Trotz Entspannung am Markt Preise bleiben hoch: Gas- und Stromanbieter - wann lohnt es sich zu wechseln?

Strompreise und Gaspreise sind in den letzten Monaten enorm gestiegen. Zwar sinken die Großhandelspreise wieder, die Stadtwerke gehen aber davon aus, dass die Preise für Endkunden hoch bleiben. Warum ist das so? Und wann lohnt es sich, Gas- und Stromanbieter zu wechseln?

Eine 1 Münze inmitten einer blauen Gasflamme eines Gasherdes.
Bildrechte: IMAGO / Kirchner-Media

Die Temperaturen sind niedrig, die Strom- und Gaspreise hoch. Und das wird wohl auch noch eine Weile so bleiben. Die Stadtwerke rechnen nicht damit, dass sich die Tarife zugunsten der Endkunden entwickeln - auch wenn der Wille dazu nach eigenen Angaben da sei: Angesichts gesunkener Großhandelspreise "wollen natürlich auch die Stadtwerke die Tarife senken, und machen das, sobald Spielraum da ist", sagte Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der kommunalen Unternehmen (VKU), der "Neuen Osnabrücker Zeitung".

Allzu viel Hoffnung sollten sich die Verbraucher aber nicht machen. "Es wird nach unserer Einschätzung absehbar auf eine Verdoppelung der Gas- und Stromtarife hinauslaufen." Einen Zeitraum nannte Liebing aber nicht.

Kritik von Verbraucherschützern

Angesichts dessen werfen Verbraucherschützer den Stadtwerken vor, "Mondpreise" zu verlangen. Eine Einschätzung, die die kommunalen Unternehmen offenbar nicht teilen. "Die aktuellen Spotmarkt- und Terminpreise sind noch nicht so günstig, dass sich das bereits nachhaltig preissenkend auswirkt. Dafür müssten sie noch weiter und vor allem dauerhaft sinken."

Das Foto zeigt die zentrale Hauptverwaltung der Stadtwerke Bochum.
Die Stadtwerke rechnen nicht mit sinkenden Preisen für Strom- und Gaskunden. (Symbolfoto) Bildrechte: dpa

Doch wie hoch sind die aktuellen Preise derzeit?

Laut Bundesverband Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) lägen die Preise im Gas-Großhandel derzeit bei rund 70 Euro je Megawattstunde, das entspräche dem Niveau kurz vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine. Allerdings seien die Großhandelspreise damit immer noch fast viermal so hoch wie vor den Krisenjahren. Warum die Preise dennoch nicht für den Endkunden fallen, erklärt der BDEW so: Dank langfristiger Beschaffungsstrategien, die die meisten Energieversorger verfolgten, wirkten sich die drastisch gestiegenen Börsengaspreise nicht eins zu eins und nicht unmittelbar auf die Endkundenpreise aus.

Heißt: Die Energie, die Verbraucher derzeit nutzen, wurde zum Großteil schon vor Längerem eingekauft und hatte demnach einen anderen Preis als aktuelle Energie.

Entspannung erst mit Verzögerung erwartet

Dass sich die gefallenen Preise im Großhandel auch auf die Kunden auswirken, kann noch etwas dauern. Ihren erwarteten Energiebedarf kauften Energieversorger in kleinen Mengen zu verschiedenen Zeitpunkten ein, für gewöhnlich bis zu drei Jahre im Voraus. "Die Kurzfristmärkte spielen für die Beschaffung der Stadtwerke nur eine vergleichsweise untergeordnete Rolle, denn sie kaufen Energie stetig auf Termin für die Zukunft ein", sagt Ingbert Liebing vom VKU. "Derzeit profitieren Kundinnen und Kunden unverändert von den bedeutend günstigeren Preisen der zurückliegenden drei Jahre vor der Energiekrise." Die Preise für Endkunden würden erst dann sinken, wenn auch die Preise auf dem Terminmarkt sinken würden.

Eine Seniorin sitzt am Schreibtisch und sortiert Belege.
Zuletzt kannten die Preise bei Strom und Gas nur eine Richtung: Nach oben. (Symbolbild) Bildrechte: dpa

Hoffnungsschimmer Neukundenpreise?

Eine Auswertung des Vergleichsportals Verivox aus dem Dezember kommt da für Gaskunden gerade recht. Der Analyse zufolge gab es eine "deutliche Entspannung" bei den Neukundenangeboten. Demnach sanken die Kosten bei überregionalen Anbietern für Neukunden um mehr als die Hälfte. Mussten Haushalte mit einem Jahresverbrauch (20.000 kWh) Ende August noch rund 8.000 Euro für Gas ausgeben, wenn sie in das günstigste Angebot außerhalb der Gasgrundversorgung wechseln wollten, sind es aktuell nur knapp 3.800 Euro für die gleiche Gasmenge. Das entspricht einem Preisnachlass von mehr als 50 Prozent und einem Niveau, das zuletzt im März 2022 erreicht wurde.

Gasanbieter-Wechsel kann sich lohnen

Experten zufolge habe das milde Herbstwetter, die gut gefüllten Gaspeicher und auch die Sparbemühungen vieler Bürger dazu geführt, dass die Großhandelspreise in den vergangenen Wochen zurückgegangen sind. Das bedeutet preislichen Spielraum für die Versorger. Ein Vergleich und ein folgender Wechsel kann sich aktuell also lohnen.

Münzen neben Sparschwein
Ein Wechsel des Gas-Versorgers kann Geld einsparen. Bildrechte: Colourbox.de

Versorger geben Preis an Kunden weiter

In viele Haushalte sind jüngst Preiserhöhungen ihrer Stromversorger geflattert - mit teils drastischen Anhebungen. So verlangt etwa das Kölner Unternehmen Rheinenergie seit Januar in der Grundversorgung pro Kilowattstunde rund 55 Cent - 77 Prozent mehr als zuvor. Rheinenergie ist kein Einzelfall: "Das neue Jahr beginnt mit einer massiven Preiserhöhungswelle beim Strom", sagt der Energie-Experte von Verivox, Thorsten Storck. Grundversorger würden nun die höheren Marktpreise nach und nach an ihre Kunden weitergeben. Laut dem Vergleichsportal steigen die Preise um durchschnittlich 52 Prozent. Ein Drei-Personen-Haushalt mit einem Jahresverbrauch von 4.000 kWh müsse demnach mit Mehrkosten von 682 Euro rechnen.

Vor einem Stromzähler ein Brief mit der Ankündigung der Strompreiserhöhung durch den Energieversorger.
Versorger geben die höheren Marktpreise für Strom an ihre Kunden weiter. Bildrechte: IMAGO/Rolf Poss

Aktuell keine Ersparnis für Strom-Neukunden

"Die Strompreiserhöhungen zum Jahreswechsel fallen teils drastisch aus", sagt auch der Energie-Experte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, Udo Sieverding. "Leider sind die Neukundentarife über die Vermittlungsportale noch höher, sodass ein Anbieterwechsel in den meisten Tarifgebieten keine Ersparnis bringt." Dies dürfte sich erst im Laufe der nächsten Monate ändern.

Alternative: Wechsel in die Grundversorgung

"Kunden außerhalb der Grundversorgung sollten bei Preiserhöhungen (...) in Erwägung ziehen, vom Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen und sich in die Grundversorgung fallen zu lassen", so Sieverding weiter. Der Grundversorgungstarif galt früher als eher teurer. Mancherorts liege er jetzt aber unterhalb von Sondertarifen anderer Anbieter.


Quellen: BRISANT, dpa, Verivox

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Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 26. Januar 2023 | 17:15 Uhr

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