Der Altpapier-Jahresrückblick am 24. Dezember 2018 Der zweite, dritte und vierte Blick

Die öffentlich-rechtlichen Politikmagazine liefern oft wichtige Impulse für die Debatten unserer Zeit. Und obwohl jedes politische Magazin im Ersten mehr Zuschauer hat als "Maischberger", sind die Sendungen selten Gegenstand der Medienkritik. Ein Jahresrückblick von René Martens.

Wenn man einen Eindruck davon bekommen möchte, welchen Einfluss und welche Bedeutung öffentlich-rechtliche Politikmagazine einst hatten, bietet sich ein Blick in die 1960er und 1970er Jahre Jahr an. Gert von Paczensky beispielsweise, einer der Gründer der 1961 gestarteten und vom NDR verantworteten Sendung "Panorama", musste seine Leitungsfunktion dort bereits 1963 aufgeben. Die CDU im Norden hielt ihn für derart gefährlich, dass die Mitglieder der Partei im Verwaltungsrat des NDR sich für ein recht plumpes, aber wirkungsvollen Gegenmittel entschieden: Sie blieben diversen Sitzungen fern und verhinderten so, dass von Paczenskys Vertrag verlängert wurde.

Acht Jahre später buchte ein Gentleman und einstiger Hitler-Bewunderer aus der Bankenbranche namens August von Finck senior in mehreren Tageszeitungen zwei komplette Anzeigenseiten, um eine Art Gegendarstellung zu einem Beitrag von "Panorama" unters Volk zu bringen ("Die Wahrheit über die Panorama-Sendung vom 18. Januar 1971"). Auf dieselbe "Panorama"-Sendung bezog sich seinerzeit auch der CSU-Politiker Franz Josef Strauß, als er den NDR in der Bild-Zeitung als "rote Reichsfernsehkammer" bezeichnete, die die Zuschauer manipuliere und aufhetze. Anja Reschke, Leiterin der Abteilung Innenpolitik beim NDR und Moderatorin von "Panorama", hat diese Episoden aus aktuellem Anlass kürzlich gerade aufgegriffen. Hintergrund: Recherchen anderer Medien über die politischen Vorlieben von August von Finck junior.

Heute passiert es zwar nicht selten, dass Politmagazine und ihre Macher sich in sozialen Medien mit Formulierungen aus der Preisklasse "rote Reichsfernsehkammer" konfrontiert sehen. Politiker etablierter Parteien und auch Wirtschaftsführer würden sich aber mit Kritik nicht mehr so exponieren wie einst Strauß und von Finck senior. Denn zumindest vordergründig haben die Politmagazine heute eine geringere Bedeutung als zu früheren Zeiten - jedenfalls wenn man zum Maßstab nimmt, dass sie nur äußerst selten Gegenstand der Berichterstattung in anderen Medien sind.

Natürlich gibt es Ausnahmen - etwa dann, wenn Politikmagazine an internationalen Großrecherchen beteiligt sind, wie "Panorama" an den Cum-Ex-Files (siehe Altpapier) oder das ZDF-Magazin "Frontal 21" an der Enthüllung bisher geheimer Folterstätten in der Türkei (siehe ebenfalls Altpapier).

Ein anderes Beispiel: Dass in diesem Jahr in der Öffentlichkeit so intensiv darüber diskutiert worden ist, wie Journalisten über Demonstrationen berichten dürfen - das ist einem Politikmagazin zu verdanken. Genauer gesagt: dem freien "Frontal 21"-Autor Arndt Ginzel, der mit seinem Kameramann am 16. August bei einer Pegida-Demonstration in Dresden Schikanen ausgesetzt war, über die er sehr angemessen berichtete (siehe Altpapier sowie diesen und diesen "Frontal 21"-Film). Sieht man einmal von den Moderator*innen der Magazine ab, dürfte Ginzel, der auch frei für den MDR arbeitet (siehe etwa diese Recherche für das im Dritten zu sehende Politmagazin "Exakt") und insofern etwas mit den Machern des Altpapiers gemeinsam hat, das bekannteste Politikmagazin-Gesicht des Jahres 2018 sein.

Vor allem verglichen mit den Polit-Talkshows, ist die Resonanz für Politikmagazine generell aber bemerkenswert gering. Mit diesem Altpapier-Special will ich dem bizarren Aufmerksamkeits-Missverhältnis etwas entgegensetzen - in Form eines Rückblicks auf aus unterschiedlichen Gründen hervorhebenswerte Beiträge der diesjährigen Politikmagazin-Ausgaben.

