Teasergrafik Altpapier vom 4. Januar 2022: Porträt Autor René Martens
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Das Altpapier am 4. Januar 2022 Der brandaktuelle Jahrestag

04. Januar 2022, 11:48 Uhr

Wieder einmal belagern Rechtsextremisten das ZDF-Hauptstadtstudio. Klimaexperten loben den Netflix-Hit "Don’t Look up", den viele Filmkritiker verrissen haben. Die Frankfurter Rundschau meint, der heute 75 Jahre alt werdende Spiegel sei "niemals systemkritisch" gewesen. Ein Altpapier von René Martens.

Polizisten müssen erneut ZDF-Hauptstadtstudio schützen

Wir wollen mit dem ersten Altpapier 2022 ja nicht gleich die Stimmung ruinieren, aber um einen Hinweis auf die Jahresbilanz des in Berlin ansässigen European Centre for Press and Media Freedom (ECPMF) zu Angriffen auf hiesige Medienschaffende kommen wir nicht herum:

"69 gewalttätige Übergriffe habe es 2020 (…) gegeben (…) 2021 zählt die Organisation insgesamt 106 Pressefreiheitsverletzungen (bis zum Stichtag 15. Dezember), darunter verbale Bedrohungen und körperliche Gewalt. Die Zahlen seien nur vorläufig (…), am Ende könnte die Zahl noch höher sein. "

Das schreiben Daniel Mützel und Nora Schiemann für t-online, und sie zitieren dabei Äußerungen des ECPMF-Direktors Lutz Kinkel. Anlass des Textes sind die Wortmeldungen, die seit Ende Dezember unter dem Hashtag #AusgebranntePresse in den Twitter-Timelines kursieren und den Unmut darüber, dass es für rechtsextreme Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten an öffentlicher Wahrnehmung mangelt, zum Thema haben (siehe auch Kommentare in der taz und im ND). Ein bei Twitter unter dem Pseudonym Resi Lucetti agierender Fotograf ist der Urheber des Hashtags.

Kinkels Gewaltvorfall-Sammler haben auch im neuen Jahr gleich wieder viel zu tun. Am Montag mussten Journalisten in Braunschweig nach versuchten Angriffen von Rechtsextremisten ihre Arbeit abbrechen, in München wurde eine SZ-Fotografin von mehreren Demonstranten angegangen und in ihrer Arbeit behindert.

Und für den Tagesspiegel berichtet Julius Geiler (der im t-online-Beitrag zitiert wird mit "Auf einer Demonstration vor einem Jahr haben mir zwei Teilnehmer in einem Interview mitgeteilt: 'Wenn das alles vorbei ist, wirst du an einem Baum hängen’") über Einschüchterungsversuche vor dem ZDF-Hauptstadtstudio:

"Während die ZDF-Dependance von einer Polizeikette geschützt wurde, skandierten die etwa 200 Demonstranten 'Lügenpresse' und 'Ihr seid Schuld'. Anmelder (Eric) Graziani (von der rechtsextremen Gruppierung 'Patriotic Opposition Europe') wünschte sich in einer Rede vor dem öffentlich-rechtlichen Rundfunkgebäude, dass 'die Presse zum Schweigen gebracht wird'. Im Nebensatz fügte der Rechtspopulist hinzu: 'natürlich friedlich.'” 

Es sei bereits das dritte Mal seit dem 30. Dezember, das Polizisten das ZDF-Studio "vor Übergriffen schützen" mussten, bemerkt dazu Jörg Reichel, der Berlin-Brandenburg-Geschäftsführer der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union.

