Polizeiabsperrung mit Flatterband, hinten Streifenwagen und Polizeibeamter
Wenn ein Mensch getötet wird, stellt sich auch die Frage: War es Mord oder Totschlag? (Symbolbild) Bildrechte: actionpress/imagebroker.com

Recht Mord oder Totschlag - Was ist der Unterschied?

06. März 2024, 11:13 Uhr

Mord und Totschlag werden oft in einem Atemzug genannt, doch was ist der Unterschied? Welche Merkmale müssen für den Straftatbestand "Mord" erfüllt sein und wann spricht man von "Totschlag"? Was bedeutet das für das Strafmaß und wer entscheidet das letztendlich? BRISANT hat Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema.

Mord oder Totschlag - was sagt das Gesetz?

Im Strafgesetzbuch (StGB) werden Mord und Totschlag unter § 211 bzw. § 212 geregelt. So heißt es in Paragraph 211: "Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft." Und: "Mörder ist, wer aus Mordlust, zur Befriedigung des Geschlechtstriebs, aus Habgier oder sonst aus niedrigen Beweggründen, heimtückisch oder grausam oder mit gemeingefährlichen Mitteln oder um eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken, einen Menschen tötet."

Der Straftatbestand Totschlag wird so beschrieben: "Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft. In besonders schweren Fällen ist auf lebenslange Freiheitsstrafe zu erkennen."

In beiden Fällen geht es also darum, dass eine Person eine andere getötet hat, die Gründe und der Tathergang sind aber entscheidend dafür, ob wegen Mordes oder Totschlags verurteilt wird.

Wie hoch fällt die Strafe aus?

Sowohl Mord als auch Totschlag müssen vorsätzlich begangen werden. Sie sind also keine "fahrlässige Tötung" im Sinne von § 222 StGB.

Ein Täter handelt vorsätzlich, wenn er weiß, dass er durch die Tötung einer anderen Person eine Straftat begeht und die andere Person auch töten will - wenn vielleicht auch nur in dem Moment.

Planung ist kein Unterscheidungsmerkmal zwischen Mord und Totschlag. Ob eine Tat also geplant oder spontan, also im Affekt, geschieht, ist demnach kein Unterscheidungskriterium.

03.09.2020 , Solingen , Mutter tötet 5 ihrer 6 Kinder im Alter zwischen einem und acht Jahren in der Wohnung. Die Leichen der fünf getöteten Kinder werden von den Bestattern in die Leichenwagen gebracht.
Ob eine Tat spontan passiert oder nicht, ist kein Unterscheidungsmerkmal zwischen Mord und Totschlag. (Symbolfoto) Bildrechte: IMAGO / Reichwein

Fahrlässige Tötung

Fahrlässig hingegen handelt, wer weiß, dass die Möglichkeit besteht, durch sein Handeln eine Straftat zu begehen, aber in pflichtwidriger und vorwerfbarer Weise nicht damit rechnet, dass dieser Umstand tatsächlich eintritt oder die gebotene Sorgfalt nicht beachtet, die erforderlich wäre, um zu vermeiden, dass der Umstand eintritt, der die Straftat erfüllt.

Entscheidend sind die sogenannten "Mordmerkmale". Sie dienen dazu, um die Straftatbestände - und damit auch das Strafmaß - zu unterscheiden. Die werden in drei Gruppen unterteilt, die sich auf die Tat oder den Täter beziehen.

Gruppe 1: Verwerfliche Beweggründe

  • Mordlust: Wenn der Täter Freude am Töten hat und das auch der Zweck der Tat ist.
  • Befriedigung des Geschlechtstriebs: Wenn der Täter oder die Täterin zur sexuellen Erfüllung tötet oder sich an der Leiche vergehen will.
  • Habgier: Wenn der Täter oder die Täterin tötet, um sich einen materiellen Vorteil zu verschaffen, z.B. Geld oder ein Erbe.
  • Niedrige Beweggründe: Das sind Motive, bei denen der Täter oder die Täterin zum Beispiel aus hemmungslosem Egoismus handelt (Rache, Eifersucht) oder auch selbstsüchtig und menschenverachtend (Rassismus, Identitätsdiebstahl).

