FAQ Wie gefährlich ist das Jahrhundert-Gift PFAS?
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Die PFAS-Chemikalien gelten als Jahrhundert-Gift. Das Tückische: Man kann sie nicht riechen, schmecken oder sehen, dennoch sollen sie hochgiftig und extrem langlebig sein. Recherchen zeigen jetzt: PFAS lässt sich an mehr als 1.500 Orten in Deutschland nachweisen.

Auf dieser Seite:
- Anwendung: Worin sind PFAS enthalten?
- Wo wurden PFAS nachgewiesen?
- Allein in Deutschland mehr als 1.500 Orte betroffen
- Astronomische Kosten durch PFAS-Verseuchung
- Werden PFAS bald verboten?
- Gesundheit: Warum gelten PFAS als gefährlich?
- Kann PFAS im Blut fast aller Menschen nachgewiesen werden?
- Diese Gebiete sind in Deutschland besonders betroffen
PFAS stehen im Verdacht, unfruchtbar zu machen, Krebs zu verursachen oder das Immunsystem zu schwächen. Das Beunruhigende: Es scheint so, als könnte man der Chemikalie kaum entkommen, denn auch Deutschland soll "verseucht" sein, wie Recherchen von NDR, WDR und der SZ jetzt aufdecken wollen.
PFAS
PFAS sind per- und polyfluorierte Alkylverbindungen. Diese Gruppe von Industriechemikalien umfasst nach letzten Schätzungen mehr als 10.000 verschiedene Stoffe, so das Bundesumweltministerium.
PFAS kommen nicht natürlich in der Umwelt vor, sie werden allesamt künstlich hergestellt und können daher weder durch Wasser, noch durch Licht oder Bakterien zeitnah abgebaut werden.
Die Chemikalien sind wasser-, fett- und schmutzabweisend und werden deshalb fast überall eingesetzt.
Anwendung: Worin sind PFAS enthalten?
Durch ihre Eigenschaften werden PFAS vielfach eingesetzt. Hier ein paar Beispiele:
- Löschschaum
- Ski-Wachs
- Imprägniersprays
- wasserundurchlässige Funktionskleidung wie Regenjacken
- beschichtete Pfannen
- Kettenfett
- Zahnseide
- Kosmetik
Wo wurden PFAS nachgewiesen?
Dadurch, dass PFAS so vielfach eingesetzt werden, verbreiten sie sich auch rasend schnell.
Ein Beispiel: PFAS-haltiger Löschschaum sickert in den Boden und gelangt ins Grundwasser. So gelingt PFAS auch in die Nahrungskette von Mensch und Tier. PFAS können vom Menschen sogar über die Luft aufgenommen werden.
Da die Chemikalien nicht abgebaut werden können, bleiben sie in Natur und Körper für sehr lange Zeit oder im schlimmsten Fall für immer - mit möglicherweise enorm negativen Folgen für die Gesundheit.
Allein in Deutschland mehr als 1.500 Orte betroffen
Durch Recherchen von NDR, WDR, der Süddeutschen Zeitung und 18 europäischen Partnermedien konnten allein in Deutschland 1.500 Orte gefunden werden, die von PFAS verschmutzt sein sollen. 300 Gebiete gelten als "Hotspots", hier sollen die gesundheitlichen Gefahren besonders groß sein.
In ganz Europa konnten 17.000 Orte lokalisiert werden, an denen die PFAS-Belastung besonders hoch sein soll - darunter 2.000 Hotspots.
Den Recherchen zufolge gibt es in Deutschland zudem sechs Fabriken, die PFAS produzieren - das soll mehr als in jedem anderen Land in Europa sein.
Astronomische Kosten durch PFAS-Verseuchung
Die Kosten für eine Rettung der verseuchten Flächen sind offenbar enorm hoch. Eine Studie des Nordischen Ministerrates schätzt die Kosten allein für Europa auf mindestens 16 Milliarden Euro. Die jährlichen Kosten für die Behandlung der gesundheitlichen Folgen sollen allerdings noch höher liegen.
In Deutschland haben die Behörden nach den Recherchen von NDR, WDR und SZ bisher bei nur sehr wenigen vergifteten Flächen mit einer Sanierung begonnen. 2020 schrieb die Bundesregierung, dass bei weniger als einem Prozent aller PFAS-Verdachtsfälle die Sanierung abgeschlossen sei.
Werden PFAS bald verboten?
Fünf EU-Staaten, darunter auch Deutschland, haben vorgeschlagen, die gefährlichen Stoffe nach einer Übergangsfrist überwiegend zu verbieten.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke sagte im Gespräch mit dem ARD-Magazin Panorama, dass PFAS grundsätzlich überprüft und die gefährlichen Stoffe verboten werden müssten, "weil wir uns nicht leisten können, sie weiter in diesem Umfang in die Umwelt zu entlassen - mit teilweise unbekannten Folgen, aber der Sicherheit, dass sie uns Jahrzehnte oder Jahrhunderte begleiten werden".
Gesundheit: Warum gelten PFAS als gefährlich?
Je mehr PFAS produziert werden, desto mehr Chemikalien können auch in die Umwelt gelangen und Menschen wie Tiere krank machen.
Dass PFAS giftig sein können, wurde bereits in den 1960er-Jahren bemerkt: Der US-amerikanische Chemieriese DuPont entdeckte damals, dass PFAS bei Ratten und Hasen die Leber vergrößerte. Einige Jahre später zeigten Tests, dass sich die Stoffe im Blut der Mitarbeiter anreicherten.
Seit langem wird vermutet, dass PFAS-Chemikalien Krebs verursachen, das Immunsystem schwächen und zu Unfruchtbarkeit und Fettleibigkeit führen können. Allerdings wurden nach Angaben des Umweltbundesamts viele der derzeit legal eingesetzten PFAS hinsichtlich ihrer möglichen Gefahren noch nicht ausreichend untersucht.
Kann PFAS im Blut fast aller Menschen nachgewiesen werden?
Eine vom Norddeutschen Rat initiierte Untersuchung kommt zu der Schätzung, dass in der EU jedes Jahr mehr als 12.000 Menschen im Zusammenhang mit einer hohen PFAS-Belastung sterben. Laut Umweltbundesamt stecken schon heute PFAS im Blut fast aller Menschen, denn die Chemikalien sollen nach der Aufnahme lange im menschlichen Organismus verbleiben. Die Anreicherung erfolgt nach Angaben des Umweltbundesamts nicht im Fettgewebe, sondern in Organen (z.B. Leber) und in den Blutproteinen.
PFAS können sogar über die Muttermilch an Säuglinge weitergegeben werden. In Blutproben von Kindern und Jugendlichen seien bei jedem fünften Probanden ziemlich hohe Werte festgestellt worden.
Diese Gebiete sind in Deutschland besonders betroffen
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 24. Februar 2023 | 17:15 Uhr