Ghisline Maxwell
Ghislaine Maxwell muss für 20 Jahre ins Gefängnis. (Archiv) Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Rick Bajornas

20 Jahre hinter Gittern "Abscheuliche Sexualverbrechen" - Lange Haftstrafe für Epstein-Komplizin Ghislaine Maxwell

30. Juni 2023, 17:14 Uhr

Ghislaine Maxwell war Komplizin eines Verbrechens, das in der US-Gesellschaft seines Gleichen sucht. Schuldig gesprochen wurde die Vertraute des toten US-Multimillionärs Jeffrey Epstein schon in vergangenen Jahr. Jetzt steht das Strafmaß fest.

Ein Gericht in New York hat die Epstein-Vertraute Ghislaine Maxwell nach einem weltweit beachteten Prozess wegen Sexualverbrechen zu einer langen Haftstrafe verurteilt. Die 60-Jährige müsse unter anderem wegen Menschenhandels mit Minderjährigen zu Missbrauchszwecken für 20 Jahre ins Gefängnis, teilte Richterin Alison Nathan mit. Epsteins Verbrechen seien "entsetzlich" und "abscheulich", so Nathan.

Maxwell entschuldigt sich bei den Opfern

Am letzten Tag des Prozesses standen sich dabei noch einmal Täterin und Opfer gegenüber. Maxwell ergriff dabei selbst das Wort und sagte, dass sie mit den missbrauchten Frauen fühle. Der Schmerz, den diese erfahren hätten, täte ihr leid - doch sie schob die Schuld vor allem ihrem Ex-Partner zu. "Es ist das größte Bedauern meines Lebens, dass ich Jeffrey Esptein getroffen habe", sagte sie. Die Verbindung zu ihm werde immer auf ihr lasten.

Stellvertreterprozess für Jeffrey Epstein

Maxwell war bereits im Dezember von einer New Yorker Jury schuldig gesprochen worden. Sie galt als rechte Hand des bis in höchste US-Kreise vernetzten Geschäftsmanns Epstein und spielte eine zentrale Rolle beim Aufbau eines Rings zum sexuellen Missbrauch von Mädchen. Die Gerichtsverhandlung hatte weltweit für Aufmerksamkeit gesorgt, weil sie für viele nach dem Tod Epsteins als Stellvertreterprozess gesehen wurde. Epstein hatte sich offiziellen Angaben zufolge im Sommer 2019 in seiner Gefängniszelle umgebracht.

Exklusives Epstein-Netzwerk

Jahrzehntelang soll auf Epsteins Anwesen in New York, Florida, Santa Fe und auf den Virgin Islands der Missbrauch zahlreicher Minderjähriger stattgefunden haben. Der Fall schlug in den USA auch deshalb hohe Wellen, weil der Unternehmer mit Prominenten wie den Ex-Präsidenten Bill Clinton und Donald Trump, dem Tech-Milliardär Bill Gates und dem britischen Prinzen Andrew bekannt war.

Maxwell sorgte für neue Mädchen

Maxwells Aufgabe beim systematischen Missbrauch durch Epstein war es der Anklage zufolge, das Vertrauen von Mädchen zu gewinnen und sie ihrem ehemaligen Partner - oft für sogenannte Massagen - zuzuführen. Einige Male sei Maxwell bei Übergriffen sogar anwesend gewesen. Auch habe sie eine "Kultur des Schweigens" aufgebaut, um die Taten geheim zu halten. Sie habe dies getan, um ihr eigenes Luxusleben bei Epstein aufrecht zu erhalten.

Die Chronik des Epstein-Maxwell-Skandals

Die Verurteilung von Ghislaine Maxwell zu 20 Jahren Haft ist ein weiteres Kapitel in dem Missbrauchsskandal um den US-Milliardär Jeffrey Epstein. Die Aufarbeitung beschäftigt Justiz und Öffentlichkeit bereits seit Jahren:

Epsteins Festnahme

Epstein wird am 6. Juli 2019 in den USA festgenommen. Dem 66-jährigen Finanzinvestor werden sexueller Missbrauch von Minderjährigen und Zusammenschluss zu einer kriminellen Vereinigung zur Last gelegt - dafür drohen ihm insgesamt 45 Jahre Haft. Mindestens von 2002 bis 2005 soll Epstein Teenagerinnen in seine Anwesen in Manhattan und Palm Beach gelockt haben, um sie zu missbrauchen. Manche Mädchen wurden auch an andere Männer weitergereicht. Bereits 2008 war Epstein verurteilt worden, weil er die Dienste von Dutzenden minderjährigen Prostituierten in Anspruch genommen hatte. Wegen eines umstrittenen Deals mit der Staatsanwaltschaft lautete die Strafe damals aber nur 18 Monate Gefängnis.

