ProminentRatgeberPodcastRedaktionService
Corona-Schutzmaßnahmen trügten das Urlaubsgefühl. Bildrechte: dpa

Urlauberfreundliches UrteilGeld zurück wegen Corona-Beschränkungen im Urlaub

Stand: 16. Januar 2023, 08:58 Uhr

Wer im Urlaub von Corona-Beschränkungen überrascht wurde, hat unter bestimmten Umständen ein Anspruch darauf, dass der Reiseveranstalter einen Teil der Kosten zurückerstattet. Dieses urlauberfreundliche Urteil hat jetzt der Europäische Gerichtshof gefällt.

Corona vermieste ihnen die Urlaubspläne: Ein Ehepaar aus Deutschland wollte im März 2020 zwei Wochen auf Gran Canaria verbringen. Zu dieser Zeit war das Virus in Europa angekommen. Auch auf der Kanareninsel versuchte man damals die Ausbreitung einzudämmen. Es wurden Ausgangssperren verhängt, Touristen durften nicht mehr an den Strand. Hotels sperrten Lobbybereiche, der Pool war tabu. Urlauber durften ihre Zimmer nur noch zum Essen verlassen.

Von Urlaub keine Spur

Das Paar habe nur noch auf dem Hotelzimmer gesessen und telefoniert. Eine lokale Reise-SOS-Hotline forderte die Urlauber auf, sich ständig für eine mögliche Rückreise bereitzuhalten, um innerhalb einer Stunde den Flughafen aufsuchen zu können. Von den gebuchten zwei Wochen auf Gran Canaria verbrachten die beiden nur eine Woche vor Ort, und diese hauptsächlich auf ihrem Hotelzimmer.

Urlauber verlangten Geld zurück

Wieder daheim, wollten sie einen Teil des Geldes vom Reiseveranstalter zurück und nur noch 30 Prozent des Reisepreises zahlen. Der Veranstalter lehnte das aber ab. Die Urlauber klagten – und wurden vom Amtsgericht München abgewiesen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg sollte nun klären, ob die Corona-Maßnahmen auf Gran Canaria vertragswidrig waren.

Vor Gericht argumentierte der Reiseveranstalter, er sei nicht für die Corona-Maßnahmen der spanischen Regierung verantwortlich. Es habe sich um die Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos gehandelt, für das er nicht einzustehen habe.

Die Maskenpflicht galt während der Coronapandemie auch in vielen Urlaubsländern. Bildrechte: dpa

Verbraucherfreundliches Urteil

Der Europäische Gerichtshof urteilte im Fall des Ehepaars aber nun wie folgt: Unter bestimmten Umständen können Pauschalreisende ihr Geld zurückverlangen, wenn die Reise von Corona-Maßnahmen durchkreuzt wurde. EU-Gesetzen zufolge haben Urlauber einen Anspruch darauf, dass der Preis für die Reise reduziert wird, wenn die Pauschalreise nicht vertragsgemäß erfüllt wird.

Corona-Maßnahmen können eine solche Vertragswidrigkeit darstellen. Dafür müssen die Reiseveranstalter haften, unabhängig davon, ob ihnen die Probleme zugerechnet werden können. Dabei spiele es keine Rolle, dass zur gleichen Zeit am Heimatort ähnliche Corona-Einschränkungen galten.

Welche Folgen hat das Urteil?

Der Fall des Ehepaars geht nun zurück zum Landgericht München. Es muss dann beurteilen, inwieweit die Einschränkungen bedeuten, dass der Reiseveranstalter seine versprochene Leistung nicht erbracht hat - und wie viel er vom Reisepreis deshalb an die Kläger zurückzahlen muss. Beispielsweise war der Hotelpool gesperrt, das Animationsprogramm fehlte, Strände durften nicht betreten werden und eine Besichtigung der Insel war nicht möglich.

Der EuGH hat darauf hingewiesen, dass Reiseveranstalter nicht nur die Verpflichtungen haben, die ausdrücklich im Vertrag stehen, sondern auch die, die damit zusammenhängen und sich aus dem Ziel der Reise ergeben.

Kritik von Reiseveranstaltern

Reiseveranstalter kritisierten das EuGH-Urteil als lebensfremd. "In der Ausnahmesituation einer Pandemie können allgemeine Lebensrisiken nicht weitgehend an Reiseanbieter ausgelagert werden", sagte Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband der Deutschen Presse-Agentur. "Hier hätte der Europäische Gerichtshof mehr Augenmaß walten lassen sollen, statt eine einseitige Entscheidung zulasten von Reiseanbietern zu fällen – zumal auch am Wohnort staatliche pandemiebedingte Grundrechtseinschränkungen galten."

Genau dieser Punkt, nämlich dass zur gleichen Zeit am Heimatort ähnliche Coronaeinschränkungen galten, spielt dem EuGH zufolge aber keine Rolle. Die Verbraucherzentrale NRW begrüßte die Entscheidung als ein positives Urteil für Verbraucherinnen und Verbraucher.

BRISANT/dpa/tagesschau

Mehr zum Thema

BRISANT