ein aus anderen Gründen gravierendes Detail zum Komplex Fußball und Medien findet sich in einem für die bisher nur für Abonnenten zu lesenden Medienkorrespondenz-Leitartikel, für den Dietrich Leder "die Strobl-Papiere" durchgearbeitet hat. In diesen Papieren geht es um die künftige "Programm- und Flottenstrategie" der ARD. Einer der vielen Aspekte, die Leder in dem Zusammenhang aufgreift, ist die geplante Platzierung der Sonntags-"Sportschau" auf dem bisherigen Sendeplatz des Weltspiegels, der statt dessen am späten Montagabend laufen soll - bzw. in der "Todeszone" (wie es die betroffenen Korrespondenten mit Blick auf die zu erwartenden Zuschauerzahlen auf dem von der ARD-Spitze anvisierten Sendeplatz formulieren).
Von der "Programm- und Flottenstrategie" war allgemein zuletzt in diesem Altpapier die Rede - und mit Blick auf die drohenden Konsequenzen für den "Weltspiegel" ausführlich hier und etwas kürzer hier.
Die ARD-Programmdirektorin Christine Strobl sagte in einem dpa-Interview vor einigen Wochen:
"Der Montag soll unser relevanter Informationstag werden. Im Anschluss an die 'Tagesthemen' können wir mit dem 'Weltspiegel' die ideale Verbindung herstellen, um aktuelle Themen aus der ganzen Welt einzuordnen und zu vertiefen."
Liest man den MK-Text, muss man diesen Satz wohl als Ablenkungsmanöver bezeichnen. Leder zitiert in diesem Zusammenhang aus einem Papier, das unter der Überschrift "Beschreibung des Mindestmengengerüsts für Das Erste und die ARD-Mediathek" steht (und das auch mir vorliegt):
"Um 19.15 Uhr soll die 'Sportschau' für einen starken Audience-Flow zur 'Tagesschau' sorgen. Die erforderlichen Rechte hat die ARD bereits erworben, sodass hier die Möglichkeit besteht, mit attraktiven Fußball-Zweitliga-Rechten ergänzt um weitere Sportarten zuschauerattraktive Rechte optimal einzusetzen."
Leders Analyse: Das "Versprechen mit einem besseren Audience-Flow" sei nur eine "Tarnung". Die ARD habe "teure Zweitrechte von der Fußball-Bundesliga und der Zweiten Liga erworben, die sie derzeit alle nicht so verwenden kann wie gewünscht". Ergo:
"Die geplante Verlagerung des 'Weltspiegels' dient also (dazu), Platz zu schaffen, um teure Sportrechte - in diesem Fall 'attraktive Fußball-Zweitliga-Rechte' - 'optimal einzusetzen'. Die (…) DFL, die diese Rechte an die ARD verkauft hat, dürfte diesen Wunsch geäußert haben. Und die ARD-Programmdirektion erachtet es als ihre Aufgabe, dem nachzukommen."
Um diese These zuzuspitzen: Die Interessen deutscher Fußballunternehmen zu bedienen ist den ARD-Hierarchinnen und Hierarchen wichtiger als zur besten Sendezeit ein Auslandsmagazin auszustrahlen.
Zeitungszukünfte
Über die Planungen für eine Genossenschaft beim ND konnte man an dieser Stelle schon öfter etwas lesen, zum Beispiel hier. Am Wochenende ist nun die Gründungsversammlung über die Bühne gegangen. In eigener Sache heißt es dazu, die Zeitung gehe "den letzten Schritt in die Unabhängigkeit – zunächst mit einer Interimsstruktur für wenige Monate, bis das Vorhaben beim Prüfungsverband für kleine und mittelständische Genossenschaften für gut befunden ist und es richtig losgehen kann".
Anlässlich dessen, dass man nun gerade selbst einen wichtigen Schritt in Sachen eigener Zukunft auf dem Zeitungsmarkt in Angriff genommen hat, blickt das ND aktuell in zwei weiteren Artikeln auf die Lage auf diesem Markt.
Robert D. Meyer kümmert sich um das Thema Medienkonzentration - um das es, aus unterschiedlichen Anlässen, ausführlich hier am Freitag ging. Ein Aspekt, den Meyer hervorhebt: die Rolle, die die Zentralredaktionen der großen Regionalzeitungshäuser spielen. Sie produzieren überregionale Beiträge nicht nur für mehrere Titel des eigenen Hauses, sondern auch für andere. Ein Beispiel: das RND von Madsack. Meyer schreibt.
"Von Hannover und Berlin aus beliefert (es) rund 50 regionale Zeitungen, darunter auch bundesweit durchaus bekannte Medien wie den Kölner Stadtanzeiger, den Weser Kurier und die Leipziger Volkszeitung. Im Unterschied zu Funke versorgt Madsack mit dem RND nicht nur Zeitungen, an dem das Medienhaus wirtschaftlich beteiligt ist."