Beginnen wir damit beim eingangs bereits erwähnten Magazin "Panorama". Die vorletzte Sendung des Jahres 2018 begann mit folgenden Worten von Moderatorin Reschke:

"Manchmal gibt es im Leben von Reportern so Momente, mit denen man nicht mehr gerechnet hatte - ein Interview mit einem leibhaftigen NS-Verbrecher zum Beispiel".

Die wenigen noch lebenden NS-Verbrecher neigen tatsächlich nicht dazu, sich mit Vertretern des öffentlich-rechtlichen Fernsehens zu unterhalten. Möglich wurde dieses Interview, weil der NDR den 96-Jährigen, dessen Name im Beitrag mit Karl M. abgekürzt wird, Anfang November bei einer Veranstaltung des stellvertretenden NPD-Bundesvorsitzenden Thorsten Heise im thüringischen Fretterode aufgespürt hatte. Der NS-Verbrecher M. hielt dort einen "Zeitzeugenvortrag", durch den er offenbar Oberwasser bekommen hat. In dem Beitrag heißt es:

"Vor rund 100 Rechtsextremisten sprach M. über seine Erlebnisse bei der Waffen-SS. Dutzende Fotos von sich habe er dort für die Zuhörer signieren müssen, erzählt der 96-Jährige im Panorama-Interview. Für die rechte Szene ist M. ein Held. Nahezu täglich bekomme er nun Post mit Autogrammwünschen."

Reschke verweist in der Anmoderation darauf, dass Kollegen aus ihrer Redaktion "seit Jahren in der militanten Neonazi-Szene recherchieren", sonst wären sie gar nicht auf die Veranstaltung mit M. aufmerksam geworden. Gewiss, die Moderator*innen von Politikmagazinen loben gern die Arbeit ihrer Redaktion, aber in diesem Fall ist es gerechtfertigt. 2018 haben sich "Panorama" und die Schwestersendung "Panorama 3" (läuft wöchentlich im NDR Fernsehen) mehrmals mit Recherchen zum Thema Rechtsextremismus verdient gemacht - mal mit einem Film unter dem Titel "Holocaust: Wie die AfD die Schuld beenden will", mal einem über den "Schulterschluss" von AfD-Leuten mit einem extremen "Merkel muss weg"-Minimob in Hamburg, mal einem Interview mit einer recht offenherzigen Szenefigur.

Diese Beiträge werden unter anderem dem gerecht, was Anja Reschke kürzlich sagte, als sie den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis verliehen bekam: "Ich denke, wir müssen uns gemein machen mit einer Sache. Und zwar mit einer guten." Konkret: "mit dem Kampf für das Grundgesetz und die Menschenwürde".

Herausragendes von "Monitor" zum Thema Migration

Diese Forderung Reschkes - die man vor nicht allzu langer Zeit vielleicht noch als pathetisch bezeichnet hätte - haben in diesem Jahr die Kollegen von "Monitor" auf sehr verdienstvolle Weise umgesetzt. In unterschiedlichen Kontexten die menschenunwürdige deutsche Migrationspolitik anzuprangern - das gehörte zu den wiederkehrenden Motiven in den Sendungen des WDR-Magazins in diesem Jahr. Einen passenden Schlusspunkt setzte man am Ende der letzten 2018er-Ausgabe - mit einem Film, der den Umstand aufgreift, dass die Bundesrepublik Deutschland seit Monaten ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Familiennachzug nicht umsetzt.

Fünf herausragende "Monitor"-Filme zum Thema Migration seien an dieser Stelle hervorgehoben: Am 15. März lief zunächst ein Beitrag unter dem Titel "Folterknechte und Menschenhändler: Deutschlands Partner in Libyen". Eine thematische Fortsetzung fand er rund vier Monate später in dem Film "Keine Seenotrettung im Mittelmeer - das Ende der Humanität?". Darin findet sich auch ein Ausschnitt aus einer Regierungserklärung Angela Merkels vom 28. Juni:

"Es gibt eine Verpflichtung, dass man die libysche Küstenwache ihre Arbeit machen lässt. Und es gibt kein Recht, anstelle der libyschen Küstenwache einfach Dinge zu tun. Libyen hat ein Recht auch auf den Schutz seiner Küsten."

