Über einer Schere steht "arm", darunter "reich".
Die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland wird größer. (Archiv) Bildrechte: IMAGO / Shotshop

Schere zwischen Arm und Reich 20.000 Euro für 18-Jährige? Debatte um staatliches Grunderbe entbrannt

13. Mai 2022, 10:25 Uhr

Ein staatliches Grunderbe in Höhe von 20.000 Euro für alle 18-Jährigen. Das schlägt der Ost-Beauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider vor. Finanziert werden sollen die Kosten durch eine höhere Erbschaftssteuer.

Um die soziale Ungleichheit in Deutschland zu verringern, hat der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, ein sogenanntes Grunderbe vorgeschlagen. Der Plan sieht vor, dass der Staat jungen Menschen mit Eintritt der Volljährigkeit eine bestimmte Summe zur Verfügung stellt. Im Raum stehen 20.000 Euro, die es aber nicht einfach so geben soll. Die Summe wäre an Aus- und Weiterbildung oder eine Selbstständigkeit geknüpft.

Grunderbe für gerechtere Startchancen

Zu Begründung des Vorschlags: "Eigentum zu bilden ist für einen Großteil der Bevölkerung nicht mehr möglich, gerade in den Metropolen", sagte der SPD-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Ein Grunderbe wäre ein interessantes Instrument, um diese Entwicklung aufzuhalten und die Startchancen ins Berufsleben etwas gerechter zu gestalten."

Pro und Contra aus den politischen Lagern

Unterstützung erhält Schneider von der Linkspartei, die zugleich einen Gesetzesentwurf forderte, damit der Vorschlag nicht zur Luftnummer werde. Die FDP wies den Vorschlag hingegen als "klassische Umverteilungsidee" zurück. "Wir müssen uns doch vielmehr darauf konzentrieren, es für alle Menschen in unserem Land einfacher zu machen, Vermögen zu bilden und beispielsweise Wohneigentum zu erwerben", sagte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai.

Zwei Drittel des Privatvermögens bei oberen zehn Prozent

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte im vergangenen Jahr berechnet, dass ein staatliches Grunderbe in Höhe von bis zu 20.000 Euro für alle 18-Jährigen die Vermögensungleichheit in Deutschland deutlich reduzieren würde. Dem DIW zufolge haben die meisten Menschen in Deutschland kein nennenswertes Vermögen. Die reichsten zehn Prozent würden hingegen mehr als zwei Drittel des gesamten Privatvermögens besitzen. Diese große Ungleichheit setze sich über Erbschaften und Schenkungen fort. Deshalb soll das Grunderbe durch eine höhere Erbschaft- oder Vermögensteuer finanziert werden.

Erben Erbschaft
Das Grunderbe soll laut Vorschlag durch eine Erbschaftsteuer finanziert werden. (Archiv) Bildrechte: Colourbox

Finanzierung durch Erbschaftssteuer angedacht

Die Kosten würden sich nach Berechnungen des DIW auf jährlich knapp 15 Milliarden Euro belaufen. Durch die Finanzierung über eine angepasste Erbschaftssteuer könnte der sogenannte Gini-Koeffizient, der als Maß für Ungleichheit fungiert, um bis zu sieben Prozent sinken. "Wenn wir wirklich in absehbarer Zeit 'Wohlstand für alle' schaffen wollen, dann sollten wir die hohe Vermögensungleichheit in Deutschland durch Umverteilung reduzieren: indem die besitzlose Hälfte ein Grunderbe zum Vermögensaufbau erhält, das über Steuern auf hohe Vermögen finanziert wird", ist Stefan Bach vom DIW überzeugt.

Gini-Koeffizient Der Gini-Koeffizient wird zur Bestimmung von Einkommens- und Vermögensungleichheit eingesetzt. Er kann Werte zwischen 0 und 1 annehmen. Je höher der Wert, desto stärker ist die gemessene Ungleichheit. So bedeutet ein Gini von 0, dass alles exakt gleich verteilt ist. 1 steht für extreme Ungleichheit. In Deutschland lag der Wert im Jahr 2020 bei 0,344.


BRISANT/dpa/afp/mdr

(Dieser Beitrag wurde am 12.05.2022 erstmals veröffentlicht.)

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 12. Mai 2022 | 17:15 Uhr

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