Was Journalisten zum Jahrestag des Putschversuchs in den USA sagen

Am 6. Januar jährt sich zum ersten Mal der Putschversuch in den USA, und für den bereits erwähnten Daniel Mützel ist das ein Anlass, für t-online den konservativen kanadisch-US-amerikanischen Journalisten David Frum zu interviewen. Dieser konstatiert, dass "diese furchtbaren Gewaltexzesse (…) beim Sturm auf das Kapitol (…) von den Republikanern zunächst abgelehnt wurden, mittlerweile aber verharmlost, teils sogar verteidigt werden und dass "die Glorifizierung politischer Gewalt durch (…) das republikanische Establishment neu" sei.

So versteht man als Nicht-US-Amerikaner dann vielleicht ein bisschen besser, warum es in einem Text des "Editorial Boards" der New York Times am Neujahrstag hieß: 

"Jan. 6 is not in the past; it is every day."

Eine Brücke in die deutsche Aktualität schlägt die Stuttgarter Zeitung mit der Headline "Als die Querdenker entfesselt wurden". Sie steht über einer Rezension der Dokumentation "Der Sturm aufs Kapitol", die Arte heute zeigt (eine sehr ähnliche, die in der ARD am Donnerstag läuft, wird ebenfalls abgehandelt). Obwohl die aktuellen rechten Angriffe auf die Demokratie in den USA und in Deutschland sich im Detail und in ihrer Bedrohungsintensität unterscheiden (Altpapier), sind die Überschrift und "Dieser Jahrestag geht auch uns an"-Unterton natürlich legitim.

Zu den Interviewpartnern der Arte-Doku gehören vier Journalisten, darunter Elmar Theveßen, Leiter des ZDF-Studios in Washington. Er musste vor einem Jahr die Berichterstattung von dem Angriff aufs Kapitol abbrechen bzw. "vor dem Mob flüchten" (Altpapier). In "Der Sturm aufs Kapitol" sagt er nun, dass "der 6. Januar nur ein Vorspiel war für das, was wir in den nächsten Jahren erleben werden, nämlich die Bereitschaft, gewaltsam einen Umsturz in den USA herbeizuführen". Das gibt zumindest Anlass zur Hoffnung, dass die aktuelle Berichterstattung des ZDF zum Jahrestag des Angriffs sich durch eine ähnliche Klarheit auszeichnet.

Um noch einmal auf das Interview mit David Frum zurückzukommen: Jenseits der den Jahrestag betreffenden Einschätzungen ist eine medienkritische Passage daraus aufschlussreich:

"Trumps Popularität bei den Leuten war immer auch ein Mythos. Wenn man die letzten sechs US-Präsidentschaftswahlen nimmt, hat Trump den geringsten relativen Stimmenanteil von allen Kandidaten eingefahren, egal ob Demokrat oder Republikaner. Die einzige Ausnahme war John McCain 2008. Während seiner Präsidentschaft gab es keinen einzigen Moment, wo Trump in Umfragen auf eine Zustimmung von über 50 Prozent kam (…) Die Geschichte dieser im Volk extrem beliebten Figur, die aus dem Nichts die politische Bühne erstürmt, stimmt einfach nicht. Eine gut gemachte PR-Kampagne, mehr nicht."

Was natürlich die Frage aufwirft, ob die meisten deutschen Journalistinnen und Journalisten nicht gemerkt haben, dass die Erzählung nicht stimmt, oder sie der Erzählung gefolgt sind, weil sie ihnen in den Kram passte.

Die fehlende Debatte über die Schattenpandemie

Zwischen Heiligabend und Silvester haben wir sechs Jahresrückblicke veröffentlicht, sie seien jenen Leserinnen und Lesern, die seit Weihnachten Altpapier-abstinent gelebt haben, natürlich empfohlen. In meinem Jahresrückblick zum Thema Klima und Corona ging es unter anderem darum, dass sowohl in der hiesigen Klima- als auch der Pandemie-Berichterstattung der nicht-westeuropäische bzw. nicht-US-amerikanische Raum unterrepräsentiert ist - und in dem von Klaus Raab darum, inwiefern Letzteres ganz konkret auf den afrikanischen Kontinent zutrifft.