Dieses implizite Solidaritätsbekenntnis zu einer Gangstertruppe ordnen die Autoren angemessen ein:

"Die Libyer machen lassen? Was das bedeuten kann, konnte man in den vergangenen Tagen sehen. Tote Flüchtlinge, darunter drei Babys werden östlich von Tripolis aus dem Wasser gezogen. Insgesamt ist der Juni der tödlichste Monat dieses Jahres mit 629 Ertrunkenen. Und es gibt sogar Berichte, dass libysche Küstenwächter für das Sterben unmittelbar mitverantwortlich sind."

Ein weiterer Beitrag, in dem es unter anderem um die sog. Küstenwache Libyens geht, komplettiert am 27. September schließlich eine Trilogie zur unheiligen Allianz der Deutschen und Europäer mit Libyen. Am letztgenannten Beitrag beteiligt war Shafagh Laghai, die 2017 für ihre Berichterstattung als damalige Afrika-Korrespondentin für den Grimme-Preis in der Kategorie "Besondere journalistische Leistung" nominiert wurde (Disclosure: Ich gehörte der Nominierungskommission an). Von ihr stammen auch zwei weitere aus der Jahresproduktion der Politikmagazine herausragende Beiträge.

Für zwei Filme im Juli reiste Laghai nach Mali und in den Niger, zwei Zentren der Migration. Diese Filme enthalten sehr viele sonst nicht allzu ausführlich berücksichtigte Aspekte des Themas Flucht aus Afrika: die fatalen Folgen der EU-Handelspolitik; Hintergründe zum Bundeswehreinsatz in Mali; die Toten in der Wüste, denen weniger Aufmerksamkeit zuteil wird als jenen Opfern der europäischen Grenzpolitik, die im Mittelmeer sterben; die Hoffnungslosigkeit jener, die in ihr Heimatland abgeschoben oder schon in einem frühen Stadium der Flucht gestoppt wurden, und die nach dem Motto "Europa oder nichts" ein zweites Mal versuchen wollen, zu "uns" zu kommen.

Aus diesen beiden Einzelbeiträgen entstand für den 6. August der 30-Minüter "Grenzen dicht! Europas Schutzwall in Afrika", ausgestrahlt in der Reihe "Exklusiv im Ersten". Diese Sommerreihe wird jeweils von den Politikmagazinen der ARD beliefert. Das WDR Fernsehen sendete später noch eine 45 Minuten lange Version. Wer der Meinung ist, dass Flüchtlingspolitik das Thema des Jahres 2018 war, kommt nicht darum herum, sich diese fünf Beiträge (oder vier, falls man bei Laghai eine Langfassung vorzieht) anzuschauen.

Man muss "Monitor" generell zugute halten, dass die Redaktion der allgegenwärtigen Reduzierung des globalen Themas Migration auf innenpolitische Rand- und Nichtthemen, Phantomdebatten und Rivalitäts-Firlefanz (Merkel vs. Seehofer) 2018 immer wieder etwas entgegen gesetzt und die deutsche Flüchtlingspolitik auf ihren anti-humanitären Kern heruntergebrochen hat.

Im Gesamtvergleich der öffentlich-rechtlichen Politikmagazine sehe ich "Monitor" 2018 vor "Panorama". Man kann dies beispielhaft auch mit der Konzeption der Abschluss-Ausgaben des Jahres begründen. Die letzte "Monitor"-Sendung bestand aus einer sehr konsequenten Mischung, frei von jenen im weiteren Sinne verbraucherjournalistischen Beiträgen, auf die Politikmagazine sonst nicht selten setzen. Man kann diese Sendung beinahe als impliziten Jahresrückblick sehen, diverse zentrale Themen - Flüchtlingspolitik (siehe die oben bereits erwähnte deutsche Ignoranz eines EuGH-Urteils), Klimawandel, die CDU als verlängerter Arm der Autoindustrie - werden hier noch einmal aufgegriffen. "Panorama" dagegen verdaddelte eine komplette Sendung mit einem betulichen Wochenendbeilagen-Thema.

Qualitätssteigerung bei "Kontraste"

Worin unterscheiden sich die Politikmagazine generell in ihren Schwerpunkten? Während "Panorama" und "Monitor" sich mit der Berichterstattung über Rechtsextremismus bzw. Migration und mit haltungsstarken Moderations-Performances profilieren, firmiert zum Beispiel "Fakt", die vom Altpapier-Mutterschiff MDR fürs Erste Programm beigesteuerte Sendung, als "das zeitkritische gesamtdeutsche Magazin mit Themen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, aber auch mit Lifestyle und Kriminalstorys". Und "Kontraste" vom RBB wiederum wirbt mit dem Claim "Das Magazin aus Berlin". Hintergrund: "Kontraste" ist das einzige Politikmagazin der ARD, das in Berlin produziert wird - was bei klassisch bundespolitischen Themen einen Standortvorteil mit sich bringen kann.

