Adel TawilDie Pandemie war "wie ein Entzug"
Adel Tawil wollte eigentlich keine Musik mehr machen. Sie war lange die Nummer eins in seinem Leben, darunter litten seine Familie, Freunde und Beziehungen. Doch dann kamen die Pandemie, Einsamkeit und die Stille. Und dann der Entschluss, nach vier Jahren Pause doch noch ein neues Album herauszubringen. Mit uns hat er über die Pandemie, falsche Prioritäten und seine Leidenschaft für "Hot Yoga" gesprochen.
Ob als Boygroup-Mitglied, Teil des Duos „Ich + Ich“ oder als Solokünstler: Adel Tawil ist aus der deutschen Popmusik nicht wegzudenken. Mit Songs wie "Lieder", "Stadt" oder "Ist da Jemand" landete er immer wieder in den deutschen Charts. Knapp vier Jahre ist es her, dass Adel Tawil sein letztes Album veröffentlicht hat. Eigentlich wollte er keine Musik mehr machen, doch dann kam die Pandemie und jetzt erscheint sein neues Album „Spiegelbild“.
In seinen neuen Songs verarbeitet er seine Erfahrungen und Gedanken während des Lockdowns: Was bleibt, wenn der Applaus nicht mehr da ist, wenn der Alltag zum Stillstand kommt, wenn man nur noch sein eigenes Spiegelbild sieht? Es ist für ihn eine Suche nach sich selbst, abseits der Bühne.
Lange war die Musik für den 44-Jährigen die absolute Nummer eins in seinem Leben. Doch in der Pandemie konnte er seinen Beruf nicht mehr so ausüben wie vorher:
Die Pandemie war natürlich eine Zwangspause, wo man wirklich dachte: Wie wird es weitergehen? Wird es überhaupt weitergehen? Wird es jemals wieder Konzerte geben?
Adel Tawil
Beziehungen waren keine Priorität
Nicht nur über seine berufliche Zukunft musste Adel Tawil viel nachdenken. Die Pandemie zwang ihn dazu, seine Prioritäten zu hinterfragen. Seine Familie, Freunde und Beziehungen – alle haben unter seinem Egoismus gelitten, verrät er:
Ich war, ähnlich wie so ein Profifußballer, einfach sehr egoistisch, was meine Musik angeht. Die Musik war für mich die absolute Nummer eins. Und danach kam Familie, danach kamen Beziehungen, danach kamen die besten Freunde.
Adel Tawil
Immer unter Strom und immer von einer Platte zur nächsten. Während der Pandemie habe er gemerkt, dass es nicht gesund sei, sein ganzes Leben auf den Beruf auszurichten. Denn ohne die Musik habe er nichts mehr gehabt. Nur eine totale Leere, verrät er uns. Jetzt weiß der 44-jährige Vater einer kleinen Tochter: Er hätte das eine oder andere Mal lieber auf Dinge verzichten sollen, um mehr Zeit mit seinen Liebsten zu verbringen.
Süchtig nach der Bühne
Die Pandemie war aber für ihn nicht nur eine Zwangspause und eine Chance, sich zu reflektieren, verrät uns Adel Tawil:
Also wir Musiker sind ja Kinder im erwachsenen Körper. Wir haben keine wirklichen Verpflichtungen außer der Bühne und dem Studio. Und deswegen war natürlich die Pandemie gerade für die Künstler erstmal eine sehr, sehr ungewohnte Situation, weil man dann zu Hause war und nicht wirklich Termine hatte.
Adel Tawil
Er litt sehr unter der Pandemie. Seiner Leidenschaft konnte er nicht mehr nachgehen, er vermisste die Bühne, den Applaus, das Adrenalin. Das tat ihm nicht gut, für ihn fühlte sich das Leben ohne Konzerte an wie ein Entzug. Das habe sich dann auf seinen gesamten Lebensstil ausgewirkt. Er habe nur noch Fast Food gegessen, keinen Sport mehr gemacht, sich kaum noch rasiert und nur zu Hause gesessen. Nur sein Hund habe ihn noch vor die Tür bewegt, deshalb habe sich ändern.
Und irgendwann habe ich mich dann im Spiegel angeschaut und wirklich ein Selbstgespräch geführt und mir gesagt: "Adel, jetzt reicht's, jetzt reiß dich zusammen!" Das war so Weihnachten 2020.
Adel Tawil
"Hot Yoga" als Bühnenersatz
Gerettet haben ihn regelmäßige Yoga-Sessions, erzählt er. Adel Tawil schwört dabei auf "Hot Yoga" – körperlich anstrengende Übungen in einem 40 Grad heißen Raum. "Hot Yoga" ist eine beliebte Abnehm-Methode. Bei den Übungen schwitzt man ununterbrochen, der Stoffwechsel wird angeregt und viele Kalorien werden verbrannt. Außerdem werden durch die hohe Temperatur Muskeln, Sehnen und Bänder warm, was die Verletzungsgefahr mindert.
Doch "Hot Yoga" ist mit Vorsicht zu genießen, denn man verliert sehr viel Flüssigkeit, muss also viel trinken. Das Herz-Kreislaufsystem wird durch die Hitze stark belastet, da kann einem schnell schwummrig werden. Selbst wenn man einen stabilen Kreislauf und einen normalen Blutdruck hat.
Yoga war während der Pandemie sein Ersatz für die Bühne, sagt Adel Tawil. Das Gefühl nach der Yogastunde sei vergleichbar mit dem nach einem Konzert. Yoga gab ihm Struktur, als alles andere wegfiel. Es helfe ihm, Stress und negative Gedanken abzubauen, Energie zu tanken und einen klaren Kopf zu bewahren. Und auch gegen das viele Fast Food hat sich Yoga für Adel Tawil bewährt:
Man geht, glaube ich, auch bewusster durchs Leben, wenn man im Yoga diese Selbstliebe, ein neues Selbstbewusstsein entdeckt. Ich kann mir nicht vorstellen, mir abends nach einer Yogastunde irgendein Fast Food einzuverleiben. Dann schreit der Körper eigentlich nach etwas Frischem, nach etwas Vegetarischem.
Adel Tawil
Aktuell geht es ihm sehr gut, meint Adel Tawil. Auf dieses Jahr und die kommende Tour schaue er voller Freude und Zuversicht. Dann gibt es gleich den doppelten Adrenalinkick für ihn – auf der Bühne und im Yoga-Studio.
BRISANT/dpa
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Dieses Thema im Programm:Das Erste | BRISANT | 06. März 2023 | 17:15 Uhr