Als ergänzende Lektüre zu diesen beiden Rückblicken drängt sich ein in der Januar-Ausgabe der Blätter für deutsche und internationale Politik erschienener Artikel von Kwame Anthony Appiah auf:

"Wenn die Pandemie tödlich wirkt, dann nicht zuletzt dadurch, dass sie die Behandlung anderer Krankheiten wie AIDS, Malaria und Tuberkulose beeinträchtigt. Allein in Afrika leben 26 Millionen Menschen mit HIV, von denen pro Jahr Hunderttausende daran sterben (…) Die Reaktion auf das Coronavirus (hat) in weiten Teilen der Welt – kurz gesagt – eine Schattenpandemie ausgelöst. Wer also das tatsächliche Ausmaß der Opfer, die das Coronavirus fordert, berechnen will, darf nicht nur die an Covid-19 Gestorbenen zählen."

Sondern auch jene, die pandemiebedingt nicht zum Arzt gegangen sind. Man müsse daher "auch die Anzahl der Malaria-, Tbc-, HIV- und Diabetestoten sowie alle weiteren Opfer einbeziehen, die unter anderen Umständen hätten gerettet werden können". Appiahs Fazit:

"Die Geschichte dieser Schattenpandemie handelt nicht schlicht und einfach von einer Krankheit – sie handelt von Armut, Hunger, vorenthaltener Bildung und verkümmertem Leben. Ein Vergleich mit der Klimakrise drängt sich geradezu auf."

Die Meta-Debatte zu "Don’t Look up"

Dass am Thema Klima das Interesse weltweit größer ist, als es sich wohl manche Entscheider der Medienbranche bisher vorgestellt haben, zeigt sich unter anderem daran, dass die bei Netflix zu sehende Katastrophen-Komödie "Don’t look up" "in 94 Ländern unter den Top Ten der aktuell meistgestreamten Filme des Dienstes" zu finden ist.

Auf diese Statistik bezieht sich Christian Stöcker in seiner aktuellen Spiegel-Kolumne, in der er darüber schreibt, dass Klimaexperten "Don’t Look up" loben, viele Filmkritiker ihn aber für Mist halten:

"Die Debatte hat sich mittlerweile in eine Meta-Debatte verwandelt – für Forbes etwa nahm der Klimajournalist David Vetter die Kritiker auseinander, die den Film nicht mochten, illustriert mit zahlreichen Zitaten von 'plump' über 'schrill' bis hin zu 'gehemmt und unentspannt'. 'Nach der Ansicht dieser Kritiker darf man ruhig Filme über die Klimakrise machen – solange man es auf eine Weise tut, die den Zuschauer einlullt und beruhigt', ätzt Vetter."

Der zitierte Forbes-Text mit den vielen Zitaten aus Negativkritiken ist hier zu finden. Stöcker meint:

"Womöglich kann man den Film aus Kritikerperspektive völlig zu Recht alles vorwerfen, was die Kritiker ihm vorwarfen, aber vermutlich haben Klimaforscher und Publikum trotzdem recht: Die Welt braucht diesen Film."

Das ist mir als Gegensatz dann doch etwas zu schlicht, ich würde eher sagen, dass jene, die "Don’t Look up" verrissen haben, auch in filmkritischer Hinsicht falsch liegen.

"Man kann sehr gut verstehen, warum Leute, die sich mit dem Zustand der Erde professionell beschäftigen, den Film rein gar nicht zu schrill oder gar plump finden. Nichts könnte so schrill und plump sein wie die Realität",

schreibt Stöcker dann auch noch, und ähnlich klingt es bei der SZ-Wissenschaftsressortchefin Marlene Weiß ("Für viele, die seit Langem das Gefühl haben, ihre immer deutlicheren Warnungen in den Wind zu schreien, hat der Film einen Nerv getroffen, sie fühlten sich verstanden)."

