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Kritik am EhrentagIst der Muttertag noch zeitgemäß?

11. Februar 2024, 12:40 Uhr

Ein Strauß Blumen, eine Schachtel Pralinen und ein selbstgemaltes Bild - so bedanken sich viele Kinder am Muttertag bei ihrer Mama. Eine schöne Tradition, um außerhalb des Alltags mal "Danke" zu sagen? Oder ein veralteter Brauch, der das, was Mütter leisten, gar nicht wertschätzt?

Warum wir Muttertag feiern

Der Muttertag geht zurück auf die amerikanische Pfarrerstochter Anna Jarvis. Sie musste nach dem frühen Tod ihres Vaters die Mutter unterstützen und sich um ihre Geschwister kümmern. Als auch die Mutter stirbt - am zweiten Sonntag im Mai 1905 - will Jarvis auch öffentlich an sie und ihre Hingabe für die Familie erinnern. Mit einer Kampagne wirbt die damals 44-Jährige für die Einführung eines "Freundschafts- und Danktages der Mütter". Mit Erfolg: Seit 1914 findet in den USA am zweiten Sonntag im Mai der Muttertag statt.

Nach Deutschland kam der Gedenktag 1922 und wurde unter den Nationalsozialisten immer wichtiger. Mütter mit vielen Kindern wurden als Heldinnen gefeiert, die den "arischen Nachwuchs" förderten.

Kritik am Muttertag

Dieses Frauenbild ist längst Vergangenheit, dennoch gibt es Kritik am Muttertag, weil er ein fragwürdiges Frauenbild feiert. Dass Mütter zu Hause sind und die Männer das Geld nach Hause bringen, stimmt schon lange nicht mehr. 2020 waren knapp 47 Prozent aller Erwerbstätigen zwischen 15 und 65 Jahren Frauen.

Außerdem verkennt der Feiertag die Ungerechtigkeit, die dennoch nach wie vor herrscht: Die Erwerbstätigen sind zu fast gleichen Teilen Männer und Frauen, letztere arbeiten aber immer noch deutlich häufiger in Berufen, die schlechter bezahlt werden, und sie arbeiten viermal so häufig in Teilzeit-Jobs als Männer. Das sorgt nicht nur für schlechtere Absicherung im Alter, sondern auch dafür, dass Frauen es finanziell deutlich schwerer haben, wenn sie sich trennen.

Apropos Verdienst: Schaut man sich an, wer am Muttertag verdient, sind es die Mütter eher nicht. Laut Handelsverband Deutschland geben die Deutschen allein für Blumen 230 Millionen Euro aus. Kosmetik und Parfüm, Süßigkeiten oder Schmuck kommen noch obendrauf. 2019 kam eine Umfrage so auf über 850 Millionen Euro, die Verbraucher zum Muttertag ausgeben wollten. Er ist damit ein wichtiger Umsatzgarant für den Handel.

Braucht man überhaupt einen Anlass, um mal Danke zu sagen?

Die Idee ist ja eine Gute: Danke sagen, die Mutter würdigen für das, was sie für die Familie und ihre Kinder tut. So sehen das auch die Promis, die BRISANT nach ihrer Meinung zum Muttertag gefragt hat.

"Das, was als Wunsch hinter so einem Tag steckt, gewürdigt zu werden, wahrgenommen zu werden - ja, das möchte ich schon", sagt Schauspielerin Natalia Wörner. "Aber das muss nicht an diesem Tag stattfinden." Wobei natürlich auch nichts dagegen spräche, es genau an diesem Tag zu tun.

Und auch ihre Kollegin Annabelle Mandeng sieht den Muttertag kritisch: "Ich finde es ganz schwierig, dass das der Tag ist, der beweisen soll, dass du deine Mutter liebst. Ich finde, alle anderen 364 Tage sollten das auch sein."

Nova Meierhenrich plädiert dafür, öfter Danke zu sagen - mit ganz kleinen Dingen wie einer SMS: "Du glaubst gar nicht, was das bei Menschen auslöst. Einfach nur zu sagen 'Ich denke an dich. Schön, dass es dich gibt.' Das kann jeder. Das ist eine Sekunde."

Was könnte man stattdessen feiern?

Barbara Thiessen, Professorin für Soziale Arbeit und Gender Studies an der Hochschule Landshut, würde den Muttertag nicht einfach abschaffen, sondern gerechter machen - mit einem "Pride Care Day". Der sollte die Care-Arbeit, also die Arbeit für Kinder oder pflegebedürftige Angehörige, in den Mittelpunkt stellen und das unabhängig vom Geschlecht der Person, der sie macht. Die Familiensituation vieler seit heutzutage nicht mehr "Mutter-Vater-Kind". An Mutter- wie Vatertagen würden allzu oft Geschlechtermuster der 1950er-Jahre transportiert, die nicht mehr der Realität entsprächen.

Selbstgebastelte Geschenke nimmt Professorin Barbara Thiessen von ihrer Kritik am Muttertag aus. Bildrechte: imago images/Shotshop

Wie auch der Frauentag am 8. März solle der "Pride Care Day" eine politische Komponente bekommen, findet Thiessen. "Politisches Anliegen wäre, Care-Aufgaben zum Normalfall für alle zu machen." Damit käme man auch den historischen Wurzeln des Muttertages wieder näher. Die Frauen wollten auf gesundheitliche Missstände in Arbeiterfamilien hinweisen und vertraten pazifistische Anliegen, so Thiessen.

Quellen und weiterführende Links

BRISANT
Statista
Deutscher Handelsverband
AFP
epd

(Dieser Beitrag wurde am 08.05.2022 erstmals veröffentlicht.)

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Dieses Thema im Programm:Das Erste | BRISANT | 08. Mai 2022 | 17:00 Uhr