Gruppe 2: Verwerfliche Begehungsweise

  • Heimtückisch: Wenn der Täter die Wehrlosigkeit des Opfers ausgenutzt hat, z.B. weil es geschlafen hat oder wenn es arglos war, sich also in Sicherheit wiegt und keinen Angriff erwarten konnte.
  • Grausam: Wenn dem Opfer bei der Tat besondere Schmerzen oder Qualen bereitet werden, die über das zur Tötung erforderliche Maß hinausgehen, z.B. bei Folter. Das kann aber auch durch Unterlassen geschehen - also z.B. wenn das Opfer verhungert.
  • Mit gemeingefährlichen Mitteln: Das sind Mittel, die dafür geeignet sind, eine unbestimmte Zahl an Menschen zu töten - über ein möglicherweise beabsichtigtes Opfer hinaus -, weil der Täter oder die Tätern die damit einhergehende Gefahr nicht beherrscht. Dazu gehören etwa Handgranaten, Bomben oder Maschinengewehre.

Gruppe 3: Verwerflicher Zweck

  • Um eine andere Straftat zu ermöglichen: Dabei tötet der Täter oder die Täterin, um eine andere Straftat überhaupt erst möglich zu machen oder zu erleichtern.
  • Um eine andere Straftat zu verdecken: Hier tötet der Täter oder die Täterin, um eine andere Straftat zu vertuschen, etwa in dem er oder sie Zeugen, die ihn oder sie belasten könnten, tötet. Die eigentliche Straftat ist also bereits geschehen, wenn der Mord geschieht.

Mord wird immer mindestens mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft, auf Totschlag stehen mindestens fünf Jahre Freiheitsstrafe, aber auch "lebenslang" ist möglich. Lebenslang bedeutet im deutschen Strafrecht allerdings nicht immer lebenslangen Freiheitsentzug für den Täter oder die Täterin. Denn frühestens nach 15 Jahren kann die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden.

Wie viele Mordmerkmale müssen erfüllt sein?

Damit jemand wegen Mordes verurteilt wird, muss nur eines der oben genannten Mordmerkmale erfüllt sein, es können aber durchaus auch mehrere zutreffen.

Lebenslang vs. lebenslänglich Die beiden Begriffe werden umgangssprachlich oft synonym verwendet, richtig ist aber "lebenslang". Im deutschen Recht ist eine lebenslange Freiheitsstrafe zunächst zeitlich unbegrenzt. Es besteht jedoch die Möglichkeit, die weitere Vollstreckung nach frühestens 15 Jahren überprüfen zu lassen. Unter bestimmten Voraussetzungen kann sie dann zur Bewährung ausgesetzt werden.

Wer legt das Strafmaß fest?

In einem Gerichtsprozess schlagen sowohl Staatsanwaltschaft als auch der Verteidiger des mutmaßlichen Täters ein Strafmaß vor, das sie jeweils begründen. Das Strafgericht muss dann die Tatumstände abwägen - für und gegen den Angeklagten. Daraufhin wird das Strafmaß, also die Höhe der Strafe, festgelegt.

Mutmaßlicher Täter Eine Person, die im Verdacht steht, eine Straftat begangen zu haben, ist so lange mutmaßlicher Täter, bis sie rechtskräftig verurteilt ist. Das nennt man auch "Unschuldsvermutung". Rechtskräftig ist ein Urteil dann, wenn keine Rechtsmittel mehr eingelegt werden können, d.h eine Überprüfung des Urteils durch ein höheres Gericht nicht mehr möglich ist.

Kann man in Deutschland zweimal lebenslänglich bekommen?

