ILLUSTRATION - Ein Mann sitzt mit gesenktem Kopf auf einer Flurbank
Gewalt gegen Männer - egal ob häusliche Gewalt, sexuelle Gewalt oder Stalking - ist noch immer ein Tabuthema. Bildrechte: picture alliance/dpa | Daniel Karmann

Tabuthema Gewalt gegen Männer - hier finden Betroffene Hilfe

15. März 2024, 15:54 Uhr

Gewalt gegen Männer ist in der Gesellschaft noch immer ein Tabuthema. Oft wird ihnen die Rolle des "starken Geschlechts" zugewiesen - das passt einfach nicht zu einer Opferrolle. Betroffene haben daher häufig Angst oder schämen sich, nach Hilfe zu suchen. Dabei gibt es mittlerweile sehr viele Angebote und das Thema wird mehr und mehr in den Fokus gerückt.

Männer sind Täter – Frauen sind Opfer

Falsch! Gewalt gegen Männer findet tagtäglich statt, wird in der Gesellschaft aber kaum thematisiert und wahrgenommen. Laut polizeilicher Kriminalstatistik für das Jahr 2021 liegt der Anteil der männlichen Opfer bei den angezeigten Straftaten bei knapp 60 Prozent. Außerdem sind laut Statistik ca. 60 Prozent aller von Körperverletzung betroffenen Opfer männlich.

Angst oder Scham halten Männer aber oft davon ab, sich Hilfe zu suchen. Zu präsent sind Rollenbilder und Vorurteile der Gesellschaft, dass Männer stark sein müssten und sich alleine wehren könnten. Oft nimmt vielleicht auch das Umfeld die Sorgen und Hilferufe des Mannes nicht ernst genug.

Die Folgen einer Gewalttat

Neben körperlichen Verletzungen können sich direkt im Anschluss an eine Gewalttat, oder auch erst später, traumatische Folgen einstellen. Der Verein Weisser Ring spricht zum Beispiel von sich aufdrängenden Bildern von dem, was geschehen ist, oder auch Erinnerungsbruchstücken anderer Art (Geräusche, Gerüche, Körperempfindungen).

Eine weitere Folge kann die gefühlsmäßige Abstumpfung und mangelndes Interesse an dem, was vorher wichtig war sein. Erhöhte Reizbarkeit und Schreckhaftigkeit, Unruhe, Nervosität sowie Angst sind typische Symptome, aber auch Schlaf-, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen oder Albträume.

ILLUSTRATION - Ein Mann blickt aus einem Fenster.
Aus Scham oder Angst, suchen sich Männer nach einem Gewaltübergriff oft keine Hilfe. Bildrechte: picture alliance/dpa | Daniel Karmann

Häusliche Gewalt

Laut einer Polizeistatistik zum Thema Gewalt in der Partnerschaft wurden im Jahr 2021 insgesamt 143.604 Opfer von vollendeten und versuchten Delikten erfasst. Davon waren 115.342 Personen weiblich (80,3 %) und 28.262 männlich (19,7 %). Weibliche Opfer sind bei häuslicher Gewalt zwar in der Überzahl, doch Männer sind nicht nur die Täter, sondern zunehmend auch Opfer.

Die Art der Delikte erstreckt sich bei Gewalt in Partnerschaften von vorsätzlicher einfacher Körperverletzung über Bedrohung, Stalking, Nötigung bis hin zu gefährlicher Körperverletzung, Vergewaltigung, sexueller Nötigung, sexuellen Übergriffen, Mord und Totschlag.

Wo finden Männer Hilfe?

Nachdem die körperlichen Wunden medizinisch behandelt wurden, geht es darum, die seelischen Wunden zu versorgen. Dafür gibt es verschiedene kurzfristige und langfristige Möglichkeiten. Sie richten sich nach der individuellen Situation und den örtlichen Gegebenheiten.

Telefonische Hilfe

Egal ob in der Kindheit, auf der Straße, in Institutionen oder auch in der Partnerschaft - am Hilfetelefon können Männer mit Psychologen, Pädagogen und Therapeuten über ihre Erlebnisse sprechen. Natürlich auch anonym. Unter der Telefonnummer 0800 123 99 00 können sich Männer melden, die von verschiedenen Arten von Gewalt betroffen sind.
Die Sprechzeiten sind Montag bis Donnerstag von 8 bis 20 Uhr und am Freitag von 8 bis 15 Uhr.

Zusätzlich finden Betroffene auf der Internetseite des Hilfetelefons ein digitales Beratungsangebot in Form eines Sofortchats. Dieser ist zu folgenden Zeiten erreichbar: Montag bis Donnerstag zwischen 12 und 15 Uhr sowie 17 bis 19 Uhr.

Der Weisse Ring

Der Weisse Ring ist ein Verein, der sich für Gewaltopfer stark macht. Unabhängig von Geschlecht, Alter, Religion, Staatsangehörigkeit und politischer Überzeugung erhalten Opfer von Kriminalität dort schnelle und direkte Hilfe. Der Verein betreibt ein deutschlandweites Netz mit rund 2.900 ehrenamtlichen Helfern in mehr als 400 Außenstellen.
Das bundesweite Opfer-Telefon steht für den Erstkontakt täglich von 7 bis 22 Uhr kostenfrei zur Verfügung und ist erreichbar unter der Nummer 116 006.

Der Weisse Ring begleitet darüber hinaus zu Terminen bei Polizei, Staatsanwaltschaft und Gericht und gibt Hilfestellungen im Umgang mit weiteren Behörden oder gewährt kostenfreie Hilfechecks für eine anwaltliche bzw. psychotraumatologische Erstberatung.

Schutzwohnungen für Männer

Etwa 20 Prozent der Partnerschaftsgewalt in Deutschland widerfährt Männern. Laut dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend stehen in Deutschland gewaltbetroffenen Frauen und ihren Kindern rund 400 Frauenhäuser sowie über 40 Schutz- oder Zufluchtswohnungen mit mehr als 6000 Plätzen zur Verfügung.

Für zufluchtsuchende Männer gibt es zwar weniger Angebote, aber es gibt sie. Aktuell sind es deutschlandweit 12 Männerschutzwohnungen mit 43 Plätzen. Weitere Einrichtungen sind geplant. Einen Überblick über diese Angebote und die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme gibt es unter diesem Link zu Männerschutzwohnungen.

Online-Beratungsangebote

Wenn Jungen und Männer Beratungs- und Unterstützungsangebote für sich suchen, wissen sie häufig nicht, wo und wie sie diese finden können. Viele der vorhandenen Beratungsangebote sind geschlechtlich allgemein gehalten. Die aufgeführten Online-Angebote bieten vielfältige Hilfe und Informationen zum Thema an.

(Dieser Artikel wurde erstmals am 26.01.2023 veröffentlicht)

BRISANT/Weisser Ring/Bundesministerium des Inneren/Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Männerberatungsnetz/Hilfetelefon

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