Ein Mann lehnt an einer Fensterscheibe und hält sich den Kopf
Mehr als 20 Prozent der Deutschen leiden an Migräne. Neue Therapieansätze sollen nun gegen die schmerzhaften Attacken helfen. Bildrechte: IMAGO/Westend61

Nie wieder Kopfschmerzen? Tabletten, Botox, Akupunktur oder Spritzen: Was hilft gegen Migräne?

18. Oktober 2023, 16:04 Uhr

Hämmernde Kopfschmerzen, Sehstörungen, Übelkeit, Schwindel: Das Volksleiden Migräne ist für Betroffene eine oft unerträgliche Belastung. In Deutschland sind laut Robert-Koch-Institut rund 15 Prozent der Frauen und sechs Prozent der Männer betroffen. Immer wieder versprechen neue Medikamente, Therapien und zuletzt sogar eine Migräne-Spritze Linderung. Doch was hilft wirklich?

Viele Menschen haben regelmäßig mit Migräneattacken zu kämpfen. Was viele nicht wissen: Die chronische Migräne ist eine eigenständige Krankheitsform, die sich deutlich von anderen Arten des Kopfschmerzes unterscheidet. Damit Migräneattacken gar nicht erst entstehen, sind Betroffene dauerhaft auf der Suche nach geeigneten Therapieansätzen oder Medikamenten. 

Migräne erklärt

Meist tritt der Schmerz nur in einer Kopfhälfte auf, daher auch der Name: "Migräne" leitet sich von dem griechischen "Hemikranie" ab, was so viel wie "halbköpfig" bedeutet. Migräne ist jedoch mehr als eine heftige Kopfschmerzattacke. Eine Migräne ist eine neurologische Störung, die zu den am häufigsten auftretenden chronischen Erkrankungen zählt.

Migräne: Symptome

Während einer Migräneattacke pulsiert der Kopfschmerz meist halbseitig, manchmal wechselt er während der Attacke sogar die Seite. Häufig klagen Patienten zusätzlich über Übelkeit, Erbrechen, Licht-, Lärm- und Geruchsempfindlichkeit, Sehstörungen ("Aura") oder Wortfindungsschwierigkeiten. In der Regel dauert ein Migräneanfall zwischen vier und 72 Stunden, wobei sich die Attacke bereits Stunden vorher ankündigt. 

Frau mit Migräne
Heftige Schmerzen, Schwindel, Übelkeit? Migräneattacken sind sehr individuell und kommen mit zahlreichen verschiedenen Symptomen daher. Bildrechte: imago/Panthermedia

Wie entsteht eine Migräne?

Die genauen Ursachen einer Migräne sind bisher nicht eindeutig geklärt. Forscher gehen jedoch davon aus, dass eine genetisch bedingte Störung an der Oberfläche von Nervenzellen den Kopfschmerz auslöst. Deswegen reagieren Migränekranke intensiver auf äußere Reize. Doch erst durch bestimmte "Trigger" wie Stress, Schlafmangel oder Hormonschwankungen wird eine Migräneattacke ausgelöst. 

Therapiemöglichkeiten

Während eines akuten Migräneanfalls hilft oft nur die medikamentöse Therapie. Wichtig ist, dass man genau auf seine Symptome achtet, zum richtigen Medikament greift und die genaue Dosierung einhält.


  • leichte bis mittlere Schmerzen: Hier hilft oft schon die frühzeitige Einnahme von Schmerzmitteln wie Ibuprofen, Naproxen, Paracetamol oder Acetylsalicylsäure. Kau- oder Brausetabletten werden am schnellsten vom Körper aufgenommen. Paracetamol wirkt am besten als Zäpfchen.
  • mittlere bis starke Schmerzen: Hier lindern Triptane, spezielle Migräne-Medikamente, die Beschwerden am zuverlässigsten. Sie sollten maximal an zehn Tagen im Monat eingenommen werden. Die meisten Triptane sind verschreibungspflichtig.
  • Übelkeit und Brechreiz: Antiemetika lindern Begleitsymptome bei Migräne. Vor allem wenn Erbrechen im Vordergrund steht, sollten die Mittel frühzeitig und rektal als Zäpfchen eingenommen oder als Injektion unter die Haut verabreicht werden.

Prophylaktisch wird vielen Patienten mit einer chronischen Migräne (mindestens 15 Tage im Monat) zudem oft zu Akupunktur oder Botox geraten. Ziel ist es, damit die Attackenfrequenz zu senken und die Schmerzintensität bei Anfällen zu reduzieren.

Wie genau gerade Botox allerdings die Migräne verringert, ist im Detail bisher unklar. Eine direkte schmerzhemmende Wirkung konnte bislang weder bei Tieren noch bei Menschen nachgewiesen werden.

Migränepatientin wird akupunktiert
Vorbeugend empfehlen viele Ärzte Akupunktur-Sitzungen. Die Therapie soll die Migräneattacken reduzieren und Schmerzen lindern. Bildrechte: imago/Rolf Kremming

Therapie-Möglichkeiten: Kommt jetzt die Migräne-Spritze?

Seit drei Jahren ist in Deutschland eine neue sogenannte CGRP-Antikörper-Behandlung zugelassen, die als vorbeugendes Medikament die Häufigkeit der Attacken reduzieren soll. Nach bisheriger Studienlage ist die neue Therapie wirksam, mögliche Nebenwirkungen sind gering. 

Wie funktioniert die Migräne-Spritze?

CGRP ist die Abkürzung für Calcitonin Gene-Related Peptide. Dabei handelt es sich um einen Eiweißstoff, der eine zentrale Rolle bei Migräne spielt. Bei Menschen mit chronischer Migräne ist der CGRP-Spiegel dauerhaft erhöht.

Hier setzt die Antikörper-Therapie an. Die Injektion hemmt das Molekül CGRP. Bisher sind drei Wirkstoffe, die auf dieser Basis funktionieren, zugelassen. Patienten können sich das Mittel mithilfe leicht anzuwendender Fertigpens und Fertigspritzen verabreichen.

Für wen eignet sich die Migräne-Spritze?

Die CGRP-Antikörpertherapie kommt vorrangig für Personen infrage, die regelmäßig unter Migräne leiden. Bisher waren diese Patienten oft auf Medikamente angewiesen, die ursprünglich zur Behandlung von anderen Krankheiten entwickelt wurden. Dazu gehören beispielsweise Betablocker, die in erster Linie gegen Bluthochdruck zum Einsatz kommen.

Für Schwangere, Frauen mit Kinderwunsch oder Mütter in der Stillzeit ist die Antikörper-Therapie tabu, weil es bisher keine Daten dafür gibt, wie sie sich in der Schwangerschaft auswirkt. Außerdem ist bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einem hohen Schlaganfall- oder Herzinfarkt-Risiko und bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Vorsicht angebracht.

Junge schwangere Frau hält sich den Kopf
Schwangere sollten von der Migräne-Spritze absehen. Bildrechte: imago images/ferli

Hohe Therapiekosten

Die Antikörper-Therapie gilt als Meilenstein in der Migränebehandlung. Das Problem: Zugelassen ist die Behandlung für erwachsene Migränepatienten erst ab vier Schmerztagen im Monat. Außerdem übernehmen die gesetzlichen Kassen die Kosten von rund 400 Euro pro Spritze nur, wenn herkömmliche Therapien bisher nicht geholfen haben.

Brisant/Deutsche Gesellschaft für Neurologie/Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft/RKI/leben-und-migraene.de/Apotheken Umschau

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 15. Oktober 2022 | 17:15 Uhr

Weitere Themen