"Kontraste", 1968 vom damaligen SFB als Osteuropa-Magazin konzipiert und in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre zu einem Format für deutsch-deutsche Themen umgemodelt, hat im Jahr 2018 wesentlich an Profil gewonnen. Seit der vorher fürs ARD-Hauptstadtstudio tätige Matthias Deiß, der im Januar die Leitung der Redaktion übernommen hat, ist das Magazin jedenfalls investigativer geworden. Hervorgetan hat sich "Kontraste" unter anderem mit Recherchen zum Themenkomplex Anis Amri und der Verfassungsschutz (siehe hier und hier), an denen auch die Berliner Morgenpost beteiligt war.

Der diesjährige Recherche-Coup gelang der Sendung aber mit der Aufdeckung eines Pharmaskandals, in deren Zentrum eine brandenburgische Medikamentenimport-Firma steht. Man muss an dieser Stelle vielleicht erwähnen, dass Filme rund um das Thema Gesundheit für Politikmagazine das sind, was Krimis fürs fiktionale Programm sind. Die von "Kontraste" recherchierte Geschichte trug aber dazu bei, dass Ende August die brandenburgische Gesundheitsministerin Diana Golze (Die Linke) zurücktreten musste - und das ist in Zeiten, in denen immer mal wieder die mangelnde Rücktrittsbereitschaft von Ministern kritisiert wird, ja allemal bemerkenswert.

Im Kern geht es um den Import in Griechenland gestohlener und durch fehlerhafte Lagerung möglicherweise wirkungslos gewordener Krebsmedikamente, gegen die die zuständige Aufsichtsbehörde in Brandenburg nicht oder nur sehr unzureichend vorgegangen war. Im Magazin liefen mehrere Beiträge zu dem Thema: Eine Woche nach dem zweiten unter dem Titel "Neue Ermittlungsakten und das Behördenversagen" trat Golze zurück, ein weiterer Film hatte im Oktober die Reaktionen auf die Enthüllungen zum Thema.

An diesen drei enorm verdienst- und wirkungsvollen Beiträgen lassen sich aber auch viele formale Schwächen festmachen, die für Politmagazine charakteristisch sind. Der Text des Ausgangsbeitrags ist nicht frei von Wiederholungen, und störend ist auch, dass die beteiligten Journalisten hier zu oft im Bild sind. Mal sieht man sie am Schreibtisch beim wichtigtuerischen Durcharbeiten von Dokumenten, mal sieht man eine Autorin auf dem Bürgersteig vor einer Gebäudefront, offenbar auf der Suche nach einer Hausnummer oder einem Firmenschild. Das tut alles nichts zur Sache und hat für den Beitrag keinerlei dramaturgischen Wert. Fazit: Hier wurde relativ viel Sendezeit verschenkt, vor allem, wenn man bedenkt, dass man nur etwas mehr als acht Minuten für den Beitrag zur Verfügung hatte.

Auch im dritten Film, in dem es unter anderem darum geht, wie sich die Lobby des Arzneimittel-Importgewerbes gegen Einfuhrbeschränkungen wehrt, gibt es zu viele leere Bilder. Man muss jedenfalls nicht Szenen nachstellen, in denen Lobbyisten Bundestagsabgeordnete kontaktieren. Oder Sätze sagen wie: "Wir bekommen die Telefonnummer eines Geschäftsführers" - und dann noch kurz ein Smartphone zeigen, um gewissermaßen zu beweisen, dass man auch telefoniert hat. Ja, so ist das: Journalisten bekommen manchmal Telefonnummern, und manchmal nutzen sie sie auch. Das gehört aber nicht zu den Dingen, die in einem Magazin-Beitrag Erwähnung finden müssen.

Fehlende Rezensionen

Nach diesem grimmigen, gemessen am Sound regulärer Altpapiere aber auch nicht ungewöhnlich grimmigen Schlenker (der, wie gesagt, ein allgemeines, leider nicht neues Problem beschreibt), sei noch erwähnt, was "Kontraste" 2018 jenseits des Investigativen ausgezeichnet hat: das Gegen-den-Strich-Bürsten von Themen. "Hat Trump doch Recht?", kann hier als Beispiel dienen. Thema: die Iran-Politik des US-Präsidenten. Noch besser in diesem Kontext: ein Film darüber, "wie Deutschland Arbeitslosigkeit in Europa produziert". Es geht um die Opfer des Exportweltmeisters Deutschland bzw. der deutschen Niedriglohnstrategie - sowohl hier zu Lande als auch beispielsweise in Frankreich.

