Hintergrund Was sind eigentlich "Reichsbürger"?
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29. April 2024, 19:32 Uhr
Die Begriffe "Reichsbürger" oder "Selbstverwalter" werden häufig als Sammelbezeichnung verwendet, um eine Vielzahl unterschiedlicher Gruppen und Einzelpersonen zu beschreiben, die die Bundesrepublik Deutschland generell ablehnen - und daher auch deren Vertreter und Behörden, alle Gesetze und Gerichtsurteile.
Viele von ihnen geben deshalb auch ihren Personalausweis ab. Stattdessen beschaffen sie sich Fantasie-Dokumente, drucken Autokennzeichen oder Währungen selbst. Oft weigern sie sich, Steuern oder Gebühren zu zahlen.
Teilweise berufen sich die Anhänger der Szene auf das Deutsche Reich und folgen Verschwörungstheorien. Nur ein kleiner Teil ist der rechtsextremen Szene zuzuordnen.
Welche Gruppierungen gibt es?
Der Verfassungsschutz kennt und beobachtet rund 30 aktive Gruppierungen. Sie haben vielsagende Namen wie "Bismarcks Erben", "Staatenbund Deutsches Reich", "Verfassungsgebende Versammlung" oder "Exilregierung Deutsches Reich".
Allein vier Gruppierungen der "Reichsbürger"-Szene repräsentieren ihrem Selbstverständnis nach einen "Freistaat Preußen". Andere versuchen zum Beispiel "preußische" Gemeinden zu "reorganisieren", um sie unter "Selbstverwaltung" zu stellen.
Prominentes Beispiel: "Königreich Deutschland" in Sachsen
Ein Beispiel: Die Gruppierung "Königreich Deutschland" besteht seit 2012. Peter Fitzek, gelernter Koch und Karatelehrer aus Sachsen-Anhalt, rief sein Reich mit entsprechender Verfassung aus, und krönte sich in einer Zeremonie mit Hermelinmantel, Schwert und Krone selbst.
2022 erwarb die Gruppe zwei Anwesen in Sachsen, um dort autarke Strukturen zu errichten und ein eigenverwaltetes "Staatsgebiet" entstehen zu lassen.
Warum sind "Reichsbürger" gefährlich?
Da "Reichsbürger" die Bundesrepublik nicht anerkennen, erkennen sie auch deren Vertreter nicht an. Regelmäßig bedrohen sie Polizisten, Behördenmitarbeiter oder Gerichtsvollzieher.
Angriffe auf Staatsbedienstete sind nicht selten, so zum Beispiel im Oktober 2016 in Georgensgmünd in Bayern. Dort tötete ein 50-jähriger Szeneangehöriger einen Polizeibeamten und verletzte drei weitere Mitarbeiter eines Spezialeinsatzkommandos, die Schusswaffen bei ihm sicherstellen wollten.
Problem: "Reichsbürger" haben Waffen
Von den 23.000 Personen, die laut Verfassungschutz im Jahr 2022 zur Reichsbürgerbewegung gehörten, rechnet die Behörde 1.250 Personen der rechtsextremen Szene zu. 2.100 Personen gelten als gewaltorientiert, rund 400 Personen besitzen legal eine oder mehrere Waffen.
April 2024: Prozess gegen "Vereinte Patrioten" beginnt
Im April 2022 wurden Angehörige einer der Verschwörergruppe "Vereinte Patrioten" festgenommen. Sie sollen u.a. geplant haben, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zu entführen und wollten offenbar paramilitärische Organisationen aufbauen.
Am 23. Januar 2023 erhob die Bundesanwaltschaft Anklage gegen fünf Verdächtige dieser mutmaßlichen Terrorgruppe. Im April 2024 begann der Prozess gegen sie.
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 29. April 2024 | 17:15 Uhr