Die erwähnten Zeitungen aus Köln und Bremen zum Beispiel sind keine Madsack-Titel. Als Dienstleister für Fremdverlage agiert in diesem Sinne auch die vielleicht am wenigsten bekannte Unternehmensgruppe unter den Regionalzeitungs-Riesen, die NOZ Medien. Darum ging es auch am Rande eines vor einem halben Jahr erschienenen taz-Artikels von mir.
In einem weiteren Artikel lobt Günter Herkel das von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Uni Mainz im Auftrag der Grünen-Bundestagsfraktion erstellte Gutachten zu den "Möglichkeiten öffentlicher Förderung von Lokal- und Regionaljournalismus bei Wahrung der Staatsferne", das in diesem Altpapier ausführlich analysiert wurde.
"Falls nach den Bundestagswahlen ein progressiveres Bündnis die Regierung stellt", könne dieses Mainzer Papier "als Blaupause für einen konkreten Gesetzesvorschlag dienen", meint Herkel. Es scheint hier also die Hoffnung mitzuschwingen, dass eine Bundesregierung unter Führung oder vielleicht auch bloß Beteiligung der Grünen in Sachen Presseförderung was auf die Reihe kriegen wird.
Altpapierkorb (Pegasus-Nachklapp, KEF-Umbruch, WDR-Reihe "HerStory")
+++ Einen Nachdreher zu den Enthüllungen rund um die Pegasus-Spähsoftware (Altpapier) findet sich in der Samstags-FAZ (Blendle-Link). Thore Rausch hat Christian Mihr (Reporter ohne Grenzen) interviewt, unter anderem geht es darum, "welche Folgen die Existenz von Pegasus für die Arbeitsrealität von Journalisten und Oppositionellen hat". Mihr sagt dazu: "Mindestens die Hälfte der Journalisten, die wir bei Reporter ohne Grenzen im Rahmen unserer Nothilfe-Arbeit betreuen, sind als Folge digitaler Überwachung in Notlagen geraten. Diverse Journalisten werden weltweit als Folge der digitalen Überwachung gefoltert, entführt oder ermordet. Digitale Überwachung ist unsichtbar und doch äußerst präsent. Ich erlebe hier in Deutschland, dass Leute immer wieder überrascht sind, was technisch alles möglich wird, wenn sie erst einmal Opfer von einem digitalen Angriff geworden sind. Es ist schockierend, wie unbedacht und teilweise fahrlässig Quellen in Gefahr gebracht werden."
+++ Wer wird bald jünger? Möglicherweise die gute alte KEF. Die Medienkorrespondenz berichtet jedenfalls, dass das Gremium zur Ermittlung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Sender, in das jedes Bundesland einen Sachverständigen entsendet, vor einem "großen personellen Umbruch" stehe: "Fest steht bisher, dass es personelle Wechsel bei den sechs Ländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bayern, Berlin, Brandenburg und Thüringen geben wird. Das bedeutet unter anderem, dass mit Beginn der neuen Amtsperiode das Vorsitzamt der KEF und die Vorsitzposten von drei der insgesamt fünf Arbeitsgruppen der Kommission neu besetzt werden müssen. Dass vier Führungspositionen bei der KEF zugleich neu zu besetzen sind, ist schon eine große Herausforderung bei der Kommission, bei der es sehr stark auf Kontinuität ankommt." Fünf der sechs Ausscheidenden, von denen im Artikel die Rede ist, sind zwischen 68 und 71 Jahren alt, insofern kann man davon ausgehen, dass durch die Neubesetzungen der Altersschnitt gesenkt wird.
+++ "Frauen haben in Deutschland aus verschiedenen Gründen eine um mehr als drei Jahre höhere Lebenserwartung als Männer. Aber: Wieso haben insbesondere jüngere Frauen bei einem Herzinfarkt ein deutlich höheres Sterberisiko? Weshalb erleiden viel mehr Frauen bei Verkehrsunfällen ein Schleudertrauma? Und warum haben viele Frauen keine Chance auf ein Kunstherz? Weil sie bei der Forschung und Entwicklung nicht mitgedacht werden, so der Vorwurf in dem WDR-Film 'Lebensgefahr – Frauen und die Medizin'." Mit diesen Sätzen steigt Thomas Gehringer für den Tagesspiegel ein in eine Würdigung des vom WDR verantworteten Mehrteilers "HERstory", der, wie der Sender selbst es formuliert, "Geschichte konsequent aus weiblicher Sicht" bringe. Schließlich werde "allzu oft und manchmal sogar ausschließlich Geschichte aus männlicher Sicht erzählt und überliefert". Die erste Folge ist heute im Ersten (Link zur Mediathek) zu sehen.
Neues Altpapier gibt es wieder am Dienstag.