Dass "Don’t Look up" nicht zuletzt ein medienkritischer Film ist bzw. Regisseur Adam McKay "one of America’s most incisive media critics, even if he’s not necessarily recognized that way" (siehe dazu die New York Times Mitte Dezember) - das kann man in einer Metamedienkritik-Kolumne wie dieser dann auch noch mal einstreuen.

Der Spiegel war nie links

Heute vor 75 Jahren erschien die erste Ausgabe des Spiegel, und wie es bei solchen Jubiläen üblich ist, laufen die Feierlichkeiten schon ein bisschen länger, beim Magazin selbst etwa seit Mittwoch vergangener Woche. Wir können uns an dieser Stelle daher vielleicht etwas kürzer fassen.

Das 18-seitige Geburtstags-Special in der aktuellen Ausgabe enthält unter anderen einen Gastbeitrag von taz-Chefredakteurin Barbara Junge (€). Sie schreibt darin unter anderem:

"Beim Spiegel arbeiten die meisten der besten Journalistinnen und Journalisten des Landes."

Das ist doch mal eine implizite Einladung zu einer interessanten Spielerei: Wer ein bisschen Zeit hat, könnte eine Top 20 der "besten Journalistinnen und Journalisten des Landes" erstellen und dann mal schauen, ob "die meisten" davon für den Spiegel arbeiten. Ich hatte zwar noch keine Zeit für solche Charts, vermute aber, dass ich zu einem anderen Ergebnis kommen werde als Junge.

Zur Geschichte des Spiegels schreibt Arno Widmann in der Frankfurter Rundschau (deren Seite Eins heute eine Hommage an das Nachrichtenmagazin ist):

"Er war zu keinem Zeitpunkt ein – was immer das auch sein mag – linkes Medium. Der Spiegel war niemals systemkritisch. Er war immer viel zu nahe dran, um den Blick auf das Ganze richten zu können. Er förderte Referentenentwürfe und interne Papiere der Ministerien an die Öffentlichkeit."

Zu Widmanns Urteil ("nie links") vergleiche man via Altpapier Willi Winklers Einschätzung, der in "Das braune Netz. Wie die Bundesrepublik von früheren Nazis zum Erfolg geführt wurde" sarkastisch konstatierte, das Magazin haben sich ab 1962, also nach der Spiegel-Affäre, "fünfundzwanzig Jahre redlich bemüht", dem "Nimbus eines linksoppositionellen Blattes" zu entsprechen.

Bücher über den Spiegel, die man lesen sollte

Eine Buchempfehlung hat FR-Autor Widmann auch parat:

"Wer einen Blick werfen möchte auf die frühe bundesrepublikanische Presse, der muss unbedingt lesen: Hachmeister/Siering: 'Die Herren Journalisten – Die Elite der deutschen Presse nach 1945' (C. H. Beck 2002). Das Buch zeigt, wie wichtig in nahezu allen Presseorganen der jungen Bundesrepublik die Rolle der alten Nazis war (…) Das den "Spiegel" betreffende Kapitel heißt "Ein deutsches Nachrichtenmagazin – Der frühe 'Spiegel' und sein NS-Personal".

Diese Stelle weckt natürlich unseren servicejournalistischen Ehrgeiz, und deshalb nennen wir hier halbwegs spontan gleich noch weitere empfehlenswerte Bücher, in denen es zumindest zum Teil um die Geschichte des Spiegels geht. Zwei davon sind vom erwähnten Lutz Hachmeister: "Heideggers Testament: Der Philosoph, der Spiegel und die SS" und "Hannover - Ein deutsches Machtzentrum" (die Geschichte des Spiegel begann in Hannover; siehe Altpapier). Zu nennen wäre auch noch Band 10 der "Veröffentlichungen der Unabhängigen Historikerkommission zur Erforschung der Geschichte des Bundesnachrichtendienstes 1945–1968" mit dem Titel "Geheime Dienste. Die politische Inlandsspionage der Organisation Gehlen 1946 – 1953" - jedenfalls 30 Seiten daraus, die sich mit der frühen Rolle des Spiegel als Abspielbasis des Geheimdienstes beschäftigen (Medienkorrespondenz, Altpapier). Und neben den hier gerade verlinkten Altpapier-Kolumnen gibt es noch weitere zum Thema, etwa diese und diese.