Tod in der Gefängniszelle

Am 10. August 2019 wird Epstein erhängt in seiner New Yorker Gefängniszelle gefunden. Der Tod des ehemals bis in höchste Kreise gut vernetzten Milliardärs - unter anderem war er mit dem früheren US-Präsidenten Bill Clinton und dem Immobilienunternehmer und späteren US-Präsidenten Donald Trump bekannt - löst Spekulationen und Misstrauen aus. Das FBI und das Justizministerium leiten eine Untersuchung ein. Offiziell wird durch eine Autopsie der Tod durch Suizid bestätigt. Das Verfahren ist damit eingestellt. Die Staatsanwaltschaft kündigt aber an, Epsteins Verbrechen weiter zu untersuchen und mögliche Komplizen zur Rechenschaft zu ziehen.

Vorwürfe gegen Prinz Andrew

Der britische Prinz Andrew, der früher enge Kontakte zu Epstein hatte, weist am 17. November 2019 in einem Fernseh-Interview "kategorisch" den Vorwurf zurück, er habe die US-Bürgerin Viriginia Giuffre als Minderjährige sexuell missbraucht. Das Interview wird zum Fiasko für den Sohn von Königin Elizabeth II.. Er kündigt am 20. November an, seine öffentlichen Verpflichtungen als Mitglied des britischen Königshauses ruhen zu lassen.

Festnahme von Ghislaine Maxwell

Wegen des Vorwurfs, sie habe wiederholt Opfer für Epstein rekrutiert, wird dessen Vertraute Ghislaine Maxwell am 2. Juli 2020 in den USA festgenommen. Wegen Menschenhandels mit Minderjährigen kommt die Britin in Untersuchungshaft.

Klage gegen Prinz Andrew

Im August 2021 reicht Giuffre in New York in einem Zivilverfahren Klage gegen Prinz Andrew ein. Die britische Polizei teilt im Oktober nach einer erneuten Prüfung der Missbrauchsvorwürfe mit, dass sie keine weiteren Schritte gegen den Royal ergreife.

Schuldspruch gegen Maxwell

Nach einem einmonatigen Prozess spricht ein New Yorker Geschworenengericht Maxwell am 29. Dezember 2021 wegen Sexualverbrechen schuldig, darunter Sexhandel mit Minderjährigen. Ihre Anwälte kündigen Berufung an und fordern wegen der erst im Nachhinein bekannt gewordenen Missbrauchserfahrungen von einem der Geschworenen einen neuen Prozess. Die Forderung wird Anfang April zurückgewiesen. Am 15. Juni 2022 bitten Maxwells Anwälte um eine milde Strafe von unter 20 Jahren Haft.

Außergerichtliche Einigung von Giuffre und Prinz Andrew

Am 12. Januar 2022 weist die US-Justiz die Forderung nach Einstellung des Zivilverfahrens gegen Prinz Andrew zurück. Drei Tage später verkünden Giuffres Anwälte eine außergerichtliche Einigung mit dem Royal. Die Entschädigungssumme wird nicht öffentlich gemacht, britischen Medien zufolge sind es umgerechnet mehr als 14 Millionen Euro.

Verkündung des Strafmaßes für Maxwell

In New York wird am 28. Juni 2022 das Strafmaß für Maxwell verkündet. Die 60-Jährige muss demnach für 20 Jahre hinter Gitter. Richterin Alison Nathan bleibt damit deutlich unter den Forderungen der Anklage nach bis zu 55 Jahren Haft. Da Maxwell schon mehrere Jahre im Gefängnis sitzt, bedeutet das Urteil, dass sie voraussichtlich in Haft bleibt, bis sie Ende 70 ist. Eine frühere Entlassung ist bei guter Führung nicht ausgeschlossen. Maxwells Anwältin Bobbi Sternheim will gegen das Hafturteil in Berufung gehen.

(Dieser Artikel wurde erstmals am 29.06.2022 veröffentlicht)


(BRISANT/dpa/afp)

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 29. Juni 2022 | 17:15 Uhr

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