Smart Home
Smart-Home-Systeme erfreuen sich immer größerer Beliebtheit, sind aber nicht frei von Schwachstellen. (Archiv) Bildrechte: Colourbox.de

Eintrittspforte für Hacker und Co. Babyphone, Überwachungskamera, Hundemonitor - So sicher sind sie wirklich

29. September 2020, 16:30 Uhr

Fernbedienbare Steckdosen, Heizungen, intelligente Kameras für Haus und Hund oder smarte Türen: Die Möglichkeiten, Häuser zu vernetzen, nehmen zu. Doch die Smart-Home-Techniken haben oft Schwachstellen. Wir haben uns die Sicherheitslücken zeigen lassen.

Heizungen, die sich auf dem Heimweg schon anschalten lassen, Steckdosen mit Fernbedienung, Türen, die per Smartphone geöffnet werden können, Kameras für die eigenen vier Wände oder für die Überwachung von Haustieren aus der Ferne: Mit etwas Aufwand und Zeit lassen sich Wohnungen und Häuser zu sogenannten Smart Homes aufrüsten. Die Nachrüstlösungen kosten oft nicht einmal besonders viel Geld. Allerdings hat die intelligente Haustechnik einige Schwachstellen, die Hacker oder Einbrecher nutzen könnten.

Hund mit Smartphone
In einem Smart Home lassen sich auch Haustiere aus der Ferne überwachen und beschäftigen. (Archiv) Bildrechte: imago images / agefotostock

Hacker erhaschen Einblicke in fremde Wohnzimmer

Immer häufiger sorgen Meldungen für Aufsehen, nach denen Hacker dank einer Sicherheitslücke in Überwachungskameras in fremde Wohnzimmer spähen können. Andere konnten über das Internet den Strom abschalten oder die Rollläden öffnen. Ein Beitrag des ZDF-Magazins WISO zeigte, wie ein Sicherheitsexperte die Technik eines Smart-Home-Gebäudes gleich ganz übernahm. Er hatte sich über eine Verbindung zu einem Bewegungsmelder im Vorgarten Zugang zur Technik im Haus verschafft.

Das sind zwar derzeit noch sehr komplexe Angriffsszenarien, aber sie sind durchführbar. Und jeder, der solche Technik einbaut, öffnet eine neue Flanke.

Christian Gollner | Verbraucherzentrale Rheinland Pfalz

Menschen besuchen den Stand der Trinkserie Dogness während der Haustiermesse Asia 2020 im Shanghai.
Diese Geräte können ferngesteuert durch die Wohnung fahren, mit Hunden spielen und Leckerlis anbieten. Bildrechte: imago images/VCG

Erpressen über Smart-Home-Systeme

Maik Morgenstern vom unabhängigen Sicherheitsinstitut AV-Test aus Magdeburg sieht zwei Wege, über die Fremde Smart-Home-Technik von außen steuern könnten: "Da gibt es zum einen den Hacker, der im Internet schaut, welche Systeme nach außen offen sind und wo er eindringen kann." Schließlich seien viele der Steuergeräte mit dem Internet verbunden, um eben ihren Nutzern auch den Zugriff per Browser oder Smartphone zu ermöglichen. "Zum zweiten sehen wir noch den Hacker in der Nähe des Hauses, der in die Funknetze eindringen kann", ergänzt der AV-Test-Geschäftsführer.

Sven Hansen vom Computermagazin c't sieht das ähnlich: "Der Funk, der alles verbindet, ist derzeit eine Schwachstelle, weil der zum Teil unverschlüsselt erfolgt". Dann können Hacker mitlesen, mit welchen Nutzerdaten sich die Wohnungsbesitzer einloggen und damit dann Türen oder Rollos von außen steuern. Das erleichtert einen Einbruch. "Wir glauben allerdings, dass das Einbruchsszenario weniger relevant ist. Stattdessen könnte das in Richtung Erpressungstrojaner gehen", sagt Maik Morgenstern. Damit würden vor allem Smartphones und Computer gekapert und erst gegen ein Lösegeld freigegeben. Das gleiche Szenario sei auch für Smart-Home-Technik denkbar.