Zum Tod von Ponkie und Betty White

Kurz vor dem Jahreswechsel starben die Münchener Fernsehkritikerin Ponkie und die Schauspielerin Betty White, die auf ihre jeweils eigene Art Pionierinnen waren, im Alter von 95 bzw. 99 Jahren.

2016 erschien zum 90. Geburtstag ein Interview mit Ponkie in der SZ, das sie als "die dienstälteste Fernsehkritikerin Deutschlands" vorstellte. Wann genau fing sie an? Die Abendzeitung, für die die Verstorbene als Kritikerin stets tätig war, schreibt in ihrem Nachruf:

"Ponkies erste TV-Kritik ist am 12. März 1963 erschienen, weil der AZ-Feuilletonchef zu seiner Kinokritikerin (…) gesagt hatte: 'Übers Fernsehen muss jetzt auch mal geschrieben werden.'"

Hannes Hintermeier schreibt in der FAZ:

"Dummheit konnte sie schwer ertragen, Zumutungen gar nicht. Vieles, was die Öffentlich-Rechtlichen ihrer Kundschaft vorsetzen zu dürfen glauben, brachte die Sozialliberale mit SPD-Parteibuch auf die Palme. Das war kein bildungsbürgerlicher Dünkel, denn gegen gut gemachte Unterhaltung hatte Ponkie nichts. Es war die Erfahrung, die sie als Kritikerin machen musste: Bis in die siebziger Jahre sei Fernsehen ganz in Ordnung gewesen, hat sie einmal befunden, danach gewannen 'Unterhaltungsschrott' Talk-Show-Wiederkäuen, Traumstadl und Musikantenschiffe überhand. Privatsender ließ sie meist links liegen.

Die Nachrufe auf Betty White sind verbunden mit Würdigungen der Serie "Golden Girls", in der die Verstorbene von 1985 bis 1992 als Rose zu sehen war. David Steinitz schreibt dazu in der SZ (Montagsausgabe):

"Heute mutet die Comedy über eine Seniorinnen-WG in Miami vielleicht etwas altbacken an. Aber die Serie war fürs amerikanische Fernsehen durchaus subversiv. Erstens, weil sie, im Gegensatz zu vielen anderen Comedy-Formaten, wirklich witzig war; und zweitens, weil die Macher Themen streiften, die so gar nichts mit der jungen, heterosexuellen Zielgruppe gemein hatten, die die Werbekunden am liebsten adressierten: Homosexualität, Armut, Sex im Alter. White ist darin in der Rolle der Rose in den Kanon der Popkultur eingegangen."

Und Altpapier-Autorin Jenni Zylka ruft ihr in der taz nach:

"Rose und die allesamt vor ihr verstorbenen Serien-Mitbewohnerinnen Blanche (Rue McClanahan), Dorothy (Beatrice Arthur) und Sophia (Estelle Getty) spielten in der von Susan Harris kreierten Show mit ungezwungener Lässigkeit und Selbstironie gegen Klischees von verbissenen Seniorinnen an. Bis heute bleibt 'Golden Girls' als US-Serie, die sich auf Frauen jenseits der 50 fokussiert, eine Ausnahme."

Die Feierlichkeiten zu 100 Jahren Betty White waren übrigens bereits ausgerufen worden, vom Magazin People etwa. Am 28. Dezember twitterte White oder eine Person, die ihren Account betreut: "My 100th birthday… I cannot believe it is coming up, and People Magazine is celebrating with me!"

