Der Streik der Hollywood-Autoren geht in den dritten Monat
Hollywood in Schieflage: In der Traumfabrik braut sich etwas zusammen. Bildrechte: Getty Images

FAQ Hollywood-Streik - das sind die Folgen für Filme, Serien und Co.

16. August 2023, 14:04 Uhr

Die Traumfabrik steht still: Seit Mai streiken Hollywoods Autoren, am 14. Juli legten auch die Mitglieder der Gewerkschaft der Schauspieler ihre Arbeit nieder - mit Folgen. Film- und Seriendrehs wurden unterbrochen, Premieren verlassen, Interviews gestrichen. Einen derartigen Doppel-Streik hat es in der amerikanischen Filmindustrie seit den 1960er-Jahren nicht mehr gegeben - als Marilyn Monroe lebte und Ronald Reagan Vorsitzender der Schauspielergewerkschaft war.

Und das hat Folgen - auch für Film- und Serien-Fans in Deutschland. 

BRISANT erklärt die Forderungen und Hintergründe im FAQ.

Wer genau tritt in Streik?

Mittlerweile streiken nicht nur die Gewerkschaften der Drehbuchautoren, sondern auch die Schauspielergesellschaft SAG-AFTRA (Screen Actors Guild – American Federation of Television and Radio Artists). Letztere hat mehr als 160.000 Mitglieder, darunter Schauspieler für Film und Fernsehen, Stuntleute, Moderatoren und TV-Journalisten. Der Streik betrifft aber nur Schauspielende für Serien und Filme. Circa 65.000 protestieren aktuell.

Beide Gewerkschaften haben sich zusammengetan und legten ab den 14. Juli ihre Arbeit nieder. Dann wurde vor den Pforten von großen Hollywood-Studios und Streaminganbietern demonstriert.

Betroffen sind unter anderem Disney, Universal, Sony und Paramount sowie Netflix, Amazon und Apple.

Der Schauspieler Jeff Torres gehört zu den Demonstranten vor den Warner Bros. Studios
Die Entertainment-Branche steht Kopf: Sogar Superman geht gegen Hollywood auf die Straße. Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Richard Vogel

Welche prominenten Unterstützer gibt es?

Die SAG-AFTRA hat zahlreiche prominente Mitglieder: Jennifer Lawrence, Cynthia Nixon, Robert Downey Jr. oder Ben Stiller. Gewerkschaftssprecherin ist Fran Drescher, bekannt aus der 90er-Jahre-Sitcom "Die Nanny".

"Ich bin schockiert über die Art und Weise, wie die Leute, mit denen wir Geschäfte gemacht haben, uns behandeln", sagte Fran Drescher, Präsidentin von der Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA bei einer Pressekonferenz am 13.7.23 in Los Angeles. 

Der Streik ist für alle Mitglieder der SAG-AFTRA verpflichtend, sie dürfen nicht mehr arbeiten. Deswegen unterstützen Hollywoodstars wie George und Amal Clooney, Meryl Streep, Ben Affleck, Ryan Reynolds, Leonardo DiCaprio oder Hugh Jackman die Schauspieler-Gewerkschaft im Streik mit einer Millionen-Spende. Das berichtete das Branchenportal "Variety". Courtney B. Vance, Präsident der SAG-AFTRA Foundation, gab bekannt, dass die Organisation unter anderem durch die Promi-Spenden mehr als 15 Millionen US-Dollar für ihr finanzielles Nothilfeprogramm sammeln konnte.

Auch die Darsteller von "Oppenheimer" (Cilian Murphy, Emily Blunt, Matt Damon) und "Barbie" beteiligten sich am Streik und verließen die Premiere der eigenen Filme. Deswegen kamen Margot Robbie und Ryan Gosling auch nicht zur Deutschland-Premiere ihres Films "Barbie" nach Berlin.

Wichtig ist: Es geht bei dem Streik nicht um die großen Stars, sondern um die nicht so bekannten Schauspieler, Statisten, Stuntdouble, Sprecher - also die, die keine Millionengage bekommen.

Warum wird in Hollywood gestreikt?

Die US-Gewerkschaften der Autoren und der Schauspieler haben ihre Arbeit niederlegt, nachdem die Verhandlungen über eine Anpassung der Gehälter mit den Studios und Streaming-Anbietern gescheitert sind. Allem voran fordern die Streikenden eine angemessene Entlohnung im Streaming-Zeitalter.

Was das bedeutet? Die Arbeitsbedingungen für Gewerkschaftsmitglieder wurden zuletzt 2007 neu bestimmt. Streaming, wie wir es heute kennen, existierte damals nicht - schlichtweg weil es Netflix, Disney+, Amazon Prime und andere Streaminganbieter zu dem Zeitpunkt noch nicht gab.

Mittlerweile spülen Serien und Filme Millionen in die Kassen der Streaminganbieter. Und dafür wollen die Gewerkschaftmitglieder, die für diese Shows die Inhalte liefern, angemessen entlohnt werden.