Auf die Frage nach dem heutigen Status und der heutigen Bedeutung der Politikmagazine sagt "Kontraste"-Redaktionsleiter Matthias Deiß:

"Ich spüre für unsere Sendung derzeit eine enorm hohe Wertschätzung bei Zuschauern und in der ARD. Die Zeiten sind so bewegt, so undurchsichtig, dass ein zweiter, dritter und vierter Blick so wichtig ist wie niemals zuvor."

An den Zuschauerzahlen aller Politmagazine im Ersten lässt sich ablesen, dass diese "Wertschätzung" für den zweiten, dritten und vierten Blick generell höher ist als gemeinhin gedacht. Laut der Medienforschung der Programmdirektion der ARD ergeben sich für 2018 folgende Durchschnittszahlen:

"Report Mainz": 2,82 Millionen Zuschauer
"Report München: 2,71 Millionen Zuschauer
"Fakt": 2,59 Millionen Zuschauer 
"Kontraste": 2,56 Millionen Zuschauer
"Panorama": 2,52 Millionen Zuschauer
"Monitor" : 2,44 Millionen Zuschauer

Ha!, ausgerechnet die Magazine, die das Altpapier hervorhebt, haben am schlechtesten abgeschnitten, wird nun mancher Leser einwenden. Aber so überraschend ist das nun wiederum auch nicht, schließlich neigt das Altpapier generell nicht dazu, auf der Seite der Mehrheit zu stehen. Interessant werden diese Zahlen aber vor allem im Vergleich mit den Durchschnittswerten der ARD-Polit-Talkshows in 2018:

"Anne Will": 3,43 Millionen Zuschauer
"Hart aber fair": 2,73 Millionen Zuschauer
"Maischberger": 1,37 Millionen Zuschauer

Anmerkung: Abgeschlossen wurde diese Statistik am 11. Dezember (diese Jahresrückblicks-Kolumne wurde vorproduziert). Von "Hart aber fair", "Maischberger", "Report Mainz", "Fakt" und "Panorama" liefen danach noch jeweils eine Sendung. Minimale Veränderungen sind also noch möglich.

Aber: Dass jedes Politikmagazin im ersten Programm der ARD mehr Zuschauer hat als "Maischberger" - was gewiss auch (aber nicht nur) damit zu tun hat, dass sie eine Stunde früher beginnen -, kann man durchaus schon mal herausstellen. Und der "Report" aus Mainz hat mehr Zuschauer als Plasbergs Empörungsdynamikverstärker - obwohl der Talk eine Dreiviertelstunde früher beginnt als das Magazin.

Fest steht: Die mediale Wahrnehmung der Politmagazine entspricht nicht der Wertschätzung, die sie beim Publikum erfahren. Anders gesagt: All die Online-Redaktionen werden ihre Gründe dafür haben, dass sie Talksendungen exzessiv rezensieren oder auch bloß nacherzählen. Allein die Zuschauerzahlen sind’s jedenfalls nicht. Sonst würden sie zumindest hin und wieder Nachkritiken von Politikmagazinen schreiben lassen.

Ein abstruser Gedanke? Nicht unbedingt. "Früher gab es ja noch Rezensionen", erzählt jedenfalls Luc Jochimsen in der 2011 gesendeten Dokumentation  "Unbequem und unbestechlich. 50 Jahre Panorama". Jochimsen gehörte zwischen 1975 und 1985 der Redaktion des NDR-Politikmagazin an, war später unter anderem Chefredakteurin des HR-Fernsehens und saß noch später im Bundestag (für Die Linke).

Diese Rezensionen erschienen - es war die Prä-Internet-Zeit - am übernächsten Tag in der gedruckten Zeitung. Das ginge, siehe die Talkshow-Besprechungen heute, ja alles ein bisschen schneller. Man muss nur wollen. Daher ein Ansporn: Wer 2019 die erste Politikmagazin-Rezension in Auftrag gibt, der gewinnt einen Sechs-Kilometer-Lauf mit mir am Hamburger Elbstrand.

Der nächste Altpapier-Jahresrückblick erscheint am 26. Dezember 2018.

Der Altpapier-Jahresrückblick 2018