Angestaubtes Image So will die "Miss Germany"-Wahl neu durchstarten

05. März 2023, 20:08 Uhr

Große, schlanke Frauen konkurrieren auf der Bühne im knappen Bikini. So oder so ähnlich stellen sich die meisten eine "Miss Germany"-Wahl vor. Doch das war einmal, denn: Der Schönheitswettbewerb hat sich neu erfunden und erkämpft sich aktuell ein neues Image. BRISANT taucht ab in die fast 100-jährige Geschichte der Schönheit und zeigt, warum Optik allein heute nicht mehr zählt.

In Deutschland hat die Wahl zur Schönheitskönigin eine lange Tradition, genauer: Eine fast Hundertjährige. In den Goldenen Zwanzigern wurde die erste deutsche Miss gewählt. Seitdem hat sich viel verändert. Man höre und staune: Heutzutage reicht Optik allein nicht mehr aus, um sich den Titel zu erkämpfen. Denn auch der Wettbewerb geht mit der Zeit und erfindet sich Schritt für Schritt neu. So heißt es vom Veranstalter:

Es geht nicht um körperliche Merkmale, sondern ausschließlich um inspirierende Persönlichkeiten und deren Geschichten.

Miss Germany Studios

Wir werfen einen Blick auf allerhand Skurriles und Überraschendes aus 100 Jahren "Miss Germany". So hat sich der Wettbewerb über die Jahre verändert.

Die erste deutsche Miss

Die erste Schönheitskönigin wurde in Deutschland tatsächlich bereits 1909, also noch im Kaiserreich, gekürt. Damals ging es aber um den Titel der "Miss Universum". 30 Kandidatinnen aus aller Welt traten gegeneinander an.

Die offizielle "Miss Germany" wurde allerdings erst 1927 in Berlin gewählt. Die damals 21-jährige Hildegard Kwandt aus Ostpreußen gewann den Titel. Die Jury bestand damals schon aus prominenten Männern wie dem Boxer Max Schmeling, dem Schriftsteller Heinrich Mann und dem Filmregisseur Fritz Lang.

Keine Miss-Wahlen im Dritten Reich

Nach neun Schönheitsköniginnen war erst einmal Schluss: Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten waren die Miss-Wahlen ab 1933 verboten. Erst 1949 wurde im Westen Deutschlands wieder gewählt. In der DDR sogar erst 1986. Schönheitswettbewerbe würden Frauen erniedrigen - so die Machthaber. 

Die 19-jährige Krankenschwester Leticia Koffke wurde zur letzten Miss DDR gekürt. 1990 wurde sie zudem zur schönsten Frau des wiedervereinigten Deutschlands gewählt.

1956: Eine Deutsche wird Miss World

Nach dem zweiten Weltkrieg wurden Miss-Wahlen immer populärer und ihre Gewinnerinnen zu wahren Vorbildern: Sie sollten nicht nur elegant und attraktiv, sondern auch intelligent und wortgewandt sein. 

Die spätere TV-Moderatorin Petra Schürmann konnte sich bei der “Miss Germany”-Wahl 1956 zwar nur den dritten Platz sichern, wurde aber im selben Jahr zur "Miss World" gewählt. 

Weitere bekannte Namen, für die die Miss-Wahl ein wahres Karrieresprungbrett war: Die CDU-Politikerin und Unternehmerin Dagmar Wöhrl (1977), Verona Feldbusch (heute Pooth, 1993) und Shermine Shahrivar (2004).

Flaute in den 1960er-Jahren

So populär die Schönheitswettbewerbe in den 1950er-Jahren auch waren, so schlecht war ihr Ruf in den 60ern. Die Frauenbewegung, die sich Ende der 1960er bildete, protestierte gegen die "Fleischbeschau".

Miss-Wahl ohne Bikini

Trotzdem wurde der Bikini-Walk erst 2019 abgeschafft. Um die Persönlichkeit der Kandidatinnen mehr in den Vordergrund zu rücken, wird seit ein paar Jahren auf die Bikini-Runde verzichtet. Teilnehmerinnen müssen sich nicht mehr in Bademode präsentieren.

Miss Germany: Früher unverheiratet, heute weltoffen

Heute kaum vorstellbar: Bis 2018 durften keine Mütter oder verheiratete Frauen am Wettbewerb teilnehmen. Außerdem mussten die Kandidatinnen höchstens 29 und deutsche Staatsangehörige sein. Von ihnen durften keine Nacktaufnahmen oder erotische Fotos im Umlauf sein.

Seit 2019 geht es lockerer zu: Teilnehmerinnen müssen mindestens 18 und höchstens 39 sein. Ehe oder Kinder sind kein Ausschlusskriterium mehr. Auch Maße von 90-60-90 sind kein Muss mehr. 2021 schaffte es zum Beispiel das Plus-Size-Model Julia Kremer unter die Finalistinnen. 

Wichtiger hingegen ist die richtige Haltung: Kommt heraus, dass eine Teilnehmerin jemanden öffentlich oder in den Sozialen Medien diskriminiert oder herabgesetzt hat, fliegt sie raus. 

Miss Germany in Familienhand

Was viele nicht wissen: Miss Germany war und ist Familienangelegenheit. Organisiert wird das Event von den "Miss Germany Studios", einem Familienunternehmen, dessen "Oberhaupt" Horst Klemmer ist. Sein Enkel ist für die Neuausrichtung seit 2019 verantwortlich.

Nächste Wahl im März

Die nächste Miss wird März 2023 gewählt. Seit 2021 dürfen übrigens nicht mehr nur die Gewinnerinnen der einzelnen Bundesländer teilnehmen. Teilnehmerinnen können sich nun auch ganz ohne Miss-Erfahrung bewerben.

Brisant/dpa/missgermany.de/Deutsche Welle

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 11. Oktober 2022 | 17:15 Uhr

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