Sonne scheint durch eine Jalousie
Dauerhaft lüften, jedoch zur Mittagshitze die Rolläden etwas herunterlassen? So könnte sich die Hitze am besten verkraften lassen. Bildrechte: Colourbox.de

Streitfrage Richtig Lüften bei Hitze: Fenster öffnen, schließen - oder Durchzug?

14. Juli 2023, 13:48 Uhr

Morgens und abends lüften, tagsüber die Fenster geschlossen halten und abdunkeln - so lautet der am häufigsten zitierte Ratschlag zum Umgang mit der Sommerhitze in den eigenen vier Wänden. Den hat Wetterexperte Jörg Kachelmann bereits vor Jahren zynisch widerlegt. Und hält jetzt sogar gegen Gesundheitsminister Lauterbach.

Jedes Jahr sterben Tausende an Folgen der Hitze. Das Bundesgesundheitsministerium hat nach einer aktuellen Hitzewarnung des Deutschen Wetterdienstes (DWD) Empfehlungen für besonders gefährdete Menschen, wie älteren Personen, Schwangeren oder Eltern mit kleinen Kindern veröffentlicht. Sie - und auch alle anderen - sollten unter anderem zwei bis drei Liter täglich trinken, anstrengende Arbeiten zwischen 11 und 17 Uhr vermeiden und die Wohnung kühl halten.

"Verschlossene und verschattete Fenster verhindern, dass sich Räume ungehindert erhitzen. Erst wenn es draußen kühler ist als in der Wohnung, ist Lüften zu empfehlen", heißt es etwa auf der Empfehlungsseite des Ministeriums.

Kachelmann kritisiert Hitzetipps als "aktive Sterbehilfe"

Das sorgt für heftige Kritik von Meteorologe Jörg Kachelmann. Auf Twitter bezeichnete er die Tipps als "aktive Sterbehilfe", gegeben von Menschen, die "keine Ahnung haben". Das findet Kachelmann "kriminell".

Hohe Temperaturen, viel Feuchtigkeit und hohe Kohlendioxid-Konzentration belasten Organismus

Warum der Experte diese Tipps kritisiert, hat Kachelmann bereits vor Jahren auf seinem Blog beim Schweizer Tagesanzeiger erklärt.

Die Fenster bei großer Hitze den ganzen Tag über geschlossen zu halten, damit die Wärme nicht reinkommt, sei sogar ein gefährlicher Rat. Der Grund: die hohe Feuchtigkeit und der Anstieg des Kohlendioxids in der Luft.

Es ist dunkelster Aberglaube, dass man Fenster schliessen soll, sobald es draussen wärmer ist als drin. Sie produzieren drin so viel Feuchtigkeit und Kohlendioxid bei stehender Luft, dass alles besser ist als das Elend, das Sie mit geschlossenen Fenstern produzieren.

Jörg Kachelmann tagesanzeiger.ch

Jörg Kachelmann
Meteorologe Jörg Kachelmann kritisiert die Tipps des Bundesgesundheitsministeriums. Bildrechte: MDR/Kirsten Nijhof

Durchzug ist wichtig!

Auch wenn es draußen warm ist, sei Durchzug wichtig und alles andere als gefährlich, um Schweiß und Luftfeuchtigkeit aus den Wohnräumen zu transportieren. Nur so bleibe die Raumatmosphäre angenehm.

Optimal sei das sogenannte Querlüften, d.h. das Öffnen von zwei gegenüberliegenden Fenstern. Ist das nicht gegeben, sollen die Fenster dennoch geöffnet werden. Ein Luftaustausch könne dann mithilfe eines Ventilators erzwungen werden. Schwierig werde es nur dann, wenn alle Fenster einer Wohnung in Richtung Süden zeigen.

Zur Mittagshitze: Geöffnetes Fenster, halb geschlossene Rollläden

Und was hat es dann mit der Mittagshitze auf sich? Der schenkt Wetterexperte Jörg Kachelmann in seinen Ausführungen nur wenig Beachtung.

Dabei liegt auf der Hand: Kann die Sonne ungehindert in einen Raum scheinen, wird es deutlich wärmer. Das Fenster muss man deshalb nicht zwangsläufig schließen. Aber vielleicht für die wenigen Stunden der Mittagshitze wenigstens den Rolladen etwas herunterlassen, um die stärkste Sonneneinstrahlung etwas abzumindern.

Eine junge Frau vor einem Lüfter
Ein Ventilator kann auch warme Luft erträglicher machen. Bildrechte: Colourbox.de



BRISANT/tagesanzeiger.ch/Bundesgesundheitsministerium

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 10. Juli 2023 | 17:15 Uhr

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