Drei Tage später starb sie.


Altpapierkorb (DJV-Forderung an Annalena Baerbock, die derzeit doofste Journalistenfrage, DDR-Verwurstungsfernsehen, Patricia Schlesinger, Günther Rohrbach)

+++ Der DJV erwarte von Außenministerin Annalena Baerbock, dass sie den russischen Botschafter Sergej Netschajew "einbestellt, um deutlich klarzustellen, dass Drohungen gegen deutsche Journalistinnen und Journalisten, die in Russland arbeiten, nicht akzeptiert werden", berichtet der Tagesspiegel. Hintergrund: der Botschafter hatte mindestens angedeutet, dass "Einschränkungen für den russischen Staatssender RT in Deutschland" (so die Tagesspiegel-Formulierung) Folgen für die Arbeit deutscher Journalistinnen und Journalisten in Russland haben könnte.

+++ Vermutlich die derzeit doofste Journalistenfrage an Politiker: "Was macht das mit Ihnen?" Doris Akrap schreib dazu in der taz: "Politiker (…) werden für das Preisgeben innerer Zustände weder gewählt noch bezahlt. Sondern dafür, dass sie ihren Job machen. Werden sie als Menschen mit Gefühlsleben befragt, nimmt man sie aus ihrer Verantwortung. Nicht, was etwas mit ihnen macht, sondern was sie selbst machen, ist das, was wir von ihnen wissen wollen sollten."

+++ In der schlechten Tradition öffentlich-rechtlicher DDR-Geschichtsverwurstung steht offenbar die ZDF-Serie "Der Palast". Ex-Altpapier-Autor Matthias Dell (Zeit Online) meint: "Es ist genau genommen widerlich, wie die DDR als stylishes Gruselkolorit immer nur dafür herhalten muss, einfallslose und schlecht geschriebene deutsche Fernsehproduktionen aufzubrezeln, damit die sich möglichst weltweit verkaufen lassen." Auch Arno Frank (Spiegel, €) erkennt ein, sagen wir mal: systemisches Problem: "Ob Adlon, Charité, oder Ku’damm 56, 59 oder 63 – was nicht rechtzeitig abgerissen wird in Berlin, das dient irgendwann als symbolisches Prisma, in dem allzu viel Historisches und locker ausgewürfelte Geschichtchen sich spiegeln oder brechen sollen." Frank spricht von "harmlosem Varieté-TV", das, um mit Heike Hupertz (FAZ) fortzufahren, teilweise so aussieht, "als habe man die Requisiten der Silvestershows wiederverwertet".

+++ Die Süddeutsche (€) war zu einem "Antrittsbesuch" bei Patricia Schlesinger, die seit 1. Januar Vorsitzende der ARD ist.

+++ Außerdem hat die SZ den 93 Jahre alten Günther Rohrbach, einen der Miterfinder des "Tatorts", zum Interview (€) getroffen. Zu der Frage, wie es dazu kam, dass er 1965 Fernsehspielchef des WDR wurde: "Ich hatte nie die Vorstellung, dass ich etwas mit Fernsehen zu tun haben könnte, schon gar nicht mit Kino. Ich hatte vorher als Journalist gearbeitet, habe eine Ausbildung beim Bonner Generalanzeiger gemacht. Ich war Gerichtsreporter, irgendwann fing ich auch an, Filmkritiken zu schreiben. Beim WDR war vor mir ein anderer für den Posten des Fernsehspielchefs vorgesehen. Aber der bekam dann das Angebot, Chefdramaturg eines Züricher Theaters zu werden. Das war damals einfach der prestigeträchtigere Posten. Und der Fernsehdirektor, der mich kannte, weil ich eine Zeit lang sein Assistent war, sagte: Sie haben doch schon über Film geschrieben, dann machen eben Sie das."

Neues Altpapier gibt es wieder am Mittwoch.

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