Aufräumarbeiten Griechenland nach dem Unwetter: Zahl der Toten steigt weiter
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12. September 2023, 10:32 Uhr
Erst die heftigen Waldbrände, nun die extremen Unwetter: Griechenland kommt nicht zur Ruhe. Meteorologen sagen, solche Regenfälle habe es noch nie gegeben, die Schäden sind enorm. Auch zehn Tote sind schon zu beklagen, viele Menschen werden noch vermisst, darunter ein Ehepaar aus Österreich.
Der griechische Wetterdienst hat Sturmtief "Daniel" am Freitag (8.9.) offiziell für beendet erklärt. Insgesamt sind in Griechenland, der Türkei und Bulgarien schon mindestens 27 Menschen wegen des Unwetters gestorben.
Viele Dörfer von der Außenwelt abgeschnitten
Im griechischen Katastrophengebiet versuchen Rettungskräfte weiterhin, Menschen aus überschwemmten Dörfern in Sicherheit zu bringen. Insgesamt seien nach Angaben der Feuerwehr bis Sonntag wurden 4250 Menschen aus den überschwemmten Gebieten gerettet. Zwei Menschen galten nach Angaben des Zivilschutzes weiterhin als vermisst.
Dabei könnte es sich um ein Paar aus Österreich handeln. Ein Vermieter von Ferienwohnungen in der Ortschaft Xinovrysi hatte bereits am Dienstag griechischen Medien gesagt, dass ein junges Ehepaar von der Sturzflut erfasst worden und samt Ferienhaus ins Meer gespült worden sei. Seitdem fehle jede Spur vom Paar, das aus Graz stammen soll.
Griechisches Militär hilft
Das griechische Militär soll in den betroffenen Gebieten mit schwerem Gerät wie gepanzerten Fahrzeugen helfen, die zu den isolierten Dörfern vordringen können. Zudem sollen Militäringenieure behelfsweise Brücken dort installieren, wo welche eingestürzt sind. Jenen, die ihr Hab und Gut in den Fluten verloren haben, werde so schnell wie möglich finanziell unter die Arme gegriffen, versprach die Regierung.
Erste Reparaturen in Hafenstadt Volos
In der zum größten Teil verschlammten Hafenstadt Volos haben bereits intensive Arbeiten zur Wiederherstellung der Wasser- und Stromversorgung begonnen. Regierungschef Kyriakos Mitsotakis hatte die von den Überschwemmungen heimgesuchten Regionen inspiziert. Er versprach den Menschen rasche und unbürokratische finanzielle Hilfe.
Nur wenige Touristen betroffen
Die Region Thessalien ist im Verhältnis zu anderen griechischen Urlaubszielen wie Kreta, Chalkidiki, den Kykladeninseln oder der Halbinsel Peloponnes nicht sehr touristisch geprägt. Dennoch gab es einige Touristen, die Einschränkungen hinnehmen mussten.
Regenrekord registriert
Viele Experten betonen, so ein Unwetter noch nie gesehen zu haben. Möglicherweise handelt es sich um die stärksten Regenfälle in Griechenland seit Beginn der Aufzeichnungen. Der staatliche Wetterdienst Meteo meldete am Dienstagabend einen Regenrekord:
In der Ortschaft Zagora nordöstlich von Volos wurde eine Niederschlagsmenge von 754 Millimetern pro Quadratmeter gemessen. Zum Vergleich: Bei der Ahrtal-Flut im Juli 2021 lagen die Niederschlagsmengen zwischen 100 und 200 Millimeter pro Quadratmeter.
Die Lage in Bulgarien
Die Lage an der bulgarischen Schwarzmeerküste hat sich nach dem Hochwasser entspannt. "Die Situation in der von Überschwemmungen getroffenen Region normalisiert sich", sagte Regierungschef Nikolaj Denkow am Donnerstag. Es gebe keine Hinweise auf Menschen in Not oder auf neue Todesopfer. In der betroffenen Region regnete es seit Mittwoch nicht mehr.
Beim Hochwasser kamen in Bulgarien vier Menschen ums Leben - Mutter und Tochter und zwei Männer. Südlich der Hafenstadt Burgas hatte die Wasserflut Landstraßen und Brücken stark beschädigt. Da einige Brücken komplett einstürzten, mussten vielerorts Umleitungswege für den Verkehr gefunden werden.
Urlauber würden nun mit Hilfe der Verkehrspolizei auf den Rückweg gebracht, sagte der Regierungschef Denkow weiter. Das Leitungswasser fließe wieder, könne allerdings nur für Haushaltszwecke benutzt werden. Der Wasserstand von Stauseen werde verringert, so dass sie nicht überlaufen.
Auch die Türkei ist betroffen
Auch in der Türkei gab es mindestens acht Tote, zwei davon in der Millionenstadt Istanbul. Die Straßen von Istanbul verwandelten sich in reißende Flüsse, eine Metrostation stand nach dem Unwetter teilweise unter Wasser.
Aus einer Bücherei mussten Medienberichten zufolge Dutzende Menschen in Sicherheit gebracht werden. Im Fernsehen waren Bilder von Autos und Marktständen zu sehen, die von den Wassermassen fortgespült wurden. Die Behörden warnten vor weiteren Unwettern in der Türkei.
Meteorologe: Seltenes Extrem-Ereignis
Meteorologe Felix Dietzsch vom Deutschen Wetterdienst (DWD) erklärt die aktuellen Unwetter in Südeuropa so: "Es ist ein zufälliges Zusammenspiel mehrerer Faktoren." Aktuell gebe es eine angespannte Großwetterlage in Europa, eine sogenannte Omega-Wetterlage. Über Deutschland gibt es demnach ein ausgeprägtes Hochdruckgebiet, um das die Luft herumfließt. In Kombination mit einer sehr feuchten, warmen und instabilen Luftmasse führe das zu langanhaltendem Starkregen.
Klar ist laut Dietzsch auch, dass aufgeheizte Luft und die hohen Wassertemperaturen im Mittelmeer zu mehr Wasserverdampfung führen. An anderer Stelle regnet dieses Wasser dann wieder ab. Generell führt der menschengemachte Klimawandel aus Sicht der meisten Wissenschaftler zu häufiger auftretenden Extremwetterphänomenen.
Quellen und weiterführende Links:
BRISANT
dpa
AFP
MDR
Tagesschau
Deutschlandfunk
Wikipedia
Auswärtiges Amt
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 08. September 2023 | 17:15 Uhr