Auf einem Smartphone wird ein Online-Spiel gespielt.
In Deutschland sind 4,6 Millionen Erwachsene spielsüchtig oder zeigen erste Symptome dafür. (Stand November 2023) Bildrechte: picture alliance/dpa | Sina Schuldt

Anzeichen für eine Spielsucht Glücksspiel und Sportwetten - daran lässt sich eine Sucht erkennen

13. November 2023, 19:34 Uhr

Die Glücksspielsucht ist eine oft unterschätzte Gefahr, die Folgen für Betroffene meistens verheerend. Oft endet diese Erkrankung im finanziellen Ruin und totaler Isolation. Was bedeutet eine Spielsucht für die Betroffenen und Angehörigen? Wie erkennt man die Sucht und welche Hilfen gibt es?

Immer mehr Menschen sind spielsüchtig, denn der Glücksspiel-Markt findet längst nicht mehr in verrauchten Spielhallen statt. Zocken geht ganz einfach und zu jeder Zeit am heimischen PC oder am Handy.

Das zeigt auch der "Glücksspielatlas 2023": Laut Experten sind in Deutschland 4,6 Millionen Erwachsene spielsüchtig oder zeigen erste Symptome dafür.

Demnach leiden rund 1,3 Millionen an einer sogenannten Glücksspielstörung, weitere 3,3 Millionen Menschen zeigen ein riskantes Glücksspielverhalten mit ersten Anzeichen für eine Sucht.

Sportwetten: Nervenkitzel und das schnelle Geld

Die sogenannten Bruttospielerträge der Glücksspielbranche - also das was nach Abzug der ausgeschütteten Gewinne an Einnahmen reinkam - lagen im vergangenen Jahr bei 13,4 Milliarden Euro.

Am meisten klingelt die Kasse bei den Anbietern immer noch im Bereich Glücksspielautomaten (4,8 Milliarden), dahinter folgt Lotto (4,1). Ein starker Zuwachs zeichne sich bei Sportwetten seit deren Legalisierung im Herbst 2020 ab (1,4 Milliarden).

«Sportwetten» steht an einem Fenster eines Ladens, in dem der Besucher Wetten platzieren kann
Die Nachfrage für Sport- und Onlinewetten ist groß: Kaum eine Stadt, in der es nicht mindestens ein Wettbüro gibt. Bildrechte: picture alliance/dpa | Paul Zinken

Gerade bei Sportwetten erhoffen sich die vor allem männlichen Kunden Nervenkitzel, Spaß und das schnelle Geld. Sportwetten bieten eine Vielzahl an unterschiedlichen Wettmöglichkeiten. Eine hohe Ereignisfrequenz führt zu einer schnellen Spielabfolge.

Dies birgt die Gefahr, in kurzer Zeit viel Geld zu verspielen. Ein erhöhtes Verlustrisiko stellt zudem die Kombination aus Wettleidenschaft und Spielbegeisterung dar, da diese einen doppelten Kick vermittelt und so zu vermehrten und höheren Einsätzen führen kann.

Was ist eine Spielsucht?

Spielsucht ist eine Verhaltenssucht, ähnlich wie Kaufsucht oder Magersucht. Ziel des Süchtigen sind bestimmte Emotionen nach Ausführung einer bestimmten Handlung. In diesem Fall möglicherweise das Ausblenden von Alltagssorgen beim Spielen oder der Glücksrausch beim Gewinn.

Der Süchtige muss solange zwanghaft weiterspielen, bis er gewonnen hat. Aber auch danach lässt er nicht ab, denn nun hat sich der Erfolg eingestellt - und er muss weiterspielen, der "Kick" soll sich erneut einstellen.

Die Folge: Das Konto ist leer, der Schuldenberg gigantisch. Häufig gehen Beziehungen und Freundschaften in die Brüche, der Job ist manchmal auch weg. Am Ende müssen immer höhere Beträge eingesetzt werden, um den Nervenkitzel zu spüren. Gewinne werden sofort wieder verspielt - ein Teufelskreis.

Eine Person hält ein Smartphone in den Händen, auf dem ein Online-Glücksspiel geöffnet ist.
Im Internet sind Glücksspiele rund um die Uhr verfügbar. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sina Schuldt

Die Bank gewinnt immer

Machen Sie sich keine Illusionen: Der Automat gewinnt. Immer. Nur ein Bruchteil des eingesetzten Geldes wird wieder ausgeschüttet. Genauso ist es im Casino. Bei Sportwetten ist die Gewinnchance noch geringer. Wer nur noch daran denkt, wie er den Automaten, das Roulette oder das Würfelspiel überlisten kann, hat schon verloren. Und wer dann noch seine Arbeit schleifen lässt, riskiert den Job.

