Eine Frau untersucht ihre Brust.
Die Impfung gegen Brustkrebs könnte ein großer Meilenstein im Kampf gegen Krebs sein. Bildrechte: Getty Images

Mittel gegen Krebs Impfung gegen Brustkrebs: Erstmals erfolgreich an Frauen getestet

16. Februar 2024, 17:20 Uhr

Zum ersten Mal haben Wissenschaftler erfolgreich eine Impfung gegen Brustkrebs am Menschen getestet. Die Impfung könnte der erste große Meilenstein im Kampf gegen die Krankheit sein.

Brustkrebs ist mit etwa 30 Prozent aller Krebsfälle die mit Abstand häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Laut Robert-Koch-Institut erkrankt etwa eine von acht Frauen im Laufe ihres Lebens an der Krankheit. Nur etwa ein Prozent aller Neuerkrankungen betrifft Männer. Eine Impfung gegen Brustkrebs wäre deshalb ein echter Meilenstein in der Krebsforschung.

Vielversprechende Studienergebnisse

Die Impfung gegen Brustkrebs haben Forschende der University of Washington School of Medicine (UWSM) zum ersten Mal erfolgreich bei Frauen getestet. Das Präparat auf DNA-Basis zeigte in dem Test gute Erfolge, heißt es in einer veröffentlichten Arbeit in der Zeitschrift JAMA Oncology.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten bereits seit 20 Jahren an einem Impfstoff zur Bekämpfung von Brustkrebs. Dass die jüngsten Ergebnisse der Studie am Menschen vielversprechend sind, liegt wohl vor allem daran, dass eine starke Immunreaktion gegen die Tumorzellen durch die Impfung erzeugt werden konnte.

Wie lief die Studie ab?

An der Studie nahmen 66 Frauen teil, die an metastasierendem Brustkrebs des entsprechenden Typs (HER2-positiv) erkrankt waren. Für die Studie wurden die Teilnehmerinnen in drei Gruppen eingeteilt. Jede Teilnehmerin erhielt drei Injektionen, dabei lag der Unterschied vor allem in der Dosierung des Impfstoffs.

Die erste Gruppe erhielt demnach drei niedrig dosierte Injektionen (10 Mikrogramm), die zweite Gruppe erhielt drei Injektionen einer mittleren Dosis (100 Mikrogramm) und die dritte Gruppe erhielt drei Injektionen mit einer hohen Dosis (500 Mikrogramm).

Die Teilnehmerinnen der Studie wurden dann in einem Zeitraum von drei bis 13 Jahren regelmäßig medizinisch untersucht und die Entwicklung der Krankheit festgehalten. Dabei kam heraus, dass sich die stärkste Immunantwort der Brustkrebs-Impfung bei der mittleren Impfstoff-Dosis zeigte.

Eine Frau bekommt eine Impfung.
Die Teilnehmerinnen erhielten drei Injektionen des Impfstoffs auf DNA-Basis. Dabei zeigte die mittlere Impfstoffdosis die stärkste Immunantwort. Bildrechte: picture alliance/dpa/Annette Riedl

Impfstoff weist Überlebensrate von 80 Prozent auf

Die Teilnehmerinnen der Studie mit HER2-positivem Brustkrebs hatten die Prognose, nicht länger als fünf Jahre nach ihrer Erkrankung zu überleben. Während des Untersuchungszeitraums von ca. 10 Jahren überlebten jedoch 80 Prozent der Teilnehmerinnen der Studie.

Nach dem Erfolg der ersten Untersuchungsphase gibt es nun Hoffnung, dass der Impfstoff zur Behandlung von Brustkrebs und zur Heilung anderer Arten von Krebszellen führen könnte. Aus diesem Grund führt das Team an der University of Washington School of Medicine (UWSM) nun Phase-II-Studien durch.

Ich habe große Hoffnung, dass wir ganz nah dran sind, eine Impfung zu haben, mit der wir an Brustkrebs Erkrankten effektiv helfen können.

Dr. Mary L. Disis Studienleiterin und Onkologin an der UWSM

Wie wirkt der Impfstoff?

Der verwendete Impfstoff ist kein vorbeugender Impfstoff, wie man ihn sonst bei anderen Erkrankungen einsetzt. Er wurde in der ersten Testphase ausschließlich Patientinnen injiziert, die bereits an Brustkrebs erkrankt sind. Der Impfstoff ist ein Wirkstoff auf DNA-Basis, der auf ein Protein namens HER2 (Humaner Epidermaler Rezeptor) abzielt. HER2 befindet sich zwar auf der Oberfläche vieler Zellen, aber bei 30 Prozent der Brustkrebsfälle ist HER2 bis zu 100 Mal mehr vorhanden als in normalen Zellen. Krebsarten des Typs "HER2-positiv" sind in der Regel aggressiver und haben ein höheres Risiko, nach einer Behandlung erneut aufzutreten.

Medizinisches Personal untersucht mit einer Mammografie die Brust einer Frau auf Brustkrebs
Der Impfstoff gegen Brustkrebs ruft eine Reaktion des Immunsystems hervor, die sonst bestenfalls nur über eine Antikörpertherapie erzeugt wird. Bildrechte: picture alliance/dpa/Michael Hanschke

Eine Überproduktion des Proteins löst auch eine zellabtötende Immunreaktion aus und um genau diese Reaktion geht es bei dem Impfstoff. Das Präparat auf DNA-Basis enthält genetische Informationen zum Bau von Antikörpern, die sich gezielt an die HER2-Bindestelle anheften. Nach der Injektion des Impfstoffs wird diese DNA also von den Zellen aufgenommen, die Information mit der DNA-Anweisung verarbeitet und im besten Fall löst das durch die Impfung produzierte Protein eine starke und zelltötende Immunreaktion aus.

Welche Brustkrebsarten gibt es?

Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs! Die Krebsform wird in zwei Kategorien eingeteilt: Man unterscheidet zwischen hormonempfindlichen Tumoren und zwischen Krebszellen, die eine Bindestelle zu Wachstumsfaktoren haben. Aus denen lassen sich wiederum vier Brustkrebs-Subtypen ableiten.

Krebszellen des Typs HER2-positiv haben besonders viele Bindestellen für Wachstumsfaktoren in Zellen, was bedeutet, dass sie das Tumorwachstum bei Brustkrebs fördern und sich die Zellen viel häufiger teilen als Zellen das normalerweise tun. Der Krebs ist dann in der Regel aggressiver, kann aber auch gezielter behandelt werden.

Eine Frau im BH untersucht ihre Brust.
Etwa 20 von 100 Frauen mit Brustkrebs weisen Krebszellen des Typs HER2-positiv auf. Bildrechte: IMAGO / Loop Images

Auch wenn nur etwa 20 Prozent der Frauen an Brustkrebs vom HER2-positiven Typ erkrankt sind, die Impfung könnte zumindest bei diesen Krankheitsfällen helfen und einen echten Durchbruch in der Krebsforschung darstellen.

Was bedeutet das?

Wenn nach der zweiten Testphase die Ergebnisse ebenfalls positiv ausfallen, kann die nächste und letzte Testphase eingeleitet werden. Die Forschenden zeigen sich optimistisch, dass der Impfstoff eines Tages zur Behandlung verschiedener Brustkrebsarten verwendet werden kann. Bis es zur Zulassung des Wirkstoffs kommen könnte, werden wohl aber aufgrund der Testphasen noch einige Jahre vergehen.

(Dieser Artikel wurde erstmalig am 03.02.2023 veröffentlicht)

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 03. Februar 2023 | 17:15 Uhr

Weitere Themen