Kim de l’Horizon rasiert sich die Haare.
Sorgte bei der Verleihung des Deutschen Buchpreises für reichlich Aufsehen: Kim de l'Horizon. Bildrechte: Getty Images

Kahlrasur auf der Bühne Deutscher Literaturpreis für Kim l'Horizon aus der Schweiz

18. Oktober 2022, 17:35 Uhr

Kim de l'Horizon? Vielen Menschen dürfte die Person, die am Montagabend im Frankfurter Römer für ihren Roman "Blutbuch" mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichnet wurde, kein Begriff sein. Nach l'Horizons spektakulärer Performance zur Preisverleihung hat sich das auf jeden Fall geändert. Ist Kim de l'Horizon die neue Conchita Wurst der Literaturszene?

Es war die bisher wohl spektakulärste Verleihung des Deutschen Buchpreises: 2022 geht die mit 25.000 Euro dotierte Auszeichnung an Kim de l'Horizon für den Roman "Blutbuch". Das gab die Jury am Montagabend in Frankfurt am Main bekannt.

Kim de l'Horizon wurde in der Schweiz geboren und sieht sich als nicht-binäre Person - also weder als Mann noch als Frau. Und genau das ist auch Thema des Debütromans, an dem l'Horizon ganze zehn Jahre gearbeitet hat.

Kim de l'Horizon 2 min
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MDR+ Di 18.10.2022 16:00Uhr 02:05 min

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Schrilles Outfit, klare Botschaft

Wem Kim de l'Horizon bislang kein Begriff war, für den hat sich das seit der Preisverleihung im Frankfurter Römer sicherlich geändert. Nicht nur das Erscheinungsbild des frischgebackenen Literatur-Stars setzte ein Ausrufezeichen. In jeglicher Form auffällig nahm Kim de l'Horizon den Deutschen Buchpreis entgegen. Ein Rock aus Pailletten, ein Top wie aus Rasen und ein durchsichtiges Oberteil vervollständigten das Outfit.

Auf die Vorbereitung einer langen Dankesrede hatte Kim de l'Horizon verzichtet. Stattdessen gab es ein paar kurze Dankesworte auf Schwytzerdütsch an die Mama im Publikum und ein A-cappella-Ständchen, das de l'Horizons non-binäre Geschlechtsidentität thematisiert: "There is something inside you, it's hard to explain."

Eine durchaus passende Einlage, wenn man bedenkt, dass Kim de l'Horizon die erste non-binäre Person ist, die je mit einem deutschsprachigen Literaturpreis bedacht wurde.

Kim de l'Horizon
Kim de l'Horizon ist die erste non-binäre Person, die mit einem deutschsprachigen Literaturpreis ausgezeichnet wurde. Bildrechte: picture alliance/dpa | Arne Dedert

Solidarität mit protestierenden Frauen im Iran: Kopfrasur vor Publikum

Ein Preis, den Kim de l'Horizon teilen möchte - und dafür auf der Bühne sogar zum Rasierer griff. Als Zeichen der Solidarität mit den Frauen, die gegen das Mullah-Regime im Iran protestieren, rasierte sich de l'Horizon vor dem zunächst schockierten Publikum den Kopf. Eine Aktion, für de l'Horizon letztlich mit reichlich Applaus bedacht wurde.

Dieser Preis ist nicht nur für mich. Ich denke, die Jury hat diesen Text auch ausgewählt, um ein Zeichen zu setzen gegen den Hass, für die Liebe, für den Kampf aller Menschen, die wegen ihres Körpers unterdrückt werden.

Kim de l'Horizon

Wer war außerdem nominiert?

Die Verleihung des Deutschen Buchpreises bildet traditionell den Auftakt zur Frankfurter Buchmesse, die am Mittwoch, den 19. Oktober, beginnt. Erst am Abend der Preisverleihung erfahren die nominierten Autorinnen und Autoren, an wen der Hauptpreis geht.

Neben Kim de l'Horizon waren Fatma Aydemir, Kristine Bilkau, Daniela Dröscher, Jan Faktor und Eckhart Nickel für den Preis für den besten deutschsprachigen Roman des Jahres nominiert. Sie wurden jeweils mit 2.500 Euro ausgezeichnet.

Im vergangenen Jahr machte Antje Rávik Strubel mit "Blaue Frau" das Rennen, im Jahr 2020 die Autorin Anne Weber.

Fatma Aydemir', Kristine Bilkau, Daniela Dröscher, Jan Faktor', Kim de l’Horizon und Eckhart Nickel stehen mit ihren jeweiligen Büchern auf einer Treppe.
Neben Kim de l'Horizon waren Fatma Aydemir, Kristine Bilkau, Daniela Dröscher, Jan Faktor und Eckhart Nickel für den Deutschen Buchpreis nominiert. Bildrechte: Getty Images



BRISANT/KNA/epd

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 18. Oktober 2022 | 17:15 Uhr

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