Fentanyl-Zitrat-Fläschchen
Fentanyl ist von der Wirkung stärker als Morphin und ist deshalb sehr gefährlich. Bildrechte: IMAGO/imagebroker

Drogenmissbrauch Schmerzmittel Fentanyl: So gefährlich ist es!

19. Oktober 2023, 12:10 Uhr

In den USA herrscht seit Jahren eine Fentanyl Krise. Immer mehr Menschen sterben durch den Missbrauch des Schmerzmittels. Auch in Deutschland steigen die Zahlen. Was ist das für eine Droge? Was macht sie so gefährlich - und wie verbreitet ist sie in Deutschland?

In den USA herrscht ein massives Drogenproblem durch Fentanyl. Laut einem UNO-Bericht waren im Jahr 2021 die meisten der rund 90.000 Todesfälle durch Überdosierung in Nordamerika auf illegal hergestelltes Fentanyl zurückzuführen.

Das Rauschmittel ist nach Angaben des amerikanischen Justizministeriums die häufigste Todesursache bei Menschen zwischen 18 und 49 Jahren. Zuletzt starben jeden Tag 196 Menschen in den Vereinigten Staaten an einer Überdosis der Substanz.

Auch US-Rapper Coolio, der mit dem Song "Gangsta's Paradise" weltberühmt wurde, soll nach Angaben seines langjährigen Managers im September 2022 unter anderem an Fentanyl gestorben sein. Schon seit längerer Zeit hat die US-Regierung angekündigt, härter gegen das Rauschmittel vorzugehen und vor allem die Einfuhr über die mexikanische Grenze und den Handel mit hohen Strafen zu ahnden. Bislang ohne großen Erfolg.

Was ist Fentanyl?

Fentanyl ist rund 50-mal stärker als Heroin und rund 100-mal stärker als Morphin. Es ist ein künstlich hergestelltes Opioid und wird als Medikament bei starken Schmerzen verabreicht. Bei einer Narkose oder einer Akutbehandlung von Schmerzen wird Fentanyl intravenös gespritzt.

Bei besonders akuten Schmerzen kann das Mittel auch als Nasenspray oder als Lutschtablette eingenommen werden. Seit den 1990er-Jahren wird Fentanyl auch in der Form von Pflastern eingesetzt. Dabei gelangt der Wirkstoff langsam über die Haut in die Blutbahn. Wegen seiner starken Wirkung gehört Fentanyl zu den verschreibungspflichtigen Betäubungsmitteln. Ohne Verschreibung ist die Verwendung des Schmerzmittels illegal.

Wie ist die Wirkung?

Fentanyl hat eine schmerzstillende Wirkung. Wegen seiner hohen Intensitiät wird es als Medikament erst bei sehr starken oder chronischen Schmerzen eingesetzt, wenn andere Mittel wie Morphium nicht mehr ausreichen. Aus diesem Grund wird Fentanyl auch zu Rauschzwecken missbraucht.

Allerdings wird das Rauscherlebnis eher als "uninteressant" bzw. "langweilig" beschrieben. Zu hoch dosiert macht die Substanz müde, erschwert das Denken, Sprechen und Laufen und kann sogar zum Tod führen.

eine Fenthalylkapsel
Fentanyl wirkt 50-mal stärker als Heroin. Bildrechte: imago images/ZUMA Wire

Wie gefährlich ist Fentanyl?

Überdosierungen mit Fentanyl sind - wie bei allen Opioiden - lebensbedrohlich. Das Mittel verlangsamt die Atmung, dadurch kann es zu einem Atemstillstand kommen. Bereits kleinste Mengen des Wirkstoffs können zu einer Überdosis führen. Laut der US-Drogenbehörde (DEA) reicht dafür sogar schon eine Menge, die auf eine Bleistiftspitze passt.

Da das Mittel viel schneller und stärker abhängig macht als andere Drogen, gelingt ein Entzug von Fentanyl noch seltener als zum Beispiel von Heroin.

Tranq - die "Zombie-Droge" auf den Straßen von New York

In den USA wird das extrem starke Betäubungsmittel Fentanyl mittlerweile mit der aggressiven Droge "Tranq" gemeinsam konsumiert. Das aus der Tiermedizin stammende Beruhigungsmittel mit dem offiziellen Namen Xylazin frisst regelrecht Löcher in die Körper der Konsumenten - und ist daher auch als "Zombie-Droge" bekannt. Das Mittel wird zunehmend genutzt, um die Wirkung von Fentanyl zu verstärken.

Die Droge "Tranq" frisst Löcher in den Körper der Konsumenten.
Die Droge "Tranq" hat für Konsumenten extrem unangenehme Nebenwirkungen. Bildrechte: Colourbox.de

Da die Wirkung von Fentanyl nur relativ kurz anhält, müssen es Abhängige sehr oft konsumieren, um Entzugserscheinungen zu verhindern. Xylazin werde offenbar beigemischt, weil es die Wirksamkeit von Fentanyl verlängern kann. Die Nebenwirkungen seien allerdings ziemlich stark.

Gesundheitsexperten haben Xylazin im Verdacht, Abszesse und Hautgeschwüre zu verursachen, indem es die Blutgefäße verengt. In manchen Fällen kann das Amputationen notwendig machen.

Wie verbreitet ist Fentanyl in Deutschland?

In vielen Orten der USA hat Fentanyl Drogen wie Heroin oder Kokain vom Markt verdrängt, denn der Stoff ist einfacher zu bekommen, billiger und wirkt deutlich stärker als andere Schmerzmittel. Kostet ein Kilo Heroin noch zwischen 30.000 und 50.000 US-Dollar, liegt der Preis für ein Kilo Fentanyl bei gerade mal 12.000 US-Dollar.

Drogendealer strecken wohl auch aus diesem Grund Kokain, Aufputschmittel und Partydrogen mit Fentanyl - und machen damit vor allem junge Menschen von dem Mittel abhängig.

Tabletten in einer Plastiktüte
Fentanyl kann in Tablettenform, als Pflaster und intravenös verabreicht werden. Bildrechte: IMAGO/ZUMA Wire

Auch in Deutschland steigt die Zahl der Missbräuche durch Fentanyl. Das starke Schmerzmittel ist rezeptpflichtig in deutschen Apotheken erhältlich und kann bei mehrwöchiger Einnahme eine körperliche Abhängigkeit verursachen. Laut Epidemiologischem Suchtsurvey sind 1,6 Millionen Menschen in Deutschland abhängig von Schmerzmitteln. Allein im Jahr 2021 war Fentanyl bundesweit für insgesamt 102 Todesfälle mitverantwortlich.

Dennoch sind die Todesfälle im Vergleich zu den USA relativ gering. Das liegt zum einen daran, dass in Deutschland deutlich weniger Schmerzmittel als in den USA verschrieben werden. Zum anderen sei afghanisches Heroin hierzulande vergleichsweise günstig zu bekommen.

BRISANT/Dpa/drugcom.de/bundesdrogenbeauftragter.de/daz.online

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 28. April 2023 | 17:15 Uhr

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