Nandu
Voller Teller, keine Feinde - der Nandu lebt an der Ostsee ungestört. Bildrechte: imago images / alimdi

Problemvogel Nandus in Deutschland - Warum sich die Exoten hier wohl fühlen

26. Januar 2021, 12:09 Uhr

An der Ostsee machen sich Nandus breit, die vor 20 Jahren aus einem Gehege ausgebüxt sind. Die flugunfähigen Vögel fressen ganze Felder leer, gelten als invasiv und dürfen jetzt abgeschossen werden. Doch was sind eigentlich invasive Tiere?

Der Nandu kommt aus Südamerika und sieht aus wie ein grauer und etwas kleinerer Vogel Strauß: Langer Hals, lange Beine und guckt etwas dumm aus der Wäsche. Was ihn mit dem Waschbär, der Nutria und dem Marderhund verbindet, ist seine exotische Herkunft. Denn sie haben hier keine natürlichen Feinde, fressen aber heimischen Arten buchstäblich die Haare vom Kopf. Darum sind sie nicht gern gesehen.

Vor knapp 20 Jahren sind einige Nandus aus einem Gehege nach Lübeck ausgebüxt und vermehren sich nun ungehindert, denn natürliche Fressfeinde hat der Nandu in Deutschland nicht. Es gibt hier einfach keine Pumas.

Größte wildlebende Population in Europa

Zwischen Ratzeburger See und Schaalsee leben mittlerweile mehrere hundert Tiere. Ihre Lieblingsspeise: Raps-Knopsen. Das ist natürlich für die Landwirte eine Katastrophe, da der Raps nach dieser Radikalkur nicht weiterwächst. Mittlerweile sind die Großvögel auch bei Mais, Weizen und Rüben auf den Geschmack gekommen.

Problem: Bei Wildverbiss von Rehen oder Wildschweinen bekommt der Landwirt Entschädigung - bei Nandu-Verbiss nicht! Denn sie sind keine heimischen Tiere. Fressen sie ein ganzes Feld leer, entsteht ein Schaden von ungefähr 5.000 Euro.

Eine Nandu läuft und blickt nach unten
Gewöhnlich nur im Zoo zu bestaunen: ein Nandu. Bildrechte: MDR/Karsten Heuke

Seit 2020 zum Abschuss freigegeben

Alles Mögliche haben die Landwirte versucht, um der Plage Herr zu werden: die Vögel mit Quads über das Feld jagen, Elektrozäune um die Felder setzen, sogar die Eier im Nest anzubohren, um ein Schlüpfen zu verhindern. Nützt aber nichts, die Nandus bauen einfach ein neues Nest.

Am 1. April 2020 wurden die Nandus zum Abschuss freigegeben. Zu groß waren die Schäden für die Landwirtschaft. Küken, sogenannte "Jährlinge" und Einjährige dürfen das ganze Jahr über geschossen werden. 70 wurden bereits erlegt. Für ältere Tiere gibt es im Sommer - der Brutzeit - eine Schonzeit.

Tierschützer laufen dagegen Sturm. Da sich die Tiere nach 20 Jahren an die natürliche Umgebung in Norddeutschland angepasst haben, sollten sie eine faire Chance bekommen. Nach dem Washingtoner Artenabkommen sind die Tiere geschützt. Ihre Eier darf man daher nicht aus dem Nest nehmen und in die Pfanne hauen.

Fun Facts über den Nandu Nandus leben in Gruppen. 1 Hahn und 5 - 8 Hennen.

Der Nandu ist emanzipiert. Der Hahn brütet alle Eier aus, die die Hennen gemeinsam in ein Nest legen. Das können bis zu 40 Stück sein!

Nanu-Fleisch gilt hierzulande nicht als Delikatesse, es ist sehnig, hat aber wenig Cholesterin.

Problem: Invasive Arten

Neben dem Nandu machen sich auch die Nutria (Bisamratte), der Waschbär und der Mink hierzulande unbeliebt. Sie sind zuallererst Neozoen - gebietsfremde Arten, die sich in Deutschland angesiedelt haben oder hier ausgesetzt wurden und sich wohlfühlen. Weil sie aber zusätzlich das heimische Ökosystem bedrohen, wurden sie als "invasive Art" eingestuft.

Amerikanischer Nerz
Ein amerikanischer Nerz, der Mink. Bildrechte: imago images/blickwinkel

Waschbären fressen zum Beispiel die Eier von Bodenbrütern wie den stark geschützten Birkhühnern. Die Nutria höhlt ganze Deiche aus, der Mink vertreibt den einheimischen Nerz. Es geht aber auch eine Spur kleiner: die Reblaus - ursprünglich bewusst ausgesetzt, um Mehltau auf Weinblättern zu bekämpfen - zerstört leider auch die Weinreben selbst. Die Jagd auf invasive Arten ist erlaubt, teils mit Ausnahmegenehmigung.

Nutrias
Unverkennbar an den gelben Zähnen: eine Nutria. Bildrechte: imago images/Panthermedia

Natürliche Feinde der Waschbären und Minks wie den Wolf, Uhu, Luchs, Bär oder Seeadler gibt es in Deutschland kaum - doch sie kehren vereinzelt zurück. Sie könnten eine Chance sein, das natürliche Gleichgewicht zumindest in Teilen wiederzuherzustellen, hoffen Umweltforscher.

(Dieser Beitrag wurde erstmals 25.01.2021 veröffentlicht.)

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 25. Januar 2021 | 17:15 Uhr

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