Warnschild Affenpocken
Jetzt ist auch in Deutschland der erste Fall von Affenpocken entdeckt worden. Bildrechte: IMAGO / Christian Ohde

Viruserkrankung Erster Fall: Affenpocken jetzt auch in Deutschland

01. Juni 2022, 16:52 Uhr

Jetzt ist auch in Deutschland der erste Fall von Affenpocken festgestellt worden. Nachdem mehrere Fälle in Großbritannien bekannt geworden waren, hatte das Robert-Koch-Institut mitte der Woche deutsche Ärzte für das Virus sensibilisiert. Zwar ist der Erreger von Mensch zu Mensch übertragbar, doch bislang schätzen Experten die Gefährdung für die Bevölkerung als gering ein. Was ist über das Virus bekannt?

Nach mehreren Fällen von Affenpocken bei Menschen in Großbritannien sensibilisierte das Robert Koch-Institut (RKI) auch Ärzte in Deutschland für die Virusinfektion. Zu Recht: Jetzt ist der erste Fall auch bei uns bekannt geworden.

Am Donnerstag (19. Mai) hat das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München bei einem Patienten mit charakteristischen Hautveränderungen das Virus zweifelsfrei nachgewiesen, teilte der Sanitätsdienst der Bundeswehr mit.

RKI sensibilisiert Ärzte für Affenpocken

Mitte der Woche hatte das RKI eine Beitrag veröffentlicht, in dem es heißt, dass Affenpocken bei unklaren pockenähnlichen Hautveränderungen als mögliche Ursache in Betracht gezogen werden sollten. Auch dann, wenn die Betroffenen nicht in bestimmte Gebiete gereist seien. Grund dafür war das vermehrte Auftreten von Affenpocken in Großbritannien.

Haben sich Männer beim Sex angesteckt?

In Großbritannien hat sich die Zahl der erfassten Fälle der seltenen Erkrankung nach Angaben der Gesundheitsbehörde UK Health Security Agency (UKHSA) mittlerweile auf neun erhöht. Verbindungen zwischen Betroffenen sind nur teilweise bekannt. Deshalb sei unklar, wo sich Betroffene angesteckt hätten.

Bei vier jüngst gemeldeten Fällen handele es sich um Männer, die sexuellen Kontakt mit anderen Männern hatten. Sie sollen sich in London infiziert haben.

Erster Affenpocken-Fall in Großbritannien bereits Anfang Mai

Die erste Infektion mit Affenpocken, die Anfang Mai in Großbritannien bekannt geworden ist, soll auf eine Ansteckung in Nigeria zurückgehen. Daraufhin hatten britische Experten betont, dass die Affenpocken nicht leicht von Mensch zu Mensch übertragen würden und dass das Risiko für die Allgemeinbevölkerung sehr gering sei.

Die jüngsten Fälle scheinen das zumindest teilweise zu widerlegen: Das Virus kann sehr wohl von Mensch zu Mensch übertragen werden. Dass in einigen Fällen die Infektionskette nicht nachvollzogen werden kann legt nahe, dass noch nicht alle Infektionen in der Bevölkerung entdeckt worden sind.

Wie gefährlich sind Affenpocken für den Menschen?

Nach Angaben der UKHSA ruft die Virus-Erkrankung beim Menschen meist nur milde Symptome hervor. Aber auch schwere Verläufe sind in Einzelfällen möglich. Ansteckend seien nur Erkrankte, die Symptome einer Infektion mit dem Virus zeigen, und auch dann nur bei engem Kontakt.

Dass Erkrankungen in westlichen Ländern tödlich verlaufen, hält der Epidemiologe Paul Hunter von der Universität of East Anglia für sehr unwahrscheinlich. In Afrika führt die in Europa und den USA auftretende westafrikanische Variante des Virus bei etwa einem Prozent der Erkrankten zum Tod. Bei der zentralafrikanischen Variante des Erregers sterben etwa zehn Prozent der Erkrankten.

Windpocken
Windpocken: Ähnlich aussehen kann der durch Affenpocken verursachte Ausschlag. Bildrechte: imago images / Schöning

Mit Affenpocken infiziert? Das sind die Symptome

Nach UKHSA-Angaben zählen zu den ersten Krankheitsanzeichen: Fieber, Kopf-, Muskel- und Rückenschmerzen, geschwollene Lymphknoten, Schüttelfrost und Erschöpfung.

Es könne sich ein juckender, schmerzender Ausschlag mit Bläschen oder Pusteln entwickeln, der sich, meist vom Gesicht ausgehend, auf andere Körperteile ausbreite. Der Ausschlag sehe je nach Phase unterschiedlich aus und könne Windpocken und Syphilis ähneln.

Wie kann man sich mit Affenpocken anstecken?

Fachleute vermuten, dass der Erreger der Affenpocken in Nagetieren zirkuliert, Affen gelten als sogenannte Fehlwirte. Zu seinem Namen kam der Erreger, weil er erstmals im Jahr 1958 in einem dänischen Labor bei Affen nachgewiesen wurde. Auf den Menschen übertragen werden die Viren durch Kontakt mit Sekreten infizierter Tiere.

Übertragungen von Mensch zu Mensch sollen durch Kontakte mit Körperflüssigkeiten oder Krusten möglich sein - und damit auch beim Sex.  Der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge genügen kleine Tröpfchen, um sich mit dem Virus zu infizieren.

Ansteckend sind symptomatisch Erkrankte bei engem Kontakt, solange bis die Pocken vollständig ausgeheilt und die Krusten abgefallen sind. Das dauert in der Regel zwei bis drei Wochen.

Fälle jetzt auch in den USA, Spanien, Portugal, Schweden und Italien

Mittlerweile wurden auch in Spanien, Portugal, den USA, Schweden und Italien Fälle von Affenpocken gemeldet. Anlass für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu einer Nachverfolgung aller Kontakte der Betroffenen aufzurufen.

Bei der Mehrheit der bislang bekannt gewordenen Fälle sind Männer betroffen, die Sexualkontakte zu anderen Männern hatten. Leif Sander, Leiter der Klinik für Infektiologie an der Berliner Charité, vermutet eine veränderte Mensch-zu-Mensch-Übertragbarkeit des Virus.

Fehlender Impfschutz: Sind die Pocken nicht ausgerottet?

Die Pocken des Menschen gelten seit 1980 nach einer großen Impfkampagne weltweit als ausgerottet. Mittlerweile sollen allerdings weite Teile der Weltbevölkerung keinen Impfschutz mehr haben.

In Nigeria würden seit 2017 vermehrt Affenpockeninfektionen beim Menschen diagnostiziert - und Fälle in Verbindung mit Reisen dorthin vor allem im Vereinigten Königreich.

Affenpocken - diese Fälle gab es bisher

Wer Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge wurden Affenpocken erstmals im Jahr 1970 bei Menschen in Afrika registriert. Seitdem seien sie nachweislich in über zehn Ländern des Kontinents aufgetreten. Die Erreger können von verschiedenen Tierarten übertragen werden. Die Viren wurden laut WHO vereinzelt durch Reisende exportiert: unter anderem in die USA, nach Israel und bereits 2018 nach Großbritannien.

dpa/rki.de/BRISANT

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 18. Mai 2022 | 17:15 Uhr

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