Webcam
Experten raten, für jeden einzelnen Account ein anderes Passwort zu nutzen - auch wenn das noch so aufwändig ist. Bildrechte: colourbox

Experten: Zu viele Lücken in Smart-Home-Systemen

Derzeit achten viele der Hersteller von Smart-Home-Technik aus Sicht der Experten nicht gut genug auf die Sicherheit oder machen dabei Fehler. "Wir haben mittlerweile um die 20 solcher Systeme getestet und mindestens die Hälfte hat schwerwiegende Lücken", so Morgenstern. So kann zum Beispiel die Software auf den Steuergeräten - die sogenannte Firmware - mangelhaft sein. Dann können Hacker Schadcodes auf die Geräte aufspielen. Viele Geräte werden zudem ab Werk auch mit schwachen Passwörtern wie "1234" ausgeliefert. Wer das Standardpasswort kennt, hat dann auch Zugriff.

Häufig werden die Nutzer auch nicht explizit darauf hingewiesen, dass sie die Standard-Passwörter beim Einrichten der Smart-Home-Technik ändern sollten. Sven Hansen sieht hier die Hersteller in der Pflicht: "Da wäre ein sorgfältigeres Vorgehen hilfreich und die Geräte sollten standardmäßig von Leuten überprüft werden, die sich damit auskennen, um den Nutzern den größtmöglichen Schutz zu bieten." Die Kritik der Experten an den Herstellern gilt gleichermaßen für Nachrüstlösungen und beim Hausbau verbaute Smart-Home-Technik. Bei letzterer "fällt zwar der Funk weg, aber die Steuergeräte sind übers Internet erreichbar und damit angreifbar", erklärt Maik Morgenstern.

Passworte ändern, Geräte nicht im offenen WLAN steuern

Leider gibt es derzeit noch kein einheitliches und verlässliches Gütesiegel für Smart-Home-Geräte, die zuverlässig gegen Angriffe von außen gesichert sind. Zwar wird in dem Zusammenhang oft mit dem Standard "Zwave+" geworben. "Zwave+ macht aber nur eine Aussage dazu, wie die Sensoren mit Steuergerät kommunizieren und dass man diesen Weg dann nicht umgehen kann", warnt Maik Morgenstern. Das Ganze gebe aber keine Hinweise darauf, wie gut abgesichert der Zugang übers Internet sei.

Auch Sven Hansen von c't rät Nutzern, nicht allzu viel auf beworbene Gütesiegel zu geben. "Die Anzahl der Aufkleber sagt nichts über Qualität aus." Er rät Nutzern von Smart-Home-Technik, grundsätzlich alle Passwörter der Geräte zu ändern. Das erschwere Fremden zumindest etwas den Zugriff von außen. Maik Morgenstern hat noch einen zusätzlichen Tipp: "Wenn man von unterwegs die Technik zu Hause steuern will, sollte man das nicht über ein öffentliches WLAN machen." Häufig würden die Nutzerdaten derzeit noch unverschlüsselt übertragen, die könnten Hacker im gleichen WLAN abgreifen.

Fazit

Bei Smart-Home-Technik wird noch zu wenig auf die Sicherheit gegen Angriffe von außen geachtet. Die Hersteller müssten dringend nachbessern, so die Experten. Außerdem fehle ein allgemein gültiges Gütesiegel. Auf die Steuerung von Licht, Rollläden oder Schließanlagen können Hacker vor allem zugreifen, weil die Geräte nicht gut genug gegen Angriffe übers Internet abgesichert sind. Die Gefahr von Einbrüchen in eine Wohnung oder ein Haus steige durch Smart-Home-Technik aus Sicht der Experten aber nicht an.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 29. September 2020 | 17:15 Uhr