Unterwegs mit der BahnVerspätung, Zugausfall: Diese Rechte haben Bahnreisende bei einem Streik
Wenn bei der Deutschen Bahn nichts mehr rollt, so wie ab Sonntag (14.05.) für 50 Stunden, müssen Reisende das nicht hinnehmen. Wann haben Sie ein Recht auf Entschädigung, wenn Züge ausfallen, deutlich zu spät kommen oder der Anschluss verpasst wird? Ein Überblick.
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Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) hat bundesweit erneut zu einem Warnstreik aufgerufen und zwar von Sonntagabend (14.05.) 22.00 Uhr bis Dienstag (16.05.) um Mitternacht. Die Deutsche Bahn stellt der Fernverkehr in dieser Zeit vollständig ein.
Aktuelle Kulanz-Regelungen
Fahrgäste, die ihre geplante Reise wegen des Streiks verschieben möchten, könnten ihr bis einschließlich an diesem Donnerstag (11.05.) gebuchtes Ticket im Fern- und Nahverkehr nach Bahn-Angaben ab sofort bis einschließlich Sonntag (14.05.) flexibel nutzen. Eine etwaige Zugbindung besteht nicht mehr.
Eine Verlängerung der flexiblen Ticketnutzung auf den Zeitraum nach dem Streik sei allerdings wegen der bereits starken Auslastung der Züge aufgrund des Feiertages an Himmelfahrt am kommenden Donnerstag (18.05.) nicht möglich, heißt es weiter. Alternativ könne aber von den gängigen Fahrgastrechten bei der Deutschen Bahn Gebrauch gemacht werden. Ein Überblick:
Ticket-Erstattung: Wann gibt es Entschädigung?
Hat ein Zug erhebliche Verspätung oder fällt ganz aus, haben die betroffenen Fahrgäste einen Anspruch auf Entschädigung - auch bei Streiks. Wie hoch diese ausfällt, regelt die EU-Fahrgastverordnung.
Wer 1 Stunde zu spät am Ziel ankommt, bekommt 25 Prozent des Fahrpreises erstattet, bei 2 Stunden muss das verantwortliche Bahnunternehmen 50 Prozent des Preises zurückzahlen. Dabei können Fahrgäste laut Bahn zwischen einem Gutschein oder der Auszahlung des Betrags wählen.
Ab einer erwarteten Verspätung von 20 Minuten am Zielbahnhof können Fahrgäste einen anderen Zug nehmen. Dabei können auch höherwertige Züge genutzt werden, sofern sie nicht reservierungspflichtig sind. Allerdings müssen Sie unter Umständen zunächst die zusätzlich erforderliche Fahrkarte beziehungsweise den Aufpreis bezahlen. Im Nachgang können Sie diese Kosten aber bei der Bahn zurückfordern.
Verspätungen beziehen sich immer auf die Ankunftszeit am Zielort. Verpassen Sie also wegen einer zehnminütigen Verspätung Ihres ersten Zuges den Anschlusszug und kommen dadurch am Zielbahnhof eine Stunde später an, haben sie Anspruch auf die Entschädigung.
Zeitkarten werden pauschal ab einer Verspätung von mindestens einer Stunde entschädigt - da Beträge unter vier Euro nicht ausgezahlt werden, müssen Fahrgäste die Verspätungen meist gesammelt einreichen.
Wann kann man die Fahrt abbrechen oder sein Ticket zurückgeben?
Wenn schon vor der Abreise absehbar ist, dass der Zug mindestens eine Stunde später als geplant am Ziel ist, dürfen Fahrgäste von der Reise zurücktreten und sich den vollen Fahrpreis erstatten lassen. Das gilt auch für ausgefallene Züge oder verpasste Anschlüsse.
Wer bereits unterwegs ist und die Fahrt abbricht, kann sich den nicht genutzten Teil erstatten lassen. Wer zum Ausgangsbahnhof zurückfährt, bekommt sogar den vollen Preis zurück.
Tipp: Bei Kurzstrecken auf Privatbahnen (Metronom, Abellio etc.) umsteigen.
Wie funktioniert die Ticket-Erstattung?
Die Bahn empfiehlt, sich Verspätungen von Mitarbeitenden bestätigen zu lassen. Die Verbraucherzentrale rät außerdem, Fotos von Anzeigetafeln zu machen, auf denen die verspäteten oder gestrichenen Züge stehen, oder Screenshots aus der App oder von der Internetseite zu erstellen.
Mit diesen Belegen, der Fahrkarte und dem ausgefüllten Fahrgastrechte-Formular kann die Reise reklamiert werden. Das Formular gibt es direkt im verspäteten Zug, im Reisezentrum der Bahn oder online zum Herunterladen. Die Unterlagen müssen an die Bahn geschickt oder im Reisezentrum abgegeben werden.
Seit kurzem ist auch eine digitale Rückerstattung möglich: Wenn das Ticket online oder mobil gekauft wurde, kann die Entschädigung über das eigene Kundenkonto in der Bahn-App oder auf bahn.de beantragt werden.
Alle Rückerstattungen müssen innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Geltungsdauer der zugehörigen Fahrkarte geltend gemacht werden. Der erste Geltungstag ist auf dem Ticket vermerkt.
Wann übernimmt die Bahn die Kosten für Hotel und Verpflegung?
Wer abends an einem Bahnhof strandet und nicht weiterkommt, hat Anspruch auf eine Ersatzbeförderung oder im schlimmsten Fall auf eine Unterkunft und einen Transport dorthin.
Mit Bus oder Taxi ans Ziel - wer zahlt?
In der Vergangenheit hat die Bahn Sammelfahrten per Taxi oder Bus organisiert und dafür entsprechende Gutscheine ausgegeben. Wenn das nicht möglich ist, können Fahrgäste auch selbst mit dem Taxi weiterreisen. Allerdings ist dann mit Einschränkungen bei der Rückerstattung der Kosten zu rechnen. Bis zu 80 Euro werden erstattet.
Zum Beispiel gibt es nur dann Geld zurück, wenn die planmäßige Ankunft zwischen Mitternacht und 5 Uhr morgens liegt und die erwartete Verspätung am Zielbahnhof mindestens eine Stunde beträgt. Außerdem muss geprüft werden, ob der Zielbahnhof bis Mitternacht auch mit einem anderen Verkehrsmittel erreicht werden könnte.
Wegen Streiks nicht (pünktlich) am Arbeitsplatz - was gilt?
Schwierig wird es für diejenigen, die für ihren Arbeitsweg auf die Bahn angewiesen sind. Einfach zu Hause bleiben ist keine Alternative. Wer wegen des Streiks im Homeoffice arbeiten oder kurzfristig Urlaub nehmen möchte, muss das so rechtzeitig wie möglich mit dem Arbeitgeber besprechen.
Lohnkürzung wegen Zuspätkommen?
Ohne Arbeit hat man keinen Anspruch auf Lohn - das gilt auch, wenn man wegen eines Streiks zu spät am Arbeitsplatz erscheint. Das sogenannte Wegerisiko liegt immer beim Arbeitnehmer - egal ob bei Schnee, Sturm oder eben Streik.
Einen gesetzlichen Anspruch, die verpasste Arbeitszeit nachzuholen, haben Arbeitnehmer nicht. Es sei denn, im Arbeits- oder Tarifvertrag ist Gegenteiliges vereinbart.
(Dieser Artikel erschien erstmals am 20.04.23)
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