Fran Drescher (Mitte), Präsidentin der SAG-AFTRA, nimmt an einer Kundgebung der Writers Guild of America vor dem Paramount Pictures Studio teil
Gewerkschaftssprecherin Fran Drescher kämpft an forderster Front für bessere Arbeitsbedingungen in Hollywood. Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Chris Pizzello

Ähnlich wie die Drehbuchautoren fordern seit Juli auch Schauspieler eine angemessene Entlohnung im Streaming-Markt - zum Beispiel auch, wenn ein Film bereits kurz nach dem Kinostart bei einem Streamingdienst abrufbar ist. Das wurde zuletzt immer öfter gemacht, um schneller Abonnenten anzulocken.

Außerdem sind Serien, Filme und Co. im Zeitalter von Streaming immer und überall verfügbar. Entlohnt werden Schauspieler momentan aber nur einmal für eine Produktion. Viele fordern aber, dass die Entlohnung auch am Erfolg des Endprodukts gemessen wird.

Um das zu erreichen, werden bis auf Weiteres keine Drehbücher geschrieben, keine Filme und Serien gedreht oder Interviews gegeben. Das gilt aber nur für Mitglieder der US-Gewerkschaften, deutsche Filme sind also nicht betroffen.

Hollywood und KI

Ein weiteres Kernelement der Streiks ist das Thema Künstliche Intelligenz. 

KI bereitet einigen Menschen aus der Filmbranche Bauchschmerzen: Nicht nur, dass KI Skripte schreiben und Autoren ersetzen könnte: In nicht allzu ferner Zukunft könnte es möglich sein, dass ein Film mit großen Stars angeboten und beworben wird – jedoch ohne dass die echten Schauspieler alles gedreht hätten.

Wie das funktionieren soll? Bei manchen Produktionen werden bereits jetzt Körper-Scans von allen Schauspielern gemacht. Unklar ist allerdings, wofür. Um Betroffene auszutauschen und dadurch Kosten zu sparen? Für einen Tageslohn hätten die Konzerne dann ein digitales Abbild, das sie frei verwenden dürften.

Die Gewerkschaft der Schauspieler behauptet, die Studios und Streaming-Dienste hätten sich die Rechte zur Verwendung der digitalen Abbilder "bis in alle Ewigkeit" sichern wollen, was eine "reale und unmittelbare Bedrohung" darstellen würde, da animierte AI-Charaktere die Schauspielerei täuschend echt nachbilden könnten.

Die Studios widersprechen dem aber: Vorgeschlagen worden sei, dass die "digitalen Replikate" ausschließlich für die Filme benutzt werden dürfen, bei deren Dreharbeiten sie auch erstellt wurden. Anderen Nutzungen müssten die Eingescannten zustimmen, im Gegenzug gebe es noch einmal Geld. 

Der Schauspieler Mark Roman zeigt am zweiten Tag des Streiks der Writers Guild of America, vor den Netflix-Büros in Los Angeles seine Unterstützung für streikende Autoren
Autoren und Schauspieler fühlen sich in der heutigen Streaming-Branche nicht mehr fair behandelt. Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Chris Pizzello

Kurz gefasst: Was wollen die Streikenden erreichen?

Kein KI, bessere Entlohnung, bessere Budgets für Drehs. Die SAG-AFTRA formulierte ihre Ziele wie folgt:

Wir brauchen einen Vertrag, der unsere Vergütungspläne verbessert und die Mitglieder vor Einkommensverlusten durch Inflation und sinkende Tantiemen für Wiederholungen schützt, genauso wie vor dem ungeregelten Einsatz von AI und dem Vorschreiben von selbst aufzunehmenden Vorsprechvideos.

SAG-AFTRA

Diese Folgen hat der Doppel-Streik für Film, TV und Streaming

Nicht nur Hollywood liegt lahm: In den ganzen USA können aktuell praktisch keine Filme und Serien mehr gedreht werden.

Laut "Entertainment Weekly" wird der Streik allerdings eher Auswirkungen auf die Filmbranche als auf TV-Produktionen haben. Einige große Firmen hatten bereits angekündigt, Filmstarts nach hinten zu verlegen, darunter sind Marvel mit neuen Superheldenfilmen zu "Captain America" oder "Blade", Disneys Realverfilmung des Animationshits "Moana" und die geplanten "Avatar"-Fortsetzungen. Auch Netflix' "Stranger Things" und "Bridgerton" haben trotz abgedrehter Folgen ungewisse Starttermine.

Wie lange wird der Streik anhalten?

Das ist noch unklar. Der längste bisherige Autorenstreik im Jahr 1988 hielt fünf Monate an.

Da aktuell allerdings Autoren und Schauspieler zum ersten Mal seit 1960 gemeinsam streiken, könnten die Proteste länger dauern.


BRISANT/dpa/Afp/Reuters/glamour.de/moviepilot.de/euronews.com/FAZ/Variety

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 25. Juli 2023 | 17:15 Uhr

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