Ein Mann in einem Adidas Badeanzug.
Das neueste Schwimm-Outfit der "Pride"-Kollektion von Adidas erhitzt die Gemüter. Bildrechte: Adidas/PR

Pride Month Adidas-Boykott? Models für Badeanzüge lösen Shitstorm aus

06. Juli 2023, 16:39 Uhr

Ein bunter Badeanzug - und ein gewaltiger Shitstorm. Was ist da los? Adidas präsentiert pünktlich zum Pride Month einen Badeanzug für alle Geschlechter. In den USA rufen Konservative zum Boykott der Marke auf. Grund ist nicht etwa der Badeanzug selbst, sondern das Model, das darin steckt.

Adidas kann es zurzeit niemandem recht machen. Zuletzt sorgte der Sportartikelhersteller mit seiner Kooperation mit Kanye West für eine Welle der Empörung. Dabei war die Zusammenarbeit viele Jahre sehr lukrativ und ließ die Kassen klingeln. Doch als sich Wests antisemitischen Hassbotschaften häuften, wurde die Kooperation beendet.

Nun sieht sich Adidas wieder mit einem Shitstorm konfrontiert. Ironie des Schicksals: Dieses Mal geht es nicht um Diskriminierung bestimmter Gruppen, sondern um genau das Gegenteil.

Ein Badeanzug für Männer - Adidas in der Kritik

Adidas' neuestes Problem ist ein regenbogenfarbener Badeanzug, der pünktlich zum Pride Month auf den Markt gekommen ist. Das Modell stammt aus einer Design-Kooperation zwischen Adidas und dem queeren, südafrikanischen Designer Rich Mnisi.

Pride Month Am 1. Juni beginnt der alljährliche Pride Month: Ein Monat, in dem weltweit LGBTQI+-Communities zusammenkommen und die Freiheit feiern, sie selbst sein zu können - oder für ihre Rechte kämpfen und protestieren.

Der Badeanzug wurde so designt, dass er von allen Geschlechtern getragen werden kann. Auf der Website des Unternehmens wird er deshalb auch von biologisch männlichen Models präsentiert - ein Problem für viele Konsumenten. Welchem Geschlecht sich die Models zugehörig fühlen, ist nicht bekannt.

Vor allem in den USA rufen Konservative aktuell unter dem Slogan "Get Woke, Go Broke" zum Boykott auf.

Woke Der Begriff Woke (deutsch soviel wie "erwacht" oder "wach") wurde in den letzten Jahren vor allem durch Social Media geprägt. Mit dem Hashtag #woke soll auf soziale, strukturelle oder politische Missstände aufmerksam gemacht werden. Menschen, die "woke" sind, haben ein ausgeprägtes Bewusstsein für mangelnde soziale Gerechtigkeit und Rassismus.

Dabei ist Adidas nicht das erste Unternehmen, bei dem eine LGBTQI+-Kampagne einen Shitstorm auslöst.

Ein Mann in einem Badeanzug
Kaum hat Adidas seinen "Pride"-Badeanzug vorgestellt, brach im Netz eine Welle der Empörung los. Bildrechte: Adidas

Vorreiter Calvin Klein?

Eine Kampagne der Modemarke Calvin Klein sorgte vor kurzem ebenfalls für Aufregung im Netz: Zum Muttertag teilte Calvin Klein auf seinem Instagram-Account ein Karussell von Bildern verschiedener Familien - alleinerziehende Mütter, Paare mit ethnischen Hintergründen und: ein Foto des schwangeren Transgender-Mannes Roberto Bete.

Während einige Nutzer Calvin Klein dafür loben, dass nicht nur traditionelle Familienmodelle gezeigt werden, hagelt es auch Kritik. Einige User riefen sogar zum Boykott auf und forderten, dass man "bei dieser Marke nicht mehr kaufen soll". Auch Pinkwashing wird dem Unternehmen vorgeworfen.

Pinkwashing Unter "Pinkwashing" versteht man eine Marketing-Strategie, bei der Marken und Unternehmen mithilfe der Regenbogen-Flagge für sich werben. Allerdings stellen sie sich LGBTQI+-freundlicher dar, als sie wirklich sind.

Der Begriff leitet sich vom "Greenwashing" ab. Hier steht immer wieder der Vorwurf im Raum, dass sich ein Unternehmen als besonders umweltbewusst inszeniert, den eigenen Ansprüchen allerdings nicht gerecht wird.

Erstmals verwendet wurde der Begriff "Pinkwashing" von der Journalistin Sarah Schulman in einer "New York Times"-Kolumne.

Der Vorwurf: Marken wie Calvin Klein würden sich während des Pride Months bunter und aufgeschlossener darstellen, als sie es tatsächlich sind. Dieser Vorwurf der Heuchelei wird "Pinkwashing" genannt.

Ein User-Kommentar kritisiert: "Mittlerweile werden eure Kleidung und Produkte in Ländern hergestellt, in denen Menschen aus der LGBTQ-Gemeinschaft aufgrund der Gesetze, die dort herrschen, bestraft oder getötet werden."

Spiel mit den Extremen

Doch Kontroversen liegen in der Marken-DNA von Calvin Klein: Bereits 1980 gab es Aufschreie, als Calvin Klein die junge Brooke Shields in einer hautengen Jeans ablichtete. Der Slogan: "Du willst wissen, was zwischen mich und meine Calvins kommt? Nichts." Viele Menschen empfanden die Werbekampagne als "sexuell anzüglich".

2022 warben das Plus-Size-Model Jamilla Grannetia und der niederländische Trans-Mann Bappie Kortram für einen Sport-BH der Marke. Auch diese Kampagne wurde auf Social Media überwiegend negativ aufgenommen: Unter dem Post reichen die Kommentare von "Was soll das?“ bis hin zu "Warum macht ein bärtiger Mann Werbung für einen Sport-BH?" Außerdem steht der Vorwurf im Raum, dass ungesunde, übergewichtige Körper von der Marke verherrlicht würden. Andere sehen es kritisch, dass Diversität in der Modewelt mittlerweile als "Pflicht" angesehen würde.

Auch Nike erntet Kritik

Adidas und Calvin Klein sind nicht die einzigen Marken, die sich mit Boykott-Aufrufen auseinandersetzen müssen. Auch der amerikanische Sportartikelhersteller Nike sorgte kürzlich mit einer Kampagne für Diskussion. Der Grund: Als Testimonial engagierte Nike Dylan Mulvaney - ein Transgender-Model.

Dylan Mulvaney ist eine 26-jährige US-amerikanische Transfrau, die ihre "Gender Transition" auf TikTok (10,7 Millionen Follower, Stand: 06.06.23) dokumentierte und dafür international bekannt wurde. Sie versteht sich als LGBTQI+-Aktivistin und sprach im November 2022 mit US-Präsident Joe Biden über transfeindliche Gesetze in den USA.

In Werbevideos und auf Fotos für Nike führt Dylan Mulvaney einen Sport-BH und Leggings vor, während sie ihr Trainingsprogramm absolviert. Negative Kommentare ließen nicht lange auf sich warten. Sie sei ja "keine echte Frau", so eine der häufigsten Reaktionen auf die Kampagne.

Ob Sportlerinnen mit Kopftuch, Transathleten oder Werbung für Burkinis: Nike kennt sich mit hitzigen Debatten um seine Kampagnen mittlerweile aus. Trotzdem setzt die Marke immer wieder auf diverse Testimonials.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 06. Juni 2023 | 17:15 Uhr

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