Diese Anzeichen gibt es für eine Spielsucht

Glücksspiel verändert die gesamte Persönlichkeit, denn das Selbstbewusstsein steht und fällt mit Gewinn oder Verlust beim Spiel. Zudem gibt es klar definierte Kriterien für eine Spielsucht:

  • Starkes Eingenommensein vom Glücksspiel.
  • Steigerung der Einsätze, um die gewünschte Erregung zu erreichen
  • Betroffene lügen (Ich muss zu einem Termin, einem Geschäftsessen, Ich treffe mich mit Freunden etc.).
  • Betroffene bekommen Entzugserscheinungen, wenn längere Zeit nicht gespielt wird (nervöse Unruhe, Schwitzen, Schlafstörungen).
  • Es wird gespielt, um Problemen oder negativen Stimmungen zu entkommen.
  • Betroffene leiden unter Angstzuständen oder Depression.
  • Alte Hobbys, Freunde oder Familie werden vernachlässigt.
  • Finanzielle Probleme können nicht erklärt werden.
  • Wertgegenstände verschwinden plötzlich.
  • Fällt die Sucht auf, wird sie verharmlost.

Die Suizidrate bei Glücksspielern ist extrem hoch.

So helfen Sie einem Spielsüchtigen

  • Sprechen Sie den Süchtigen direkt auf seine Sucht an. Vertuschen hilft niemandem! Aber verurteilen Sie ihn nicht, denn der Mensch ist krank und leidet darunter.
  • Begleiten Sie ihn oder sie zu einer Beratungsstelle. Der Spielende muss einsehen, dass er krank ist.
  • Erwarten Sie keinen Dank. Gehen Sie mit gutem Beispiel voran und besuchen Sie eine Selbsthilfegruppe für Angehörige.

Wenn Sie Angehöriger sind

Häufig gehen Süchtige und Angehörige eine Co-Abhängigkeit ein. So wie die Schnapsflaschen des alkoholkranken Partners häufig im Container verschwinden, so wird unter Umständen auch ein Spielsüchtiger gedeckt. Damit die Nachbarn nichts merken. Aber das ist falsche Scham und unterstützt die Sucht. Deswegen:

  • Leihen Sie dem Süchtigen kein Geld, zahlen Sie auch keine Schulden zurück.
  • Bringen Sie Sparbücher der Kinder zu Vertrauenspersonen.
  • Legen Sie ein eigenes Konto für Haushalt/Gehalt/Rente an, auf das der Spieler keinen Zugriff hat.
  • Nehmen Sie sich Zeit für sich. Es liegt nicht in Ihrer Verantwortung, ob der Partner abhängig ist.
  • Gehen Sie ggf. zur Familienberatung oder in eine Selbsthilfegruppe

Wenn Sie selber das Gefühl haben, die Kontrolle zu verlieren: Ein Selbsttest verschafft erste Klarheit

Wer zweifelt, sollte sich drei Fragen stellen: "Wird heimlich gespielt?", "Werden Schulden gemacht?" und "Findet ein Rückzug vor Freunden und Familie statt?". Ein Selbsttest im Internet kann ebenfalls erste Klarheit schaffen.

Ist eine Spielsucht heilbar?

Eine Spielsucht ist wie die Alkoholsucht nicht heilbar. Aber man kann sie stillstellen. So wie ein trockener Alkoholiker darauf achten muss, was er zu sich nimmt, muss ein abstinenter Spielsüchtiger darauf achten, nicht in Spielbanken oder Casinos zu gehen oder im Internet zu zocken.

Krankenkassen und Rentenversicherungsträger haben die Spielsucht schon vor 20 Jahren als Krankheit anerkannt und übernehmen die Kosten für die Behandlung. Ohne professionelle Hilfe kann die Sucht in der Regel nicht bewältigt werden.

Die Rückfallquote liegt bei 60 Prozent. Eine Therapie dauert oft mindestens 1 Jahr und fordert harte Arbeit - auch an sich selbst. Es gibt Fachkliniken, die pathologisch Spielsüchtige für mehrere Wochen aufnehmen.

Hier finden Sie weitere Hilfe und Beratung

Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung - BZgA
Telefon 0800 1 37 27 00 (kostenfrei und anonym)
www.bzga.de

Anonyme Beratung rund um das Thema Glücksspiel und Spielsucht
Tel: 040 - 23 93 44 44

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 13. November 2023 | 17:15 Uhr

Weitere Themen