Nein, in Deutschland kann man maximal zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe für ein und denselben Tathergang verurteilt werden. Es ust jedoch möglich, dass die Vollstreckung der Strafe nach 15 Jahren überprüft und zur Bewährung ausgesetzt wird, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen - die Bewährungszeit dauert dann fünf Jahre. Unter Umständen kann jemand aber auch länger in Haft bleiben, etwa wenn eine Sicherungsverwahrung vorliegt. Das ist keine Freiheitsstrafe in dem Sinne, sondern eine "Maßregel zur Besserung und Sicherung". Sie kann bedeuten, dass ein Verurteilter bis zu seinem Tod nicht mehr frei kommt.

Warum gibt es keine Todesstrafe in Deutschland?

Im Grundgesetz heißt es in Artikel 102: "Die Todesstrafe ist abgeschafft." Die Vereinten Nationen hatten im Dezember 1948 eine Allgemeine Erklärung der Menschenrechte verabschiedet, die das Recht auf Leben anerkennt und Folter oder grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe verbietet. Die Todesstrafe verletzt all diese Rechte. Auch die Mitglieder der Europarats und der Europäischen Menschenrechtskonvention lehnen die Todesstrafe ab.

Entgegen der Meinung vieler ist die Todesstrafe auch nicht abschreckender als andere Strafen. In Ländern, in denen es die Todesstrafe noch gibt, gibt es nicht weniger Straftaten als in Ländern, die sie abgeschafft haben. Im Gegenteil, sagt Oliver Hendrich, Amnesty International-Experte im Interview mit der Bundeszentrale für politische Bildung, "die Praxis in vielen Staaten [zeige], dass die Abschaffung der Todesstrafe keine negativen Folgen hat."

"Die Todesstrafe ist abgeschafft" ist mit grünem Marker markiert.
In Deutschland wurde die Todesstrafe abgeschafft. 2021 wurde sie in 18 Ländern der Welt aber noch vollstreckt. Bildrechte: IMAGO / Steinach

Jugendstrafrecht: Warum gilt für Jugendliche ein anderes Strafrecht?

Für Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren und für Heranwachsende zwischen 18 und 20 Jahren gilt ein spezielles Jugendstrafrecht. Damit sollen solche Straftäter ein Urteil bekommen, das Ziel ist aber vor allem, sie von weiteren Straftaten abzuhalten. Bei Heranwachsenden bedeutet das, dass das Gericht auch prüft, ob sie nach Jugend- oder Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden. Die Strafe dient dabei eher der Erziehung als der Bestrafung und soll keine abschreckende Wirkung haben.

Auch Jugendliche und Heranwachsende können zu einer Gefängnisstrafe verurteilt werden, die Höchststrafe beträgt hier zehn Jahre.

Recht auf Resozialisierung: Warum gibt es das?

In Deutschland haben Straftäter ein Recht auf Resozialisierung. Man geht davon aus, dass jemand der straffällig wird, sich außerhalb der Gesellschaft befindet. Eine Gefängnisstrafe dient demnach der Wiedereingliederung in die Gesellschaft. Damit das gelingt, ist es Aufgabe der Justiz, den Gefangenen die Möglichkeit zu geben, sich mit ihrer kriminellen Vergangenheit kritisch auseinandersetzen. Die, die das tun, sollen dabei gefördert und betreut werden. Dazu gehören verschiedene Angebote, wie Therapien und Sportplätze, aber auch die Möglichkeit, im Gefängnis einer Arbeit nachzugehen. Hafterleichterungen und der offene Vollzug sind ebenfalls Maßnahmen, um Gefangene bei der Resozialisierung zu unterstützen und sie auf ein straffreies Leben in Freiheit vorzubereiten.

Quellen: Brisant, Strafgesetzbuch, Anwalt.de, Bundestag, Bundeszentrale für politische Bildung, Justizministerium Nordrhein-Westfalen, Deutschlandfunk Kultur

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 16. Februar 2023 | 17:15 Uhr

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